Arbeiterdichter und Revolutionär
5. Dezember 2018
Werner Möller wurde in den Januarkämpfen 1919 ermordet
Vom 4. bis 13. Januar 1919 tobten die unter der Bezeichnung »Januarkämpfe« in die Geschichte eingegangenen Arbeiterkämpfe in Berlin.
Am 5. Januar kam es zu einer Massendemonstration zum Polizeipräsidium. Es erging die Losung: 6. Januar: Kampf für den Sturz der Regierung Ebert-Scheidemann und zur Eroberung der »Macht des revolutionären Proletariats«. Am Abend und in der Nacht des 5. Januar besetzten Arbeiter und Soldaten verschiedene Gebäude im Berliner Zeitungsviertel. Der »Vorwärts« erschien unter neuer Redaktion vom 6. bis zum 11. Januar als »Organ der revolutionären Arbeiterschaft Groß-Berlins«.
Einer ihrer führenden Köpfe war der am 6. Februar 1888 in der damals noch selbständigen Stadt Barmen (heute Wuppertal) geborene Werner Möller.
Als Sohn eines Schuhmachers war er selbst als Klempner tätig. Früh engagierte er sich in der Sozialdemokratie und veröffentlichte erste literarische Arbeiten in sozialdemokratischen Zeitungen (z.B. »Freie Presse«, Barmen).
Ab 1914 gehörte er als entschiedener Kriegsgegner zu denen, die den Kurs der SPD, die unter Ebert den Kriegskrediten zustimmte und einen »Burgfrieden« praktizierte, radikal ablehnten. Möller wurde begeisterter Anhänger Karl Liebknechts. Seine Gedichte wurden zu Zeugnissen seiner unbeugsamen Antikriegshaltung.
1916 wurde er wegen Verteilens von Antikriegs-Flugblättern zu neun Monaten Gefängnishaft verurteilt. Im gleichen Jahr übersiedele er mit seiner Frau und ihrem Sohn – trotz ernster gesundheitlicher Probleme – nach Berlin.
Möller wurde hier führendes Mitglied der linken Gruppierung »Internationale Kommunisten Deutschlands«, für deren Organ »Arbeiterpolitik« er literarische Beiträge lieferte. 1918 nahm er aktiv an der Novemberrevolution teil und erlebte mit tiefer Befriedigung das Ende des mörderischen Weltkrieges. Als Berliner Delegierter der Internationalen Kommunisten Deutschlands nahm er am Gründungsparteitag der KPD teil, der vom 30. Dezember 1918 bis zum 1.Januar 1919 im Festsaal des preußischen Abgeordnetenhauses in Berlin stattfand.
Möller gehörte Anfang Januar 1919 zu den führenden Köpfen bei der Besetzung des Verlagsgebäudes des »Vorwärts« und seiner Umbenennung in » Berliner Volksblatt. Organ der revolutionären Arbeiterschaft Groß-Berlins«. Er fungierte während dieser Zeit als Schriftleiter des Blattes.
Als in den Morgenstunden des 11. Januar der Sturm der Noske Soldateska mit schweren Geschützen auf das »Vorwärts«-Gebäude begann, wurde den Besetzern klar, dass sie keine Chance hatten, dem Angriff zu widerstehen. Man bestimmte sieben Parlamentäre, die mit weißen Fahnen das Gebäude verließen. Einer von ihnen war der Arbeiterdichter Werner Möller. Die Männer wurden sofort mit Gewehrkolben angegriffen und schwer verletzt in die Garde-Dragoner-Kaserne verschleppt, dort ausgeraubt und ermordet.
Werner Möller war unter ihnen. Er wurde nicht einmal 31 Jahre alt.
Nur vier Tage später ereilte seine Vorbilder das gleiche Schicksal. Am 15. Januar 1919 wurden Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg ermordet.
Werner Möller wurde am 25. Januar 1919 in der Gedenkstätte der Sozialisten beigesetzt – seine Grabstätte von den Nazi-Barbaren zerstört.
»Doch ist zerronnen mancher Traum / Trotz alledem, der Freiheitsbaum / Wird dennoch Früchte tragen!«
Dieses Zitat aus einem seiner letzten Gedichte drückt die Spannweite seines Denkens als Arbeiterdichter und Kämpfer aus. Werner Möller schrieb Gedichte, die 1913 zunächst vorwiegend in der Tradition der sozialdemokratischen Arbeiterdichtung standen. In seinen letzten Gedichten »Die deutsche Revolution«, »Die Revolution« und »Kommunismus« klagte er den »Verrat« der Revolution durch die SPD-Führung an, und wandte sich gegen die »schädliche Ideologie« des Parlamentarismus. In seinem literarischen Werk werden Vorstöße zu einer revolutionären Literatur der Arbeiterklasse, zu proletarisch-revolutionärer Lyrik deutlich.
Er wird damit zu einem Vorkämpfer und Vorbild für eine eigenständige proletarische Literatur, die auf dem gleichen ästhetischen Niveau wie die bürgerliche Literatur steht und in den zwanziger Jahren ihren Höhepunkt erreichte.
Möller ergänzt in den Gedichten seines – von Heinrich Vogeler ausgestatteten – kleinen Bandes ‚Krieg und Kampf« (1919) die politisch operative Auseinandersetzung mit der Novemberrevolution durch größere geschichtsphilosophische Reflexionen. Er versucht, in großen Reimstrophen wesentliche Momente der Menschheitsgeschichte, den Kapitalismus und den Kommunismus anschaulich zu charakterisieren, die Notwendigkeit der Revolution lyrisch-rhetorisch zu begründen und den Kommunismus als gesetzmäßige Menschheitsperspektive verständlich zu machen.
Man kann dem Satz der DDR-Literaturwissenschaftlerin, Mathilde Dau, über ihn nur zustimmen: »All das macht das literarische Werk Werner Möllers zum fruchtbaren Gegenstand einer neu zu schließenden Bekanntschaft.«