Kurzfristige Verlagerung
27. April 2024
»Strategische Partner«: EU und Ägypten mit Abkommen zur Migrationsabwehr
Wenn von »strategischer Partnerschaft« zwischen der Europäischen Union und ihren Anrainerstaaten die Rede ist, ist Vorsicht geboten. Entpuppt sich doch die vertraglich besiegelte Verbindung oft als ungleiches Verhältnis, das vor allem der EU zugutekommt. Nach dem Deal mit Tunesien wurde im März nun auch mit Ägypten ein 7,3 Milliarden Euro schweres Abkommen zur Migrationsabwehr unterzeichnet.
Ägypten ist ein Transitland für viele Geflüchtete – vor allem vor den Bürgerkriegen aus dem Sudan und Syrien. Laut UNHCR befinden sich aktuell offiziell 500.000 Menschen im ägyptischen Transit, die meisten wollen weiter in die EU. Aber auch aus Ägypten selbst fliehen viele Menschen nach Europa – aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage des Landes und des Regimes unter Abdel Fattah Al-Sisi, das viele Hoffnungen nach dem »arabischen Frühling« vor zehn Jahren zerschlagen hat. Die EU stützt das Regime mit dem Aufbau des Militärs, mit Rüstungsgütern und zieht die Machthaber so gekonnt in ein Abhängigkeitsverhältnis. Tatsächlich verlagerte das die Fluchtrouten über andere Staaten und machte sie noch gefährlicher. Der als Wirtschaftsabkommen getarnte Vertrag setzt diese Zusammenarbeit fort und soll das schwache Regime stabilisieren. Die Ziele der EU sind augenfällig: Ursula von der Leyen ist im Wahlkampf. Als Beweis für ihre Eignung reiste sie zur Vertragsunterzeichnung mit den Hardlinern der EU-Abschottung – allen voran Giorgia Meloni aus Italien – nach Ägypten. Statt sich unter 27 Mitgliedstaaten auf ein Aufnahmesystem zu einigen, die realen Fluchtgründe zu bearbeiten und tatsächlich plausible Routen sicherer für Menschen zu machen, setzt man weiter auf kurzfristige Verlagerung. Das EU-Parlament widerspricht dieser Politik von Zeit zu Zeit – hat aber faktisch keinen Einfluss. Als bitteres Fazit vor der Europawahl müssen wir konstatieren: Während die EU nichts dazugelernt hat, hat sich in den Staaten des globalen Südens herumgesprochen, dass mit Geflüchteten Geld zu verdienen ist.
Laut eines Berichts der Heinrich-Böll-Stiftung (kurzelinks.de/boell-flucht) leben in Ägypten 30 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze, die Gefängnisse sind überfüllt, es kommt strukturell zu Menschenrechtsverletzungen gegen Bürger*innen, vor allem gegen Geflüchtete. Foto: boell.de
Informationen zu Flucht und -Migration unter mediendienst-integration.de