AfD im Niedergang?
15. März 2021
Baden-Würrtemberg, noafd, Rheinland-Pfalz, Wahl
Gestern wurde in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz gewählt. Die Ergebnisse bestätigen, was in der aktuellen antifa prognostiziert wird: Die #noafd befindet sich in einer Phase der Defensive, die Wählerstimmen sinken – leider nicht genug, um in Jubelstimmung zu geraten.
Die Phase, in der die Rechtsaußenpartei AfD durch erfolgreiche Themensetzung unbeschwert der Einzug in Parlamente gelang, scheint schon etwas länger vorbei. Das ist für eine auf fortwährende Eskalation angelegte Pöbelpartei ein echtes Problem.
Der Jahreswechsel 2020/2021 markierte für die AfD den Übergang von der Stagnation zur strategischen Defensive. Die Wählerinnen können erstmals bewerten, was die AfD in der vergangenen Legislaturperiode geleistet hat. Man darf annehmen, dass die Stammwählerschaft, die sich leider rasch herausgebildet hat, in Treue zu ihr halten wird. Andererseits wissen die AfD-Gegner nun noch genauer, was es zu verhindern gilt.
Die Menschen zwischen beiden Polen, prinzipiell als Wählerschaft ansprechbar, können mittlerweile wissen, dass es sich um eine tief zerstrittene und chaotische Organisation handelt. Erstmalig geht die Mitgliederzahl zurück und liegt nun bei 32.000, etwa halb so hoch wie jene von FDP und Linkspartei.
In den AfD-Fraktionen zeigen sich Ermüdungserscheinungen. Die als Richtungsstreit wahrgenommenen Auseinandersetzungen erreichten 2020 dramatische Höhepunkte. Mehrfach ging Parteisprecher Jörg Meuthen mit überraschend großer Härte gegen die anscheinend insgesamt, aber nicht immer regional, zahlenmäßig hauchdünn unterlegenen Anhänger offen neofaschistischer Konzepte vor. Diejenigen in der Partei, die auf die unmittelbare faschistische Revolte hoffen, wurden frustriert, reagieren darauf aber derzeit insbesondere im Osten der Republik fächendeckend mit der Aufstellung eindeutiger Kandidaten des angeblich aufgelösten »Flügels«.
Keine gute Figur machte der »Führer« im Wartestand: Björn Höcke hat den Erwartungsbogen überspannt. Er weiß nur zu gut, dass ihm das Andreas-Kalbitz-Schicksal in Form der »Landolf-Ladig-Affäre« (unter dem Pseudonym erschienen Texte im NPD- und Neonazikontext) drohen kann. Ideologisch suchte sich die Parteiführung mit ihrer im Januar veröffentlichten pompösen »Erklärung zum deutschen Staatsvolk und zur deutschen Identität« selbst freizusprechen. »Projekt gescheitert« kann man dazu nur sagen, denn das Dokument beweist genau, was es leugnen soll: Die AfD vertritt einen ethnischen Volksbegriff, der gegen im Grundgesetz festgeschriebene Menschenrechte verstößt.
Auch die ewige interne Rentendebatte endete mit der Forderung nach einer völkisch orientierten Familienpolitik, auf die sich dann alle einigen konnten. In der politischen Bewährungsprobe Pandemie zeigte sich die AfD unfähig zur Entwicklung einer geschlossenen Position. In ihren Reihen ploppte das ganze Spektrum der Coronaleugner-Szene auf, bis hin zur Teilnahme am Stürmchen auf den Reichstag.
Sie kann sich aber auch nicht dazu durchringen, konsequent auf den antisemitischen Verschwörungsmythen-Mob zu setzen. Wenn potentielle Wählerinnen aber eines von rechtsbürgerlicher Politik erwarten, dann Eindeutigkeit, Sicherheit und Ordnung. Folgerichtig sinken die Umfragewerte deutlich. Gleichzeitig gibt es keinen größeren öffentlichen Auftritt, der nicht von antifaschistischen Protesten begleitet wird. Die sind z. B. in Berlin so erfolgreich, dass längerfristig Landesparteitage unmöglich wurden.
Unser Verband hat daran zusammen mit den Partner*innen von Aufstehen
gegen Rassismus großen Anteil. Ursache für diese Trendwende sind tiefgreifende Verschiebungen im gesellschaftlichen Umfeld. Kann sich die AfD dauerhaft zu einer rechtsgerichteten Kraft im politischen System Deutschlands entwickeln – um nicht zu sagen, aufgebaut werden – und direkte politische Macht erringen? Welche Zugeständnisse hat sie dafür zu machen, und ist sie bereit dazu?
Die Antworten auf diese Fragen haben sich zuungunsten der AfD verändert. Die Personalien Hans-Georg Maaßen und Friedrich Merz sind dafür bezeichnend. Der AfD-Beschützer Maaßen überschätzte seine Position an der Spitze des Bundesamtes für Verfassungsschutz und musste sie zugunsten von Thomas Haldenwang räumen, unter dessen Leitung die AfD immer stärker in den »Extremismus«-Bereich eingeordnet wird. Die von
der inneren Faschisierung der Behördenapparate träumenden Beamten mit AfD-Parteibuch erleben/spüren mittlerweile die Grenzen und Risiken ihres
Engagements.
Mit Merz ist die theoretische personelle Option für ein Bündnis der Bundes-CDU mit der AfD vorerst gescheitert. Auch die internationale Lage hält Menetekel bereit. In den USA endete das Donald-Trump-Experiment mit einem echten Sturm auf das Parlament, mit der Mobilisierung eines bewaffneten Mobs, mit beispiellosen Lügen und Mord. Und doch – es endete. Trotz »Kicking and Screaming« sitzt nun ein progressiver im Oval Office – für US-Verhältnisse und vergleicht man Biden mit Trump.
Die AfD stolpert, aber sie wird nicht von alleine stürzen. Tun wir alles, um der halb- und protofaschistischen AfD den Rest ihrer scheinbaren »Normalität« zu nehmen.
// Thomas Willms
Wichtige Termine Wahljahr 2021:
6. Juni: Landtagswahl in Sachsen-Anhalt
12. September: Kommunalwahlen in Niedersachsen
26. September: Bundestagswahl sowie Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Berlin