Meldungen

6. März 2016

Gewalt verdoppelt

Rechtsextreme Straftaten haben stark zugenommen. Nach vorläufigen Zahlen wurden im vergangenen Jahr 13.846 einschlägige Delikte registriert. Die Steigerung gegenüber dem Vorjahr (10.541) beträgt mehr als 30 Prozent. Auch die Aggressivität stieg rapide. 2015 wurden 921 rechtsextreme Gewalttaten registriert (2014: 496). Dabei wurden 691 Menschen verletzt (2014: 431). Die Zahl der »gewaltorientierten Rechtsextremisten« ist nach Angaben von Sicherheitsbehörden um mehr als tausend auf über 11.500 gestiegen.

Über 1000 Anschläge

Das Bundeskriminalamt (BKA) hat im vergangenen Jahr 1.027 Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte registriert. Das sind fünfmal mehr als im Jahr davor (199). Bei über 900 Delikten geht das BKA von einem eindeutig rechtsmotivierten Hintergrund aus. Bei den meisten Taten handelt es sich um Sachbeschädigungen und sogenannte Propagandadelikte wie etwa volksverhetzende Parolen. Überproportional zugenommen haben aber auch die Gewaltakte von 28 im Vorjahr auf 173. In 92 Fällen handelt es sich um Brandstiftungen (im Vorjahr 6). Bei den Anschlägen wurden 40 Flüchtlinge verletzt (8 im Vorjahr). Allein im Januar 2016 wurden bereits 35 Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte erfasst.

Geringe Aufklärung

Laut BKA sei mehr als die Hälfte der Angriffe von Einzelpersonen »ohne rechte Bezüge« begangen worden. Dieser Behauptung widersprechen die Ergebnisse von Recherchen eines Teams von »Zeit online«. Es stellte fest, dass von 65 ermittelten Tatverdächtigen die Mehrzahl »rechte Ideologie und Kontakte pflegten«. Im Übrigen seien im vergangenen Jahr von 222 gewalttätigen Angriffen, bei denen Menschen verletzt oder bedroht wurden, nur in 41 Fällen Tatverdächtige ermittelt worden. Zu Verurteilungen kam es bislang nur in vier Fällen, in weiteren acht Fällen ist Anklage erhoben worden. Das sind insgesamt fünf Prozent.

»Bürgerwehren«

Sogenannte Bürgerwehren und ähnliche Gruppierungen, wie sie in mehreren Städten und Gemeinden gebildet wurden und die oft von Rechtsextremisten und Neonazis durchsetzt sind oder von solchen sogar angeführt werden, seien »ohne jegliche Rechtsgrundlage«, erklärte Bundesjustizminister Heiko Maas. Das staatliche Gewaltmonopol dürfe niemand in Frage stellen.

Neonazi-Konzerte

Die Zahl neonazistischer Konzerte hat 2015 erstmals seit Jahren wieder deutlich zugenommen. Das geht aus Antworten des Bundesinnenministeriums auf Anfragen der Linksfraktion hervor. Danach fanden im vergangenen Jahr 69 Rechtsrockkonzerte statt, das sind rund 25 Prozent mehr als 2014. Die meisten fanden in Sachsen und Thüringen statt. Regen Zulauf verzeichneten auch sogenannte nationalistische Liederabende, von denen mehr als 60 stattfanden.

Pegida will prügeln

Eindeutig zur Gewalt forderte die Pegida-Anführerin Tatjana Festerling im Januar als Rednerin in Leipzig auf. Wörtlich: »Wenn die Mehrheit der Bürger noch klar bei Verstand wäre, dann würden sie zu Mistgabeln greifen und diese volksverratenden, volksverhetzenden Eliten aus den Parlamenten, aus den Gerichten, aus den Kirchen und aus den Pressehäusern prügeln.« Eine Woche später in Dresden führte Festerling demonstrativ eine Mistgabel vor und erklärte, diese sei »ein Symbol für Revolution«. »Nichts anderes brauchen wir hier in Deutschland; es ist höchste Zeit für eine Revolution.«

Pegida-Ausweitung

Pegida versucht sich in Europa auszubreiten. Für den 6. Februar vorgesehen waren Aufmärsche und Kundgebungen in mehreren europäischen Städten. Bis auf wenige Ausnahmen (wie Prag mit etwa 5.000 Teilnehmern) war die Resonanz gering. In Warschau, Bratislava und Birmingham waren jeweils nur wenige Hunderte, in Amsterdam nur einige Dutzende Teilnehmer erschienen. Pegida will die Verbreiterung in europäische Länder dennoch weiter betreiben.

»Nicht extremistisch«

Nach Feststellungen des Kompetenzzentrums Rechtsextremismus der Jenaer Schiller-Universität dominiert in der AfD »völkischer Nationalismus«. Die AfD habe sich in Teilen »von einer rechtskonservativen zu einer rechtsextremistischen Partei entwickelt«.

Dagegen heißt es beim Bundesamt für Verfassungsschutz laut seinem Präsidenten Hans-Georg Maaßen, die AfD sei »nicht extremistisch und stelle mithin keine Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung dar« (FAZ, 2.2.16). Auch nach den Plädoyers der AfD-Vorsitzenden Petry und ihrer Stellvertreterin von Storch für Schusswaffengebrauch gegenüber Flüchtlingen erklärte der Präsident des thüringischen Verfassungsschutzes, Stephan Kramer: »Nach unserer einhelligen Beurteilung – auch im gesamten Verbund der Dienste – kann die AfD derzeit nicht als extremistisch eingestuft werden« (FR, 19.2.16).

Rüstungsrekorde

Die Exporte der deutschen Rüstungsindustrie haben sich im vergangenen Jahr nahezu verdoppelt. Das Gesamtvolumen stieg von knapp vier Milliarden im Vorjahr 2014 auf nunmehr 7,5 Milliarden Euro 2015. Größter Posten war die Lieferung von Kampfpanzern und Panzerhaubitzen im Werte von 1,6 Milliarden Euro an den Golfstaat Qatar.

Frei für Kriege

In der CDU-Bundestagsfraktion wird nach Medienberichten geplant, Auslandseinsätze der Bundeswehr von Entscheidungen des UN-Sicherheitsrates unabhängig zu machen. Der »Verteidigungsfall« müsse künftige weitgehender ausgelegt werden. Unter »Verteidigung« falle »nicht nur die Landesverteidigung, sondern auch die Bündnisverteidigung bis hin zur Drittstaaten-Nothilfe«. Damit brauche man sich nicht mehr um Sicherheitsratsbeschlüsse zu kümmern. So der Rechts-Experte für Auslandseinsätze in der CDU/-Bundestagsfraktion, Hendrik Hoppenstedt (FAZ, 9.2.16).

KZ-Prozesse

Vor mehreren Gerichten sind Prozesse gegen ehemalige KZ-Wächter anhängig. Vor dem Landgericht in Detmold muss sich Reinhold Hanning wegen Beihilfe zum Mord in mindestens 170.000 Fällen verantworten. In Neubrandenburg steht ein ehemaliger KZ-Auschwitz-Wächter wegen Beihilfe zum in mindestens 3.681 Fällen vor dem Landgericht. In Hanau (Hessen) soll am 13. April der Prozess gegen einen weiteren ehemaligen KZ-Wächter beginnen. In Dortmund ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen drei ehemalige SS-Männer. In Frankfurt am Main wird in zwei Fällen gegen ehemalige KZ-Wächter von Auschwitz und Majdanek/Lublin ermittelt. Dass die Ermittlungen und Prozesse erst jetzt stattfinden, rührt daher, dass in der bundesdeutschen Justiz jahrzehntelang von einer Einzeltat-Nachweispflicht ausgegangen wurde, während nunmehr der Grundsatz praktiziert wird, dass jede Art von Zugehörigkeit zu einem KZ die Mitwirkung an der Tötungsmaschinerie bedeutet.

(Zusammengestellt von P.C. Walther)