Berge von Akten
8. September 2024
Fotos in VVN-Archiven
Wenn man über Archive spricht, denkt man sicherlich zuerst an Berge von Akten, handschriftliche und gedruckte Unterlagen, Organisationsmaterialien, zum Teil auch an Bücher und Broschüren, die sich im Laufe der Zeit in den Beständen angesammelt haben. In einigen Beständen finden sich auch Plakate und Poster, die auf Aktionen hinwiesen oder als politische Botschaft der VVN-BdA, des Bündnisses oder anderer Zusammenhänge entstanden sind. So ist es auch in der Mehrzahl aller Archive, die sich in den Kreisvereinigungen oder Landesverbänden befinden.
Eine wichtige Quelle für unsere Arbeit, vor allem für die Präsentation unserer eigenen Geschichte, sind jedoch Bilder. Und mit diesen ist eine ganz eigene Herausforderung verbunden. Hier gilt es juristische und inhaltliche Dinge zu beachten.
Fangen wir mit dem Grundsätzlichen an. Alle Fotos, selbst wenn sie aus dem Bestand der eigenen Organisation stammen, unterliegen dem Urheberrecht (siehe Spalte). Das wird natürlich erst dann relevant, wenn ein Bild veröffentlicht werden soll, zum Beispiel als Teil einer Ausstellung, auf einem Flyer oder in einer Publikation. Besonders herausfordernd ist die Nutzung von Bildern für die Internetpräsentation. Für das Urheberrecht, mit dem die Rechte von FotografInnen geschützt werden, spielt es keine Rolle, ob es sich um einen kommerziellen oder nichtkommerziellen Zweck handelt. Wirksam wird dieses Recht insbesondere bei einer kommerziellen Nutzung (das betrifft auch Broschüren, wenn sie zur Finanzierung der Druckkosten gegen Geld abgegeben werden). Unproblematisch ist es, wenn eine Veröffentlichungsgenehmigung bei der Übergabe von privaten Bildern durch Angehörige erteilt wurde, wenn sie zugleich RechteinhaberInnen der Aufnahmen sind. Üblicherweise findet man aber in vielen Nachlässen auch Fotos, die aus öffentlich zugänglichen Quellen (Zeitungen/Zeitschriften etc.) gesammelt wurden, um für eigene politische Praxis Bildmaterial in der Hand zu haben. Um rechtliche Risiken zu minimieren, sollte man bei öffentlicher Nutzung von Bildmaterial eher zurückhaltend agieren. Wenn der Urheber eines Werks seit mehr als 70 Jahren verstorben ist und keine weiteren Rechteinhaber vorhanden sind, kann ein Werk frei genutzt werden. Solche gemeinfreien Werke finden sich zum Beispiel in vielen digitalen Bibliotheken.
Weitere Probleme ergeben sich für den archivalischen Umgang mit Fotomaterial, das in unsere Archive aus Nachlässen kommt. Bildmaterial, egal ob als Abzug, Fotoalbum, Zeitungsausschnitt, Dia oder Kontaktstreifen, sollte möglichst digitalisiert werden, um nicht zu häufig mit den Originalen selbst arbeiten zu müssen. Geklärt werden müsste auch die sachgerechte Lagerung von Bildmaterialien (Fotoabzüge, Dias, Negative …), was jedoch an anderer Stelle vertieft werden müsste. Wer hierzu Fragen hat, sollte sich an die Archiv-AG wenden. Dort gibt es bereits Erfahrungen für eine kostengünstige Digitalisierung und Lagerung. Wenn die Digitalisierung abgeschlossen ist, fängt jedoch die eigentliche Arbeit erst an. Es geht um die Erschließung der inhaltlichen Aspekte eines Bildes, um sie für spätere Arbeiten nutzbar zu machen.
Nehmen wir ein beliebiges Foto aus dem Nachlass einer Kameradin, die lange Jahre aktiv in einer Kreisvereinigung tätig war. Ein Foto zeigt sie zum Beispiel als Rednerin bei einer örtlichen Gedenkveranstaltung. Welche Informationen fehlen uns heute jedoch zu diesem Bild? Zuerst einmal sind das Datum und der Ort relevant. Gab es einen bestimmten Anlass? Wer waren die Veranstalter? Wer die Teilnehmenden? Dazu sieht man manchmal Fahnen und Transparente, die Auskunft geben können. Oftmals finden sich auf solchen Fotos mehrere Personen. Zum Zeitpunkt der Aufnahme waren die meisten der Abgebildeten bekannt. Sieht man hier einen Veteran des antifaschistischen Widerstands oder eine Gewerkschaftssekretärin, was ja ein wichtiger Hinweis auf den Charakter dieser Veranstaltung sein könnte? Selbst wenn keine »Promis« zu erkennen sind, so sind doch der historische Kontext des Fotos und Informationen zum Anlass der Aktion für spätere Nutzung wichtige Informationen. Die Zeitgenossen wussten es noch, die Nachgeborenen nicht mehr.
Zu den Inhalten gehört auch die Art der Veröffentlichung. Ist es nur ein Foto, das der Zeitzeugin von einer beteiligten Person als »Beleg« für die Aktion übermittelt wurde, oder ist es ein Foto aus einer Lokalzeitung, was dann sofort die Nachfrage ermöglicht, was dieser Bildausschnitt über die Perspektive der Presse auf die Aktion aussagt? Grundsätzlich gilt, je mehr Informationen zu einem Foto zusammengetragen werden können, umso hilfreicher ist es, damit zukünftig arbeiten zu können. Diese inhaltliche Erschließung der digitalisierten Bilder sollte in Form einer Datenbank (in welchem Format auch immer) erfolgen, sodass bei anwachsenden Beständen der Überblick gewahrt bleibt und die Bildsammlungen nicht thematisch auseinandergerissen werden müssen.
In der Broschüre der Gedenkstätte Villa ten Hompel Münster »Gedenken und Sammeln« aus dem Jahre 2018 heißt es zum Urheberrecht:
»Das Urheberrecht wird im Urheberrechtsgesetz, insbesondere in den §§ 12–14 geregelt. Ab dem Tod des Urhebers besteht das Urheberrecht noch für 70 Jahre weiter, danach wird ein Werk gemeinfrei und kann ohne Zustimmung durch Dritte genutzt werden. Bei Werken, die anonym sind, erlischt das Urheberrecht 70 Jahre nach deren Veröffentlichung oder, wenn sie nicht veröffentlicht wurden, 70 Jahre nach ihrer Entstehung. Das Urheberrecht für Fotos beträgt 50 Jahre.«
In loser Folge stellen wir hier Dokumente aus den Archiven der VVN-BdA vor beziehungsweise beleuchten deren Arbeit.