Rechter Personenkult
7. Januar 2023
Südafrika: Freilassung des rassistischen Mörders Janusz Waluś wird von Rechten gefeiert, auch in Polen
Am 21. November 2022 ordnete das südafrikanische Verfassungsgericht die Freilassung von Janusz Waluś an. Der 1986 in Südafrika eingebürgerte Pole hatte am 10. April 1993 Chris Hani aus rassistischen und antikommunistischen Überzeugungen ermordet. Hani war Generalsekretär der Kommunistischen Partei Südafrikas (SACP), Stabschef des Umkhonto weSizwe, dem bewaffneten Arm des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC), und einer der führenden Köpfe der Anti-Apartheid-Bewegung. Am 7. Dezember 2022 wurde Waluś auf Entscheidung des Obersten Gerichtshofs entlassen, um eine zweijährige Haftstrafe auf Bewährung anzutreten.
In der Phase des Übergangs von der Apartheid in die Post-Apartheid-Ära nahmen gewalttätige Aktionen rechter Akteur*innen in Südafrika zu. Bis heute sind die Umstände nicht zweifelsfrei aufgeklärt. Dennoch wurde schnell klar, dass es sich bei dem Mord nicht um die Tat des Einzeltäters Waluś handelte, sondern um ein rechtes Komplott. Dessen prägende Person war Cliff John Derby-Lewis, Mitglied der extrem rechten Conservative Party mit Verbindungen in die internationale Szene von Apartheidbefürworter*innen, Rechten und Neonazis. Derby-Lewis besorgte die Tatwaffe. Beide beantragten 1997 vor der Wahrheits- und Versöhnungskommission Amnestie, wobei Waluś erklärte, er sei von antikommunistischen Motiven bei seiner Tat getrieben worden. Die Amnestie wurde ihm verwehrt, und viele Jahre versuchte Waluś, auf Bewährung freizukommen. Im März 2020 hatte Justizminister Ronald Lamola erklärt, dass er Waluś’ Antrag auf Bewährung nicht genehmigen könne. Noch im Februar 2021 lehnte ein Gericht im südafrikanischen Tshwane (Pretoria) das Widerspruchsverfahren gegen die Entscheidung des Justizministers ab. Jetzt jedoch erklärte der zuständige Richter Zondo, dass die Entscheidung des Ministers, Waluś die Bewährung zu verweigern, irrational sei und aufgehoben werden müsse.
Die Entscheidung des Gerichts löste verständlicherweise Empörung, Wut und Kontroversen im Lande aus. Auf der einen Seite riefen Parteien wie SACP, die Economic Freedom Fighter oder der ANC zu Demos auf. Auf der anderen Seite finden sich – durchaus überraschenderweise – viele Meinungen, dass die Entscheidung des Verfassungsgerichts, Waluś freizulassen, rechtlich einwandfrei wäre.
Auf viel Zustimmung trifft die Entscheidung in der streng konservativen weißen Gemeinschaft in Südafrika. In deren kollektivem Gedächtnis ist Waluś weiterhin ein Symbol des Heldentums. Sie glauben noch heute, dass er ihr Land vor der Gefahr der Machtübernahme durch die Kommunist*innen bewahrt hat. Entsprechend wird seine Entlassung mit Kommentaren wie »Ons held, ons legend, maak hom sommer ons leier … Viva Walus ons staan by jou. He did no mistake he saved us«1 in den sozialen Netzwerken »gefeiert«. Während einzelne Akteur*innen entsprechend aggressiv auftreten, versuchen konservative Parteien wie die Vryheidsfront Plus / Freedom Front Plus oder Organisa-tionen wie das AfriForum, eine ethnonationale Afrikaaner-Organisation, den Fall seriöser, aber nicht minder einseitig auszunutzen. Sie argumentieren, dass Waluś schon früher auf Bewährung hätte freigelassen werden müssen und dass er nach Polen ausreisen sollte. Immer wieder schimmert hier das Argument eines politisch motivierten Verfahrens gegen Waluś durch, was auch seine Freilassung verhinderte.
Trotz des Entzugs der südafrikanischen Staatsbürgerschaft darf Waluś bis Ende 2024 nicht nach Polen ausreisen. Hier würde er von Vielen mit offenen Armen empfangen, was sich auch auf Twitter nachvollziehen lässt. Einzelne konservative polnische Parlamentarier hatten sich in der Vergangenheit immer wieder den Forderungen nach Freilassung angeschlossen. Dabei bedienen sich die Politiker*innen der perfiden Argumentation, wie sie zunehmend unter den (Neuen) Rechten Anklang findet, dass in Südafrika jetzt eine umgekehrte Apartheid (»Black Apartheid«) herrsche, in der nicht nur burische Farmer*innen ermordet, sondern auch Weiße wie Waluś ohne Ende eingesperrt würden. Besonderen »Kultcharakter« besitzt Waluś unter polnischen Neonazis und Hools. Seit mehreren Jahren tauchen bei Fußballspielen immer wieder Banner mit dem Porträt von Waluś an Zäunen auf. Insbesondere bei Spielen von Lechia Gdańsk.
Ganz im Sinne einer faschistischen Grund-überzeugung wird der Mord an Hani von rechten Akteur*innen bis heute immer auch als Abwehr einer vermeintlichen kommunistischen Gefahr angesehen. So finden sich auf den Bannern in Fußballstadien immer wieder durchgestrichene »Hammer-und-Sichel-Symbole« und bei polnischen rechten Versandhändlern werden T-Shirts mit dem Aufdruck »anticommunism shooting club. Poland – South Africa. Tribute to Janusz Walus« angeboten. Mit dem kreierten Personenkult ist Waluś, sowohl für polnische als auch südafrikanische Rechte, Ausdruck eines internationalen weißen Nationalismus, ein Subjekt, welches sich für ein völkisches Kollektiv aufgeopfert hat. Die Verehrung eines Mörders verdeutlicht die gewaltaffine und -bereite Sichtweise von rechten Akteur*innen.
1 Übersetzung: »Unser Held, unsere Legende, mach ihn zu unserem Anführer … Viva Walus, wir stehen dir bei. Er machte keinen Fehler, er rettete uns.«