Sofia: Der Lukov-Marsch
3. Februar 2019
Seit 2003 organisieren Neofaschisten, extreme Rechte und Nationalisten aus Bulgarien und anderen europäischen Ländern Mitte Februar einen öffentlichen Aufmarsch in Sofia. Dabei präsentieren sie Nazi-Uniformen und faschistische Symbole und hetzen gegen Flüchtlinge, Ausländer und die türkische Minderheit im Land. Der Aufmarsch findet zu Ehren von General Hristo Lukov statt, der nach dem Zweiten Weltkrieg von Partisanen wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit hingerichtet wurde.
General Lukov war bulgarischer Kriegsminister und Leiter der ultranationalistischen Organisation »Union der nationalen bulgarischen Legionen«. Er war ein extrem brutaler Unterstützer von Hitler. In der Regierung wirkte er mit aller Kraft darauf, sich an der rassistischen Vernichtungspolitik zu beteiligen und bulgarische Juden in die faschistischen Todeslager zu schicken. Er unterstützte auch die Idee, zehn bulgarische Divisionen an die Ostfront gegen die Rote Armee zu schicken. All das ist in Bulgarien und Europa bekannt.
Dennoch findet ihm zu Ehren der Fackelmarsch statt. Mit Nazi-Symbolik, mit neofaschistischen Losungen auf Transparenten und mit Hass-Parolen demonstrieren die Gefolgsleute dieses »Idols« ihre faschistische Ideologie. Die Teilnehmerzahl lag in den vergangenen Jahren immer bei etwa 1000 Personen. Zumeist waren es jugendliche Demonstranten, Anhänger verschiedener neofaschistischer Gruppen, Skinheads mit entsprechenden Tätowierungen und Fußball-Hooligans. Begleitet wird der Aufmarsch auf den Straßen von Sofia mit Musik, Fahnen und Feuerwerken. Angemeldet vom »Bulgarische Nationalbund« findet man auch hier Ultras der bulgarischen faschistischen und nationalsozialistischen Organisationen, den bulgarischen Zweig von »Blood & Honour« sowie Vertreter nationalistischer Parteien. Hinzu kommen Teilnehmer von Nazi-Organisationen aus Kroatien, Ungarn, Polen, Italien, Falangisten aus Spanien, rechtsextreme Vertreter aus Frankreich, die Union »Vereinigtes und ethnisch sauberes Europa«, die russische Reichsbewegung und die schwedische Nazi-Bewegung »Nordische Front«.
Seit mehreren Jahren gibt es auch eine Beteiligung deutscher Neonazis an diesem Aufmarsch. So wurde die »Freie Kameradschaft Süd« nicht nur in Budapest, sondern auch in Sofia gesichtet. Für 2018 hatten »Die Rechte« Dortmund und die JN Niedersachsen per Facebook ihre Teilnahme angekündigt. Beim Marsch selbst wurden gut 30 Neonazis aus dem deutschsprachigen Raum gezählt, die mit dem Fronttransparent »Gemeinsam für Europa« als geschlossener Block auftraten. Während der Auftaktkundgebung sprach der Dortmunder Sven Skoda, dessen Rede simultan ins Bulgarische übersetzt wurde. Er warb darin für die Dortmunder Demonstration »Europa erwache«, die im 14. April 2018 stattfand.
Der gesellschaftliche Protest gegen den Marsch wurde im Jahr 2018 stärker. Mehr als 175.000 Menschen unterstützten eine Online-Petition zum Verbot der Provokation. Etwa 300 Anhänger der Bulgarischen Antifaschistischen Union (BAU), Mitgliedsverband der FIR, und andere Initiativen der Zivilgesellschaft demonstrierten gegen diese Form des Geschichtsrevisionismus. Auch diplomatische Vertreter aus Israel, Russland und den USA hatten die bulgarische Regierung aufgerufen, sich dem Spektakel entgegenzustellen. 2017 versuchte die Bürgermeisterin von Sofia, den Aufmarsch durch ein Verbot zu stoppen. Die Neonazis ignorierten es und die Polizei sicherte den Aufmarsch der Rechten, statt das staatliche Verbot durchzusetzen. Im Jahre 2018 verbot die Stadtregierung den Marsch erneut. Diesmal wurde das Verbot vom Obersten Gerichtshof aufgehoben. Dafür wurden jedoch die öffentlichen Proteste gegen die Neonazis in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt.
Größere internationale Unterstützung für die Gegner des Lukov -Marsches ist unbedingt nötig.
Ulrich Schneider