Wie wird man Antifaschist?

geschrieben von Ulrich Schneider

6. Mai 2025

Drei Filme aus dem Hause VVN-BdA

Das Verschwinden der Zeitzeugen hat in den vergangenen Jahren mehrfach Filmemacher und Aktive in der VVN-BdA veranlasst, sich mit noch lebenden Zeugen nicht nur der Nazizeit, sondern auch des antifaschistischen Kampfes in der alten BRD zu beschäftigen. Dabei sind eindrucksvolle Filme entstanden, die auf unterschiedliche Art einen Einblick in das Leben, die Persönlichkeit und deren Eingebundenheit in die antifaschistische Bewegung geben. Drei sollen an dieser Stelle vorgestellt werden:

»Einmal und nie wieder«

2024 wurde in Kooperation mit der VVN-BdA Schleswig-Holstein ein Film über die kürzlich verstorbene Marianne Wilke (1929–2023) fertiggestellt. Den Filmemachern war es vergönnt, im letzten Lebensjahr der unermüdlich für die VVN-BdA und als Zeitzeugin tätigen Marianne noch eindrucksvolle Aufnahmen zu machen. So startet der Film mit einer Fahrt in einem einfachen Pkw zu einer Veranstaltung in einer Schule, wo Marianne Wilke – wie so oft – als Gesprächspartnerin vor jungen Menschen nicht nur über ihr Leben sprach, sondern ihr Verständnis des Vermächtnisses: »Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!« für heutige Generationen übersetzte. Sie betonte die Notwendigkeit des gesellschaftlichen Engagements eines jeden Einzelnen. Ihr eindringlicher Appell, sich für eine bessere Welt – frei von Faschismus, Rassismus und Krieg – einzusetzen, war immer als Einladung gemeint und ermutigte alle, sich entsprechend ihren Möglichkeiten zu engagieren. So vermittelt sie heutigen Betrachtern nicht nur ihre Perspektive auf die Geschichte, sondern auch den Werdegang einer Antifaschistin.

»Lebensmotto: Frieden und Antifaschismus«

Nach vielen Monaten Dreh-, Redaktions- und Schneidearbeiten wurde Ende April 2025 unter dem Titel »Lebensmotto: Frieden und Antifaschismus« ein Film über Ulli und Traute Sander zum Abschluss gebracht. Dieser Film lebt von der Intensität des Gesprächs mit den beiden Protagonisten, die nicht nur ihre eigene Geschichte erzählen, sondern die Zuschauer mitnehmen auf eine Zeitreise zum Antifaschismus in der alten BRD. Dazu gehören die »Geschwister-Scholl-Jugend« in Hamburg oder die Ohrfeige, die Beate Klarsfeld dem damaligen Bundeskanzler Kiesinger in aller Öffentlichkeit verpasste, worüber sie selbst in einem Interview berichtet. Es geht um die Aufarbeitung faschistischer Verbrechen (die Morde im April 1945 in der Schule am Bullenhuser Damm), den Kampf um die Erinnerung an Zwangsarbeiter in Dortmunder Rüstungsbetrieben oder um Aufklärung über die Verharmlosung der Täter der ehemaligen Gebirgsjägertruppe, wie sie viele Jahre in Mittenwald praktiziert wurde. Wichtig war den Sanders ihr Engagement für den Frieden. Die Ostermärsche gehören seit vielen Jahrzehnten zu ihrem Terminkalender. Zudem stand für sie als Kommunisten die Stärkung der überparteilichen antifaschistischen Organisation VVN-BdA, der sie seit knapp 65 Jahren verbunden sind, im Fokus.

»Die Aufrechte – Anette Langendorf, eine Mannheimer Antifaschistin«

Bereits vor drei Jahren legte die Mannheimer VVN-BdA mit Unterstützung professioneller Filmemacher ein eindrucksvolles Porträt über Anette Langendorf, eine Mannheimer Antifaschistin, die viele Jahrzehnte als Zeitzeugin tätig war, vor. Anette Langendorf (1893–1969) war nach 1933 aktiver Teil des Mannheimer Widerstands gegen das NS-Regime. Ihr Mann Rudolf wurde mit 18 weiteren Mitkämpfern der Lechleiter-Gruppe 1942 hingerichtet. Sie selbst überlebte das KZ Ravensbrück aufgrund der Solidarität ihrer Mithäftlinge. Nach Kriegsende 1945 kam sie zurück nach Mannheim und setzte ihre politische Tätigkeit fort. Ihr Hauptaugenmerk galt den NS-Verfolgten und den Menschen aus dem Widerstand. 1946 wurde sie als Kommunistin in den neuen Gemeinderat gewählt und war 1947 Mitbegründerin der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes. Der Dokumentarfilm ehrt damit eine wenig bekannte Mannheimer Politikerin und ruft ihr Leben und politisches Wirken in Erinnerung. Bei der Premiere plädierten die Filmemacher dafür, den Film gerade in Schulen zu zeigen und junge Menschen weiter zum Leben von Anette Langendorf forschen zu lassen. Es gebe noch viel Unentdecktes, was aus den Archiven zusammengetragen werden könne.

Dies sind drei eindrucksvolle Beispiele für die Möglichkeiten filmischer Mittel zur Vermittlung antifaschistischer Traditionen und Überzeugungen. Bislang kann nur der Film über Anette Langendorf über YouTube gestreamt werden. Wichtig ist jedoch, bei einer Vorführung der Filme in öffentlichen Veranstaltungen, in Bürger- oder Jugendzentren, bei Gewerkschaftsgruppen, bei Treffen der VVN-BdA für neue Mitglieder über die Biografien und Themen in einen direkten Austausch zu kommen. Marianne Wilke und Anette Langendorf sind bereits verstorben, Ulli und Traute Sander sind mit ihren über 80 Jahren nicht mehr so mobil. Aber alle sind populär und eignen sich als anschauliche Beispiele für die Frage: Was ist eigentlich Antifaschismus heute?    Ulrich Schneider

Die Filme sind käuflich zu erwerben: Der Film »Die Aufrechte – Anette Langendorf, eine Mannheimer Antifaschistin« bei der VVN-BdA Mannheim, (fritz.reidenbach@gmx.de), der Film über Marianne Wilke »Einmal und nie wieder« bei der VVN-BdA Schleswig-Holstein (sh@vvn-bda.de), der Film über Traute und Ulli Sander (Foto: nrw-archiv.vvn-bda.de) unter dem Titel »Lebensmotto: Frieden und Antifaschismus« über r-mediabase (post@r-mediabase.eu)