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24. Juli 2014
Für mehr Krieg
Deutschland müsse eine »aktivere Rolle« in der Welt spielen, verkündete Bundespräsident Gauck. Dazu gehöre, »den Einsatz militärischer Mittel als letztes Mittel nicht von vornherein zu verwerfen«. Im »Kampf für Menschenrechte oder für das Überleben unschuldiger Menschen ist es manchmal erforderlich, auch zu den Waffen zu greifen«, heißt es weiter in der Erklärung Gaucks. Bereits bei der »Sicherheitskonferenz« in München hatte er sich für mehr Auslandseinsätze der Bundeswehr ausgesprochen. Ebenso plädierte die Bundesverteidigungsministerin von der Leyen wiederholt für verstärkte Auslandseinsätze der Bundeswehr. Meinungsumfragen in der Bevölkerung ergeben dagegen nach wie vor eine mehrheitliche Ablehnung von Auslandseinsätzen.
»Spinner«-Urteil
Zurückgewiesen hat das Bundesverfassungsgericht eine Klage der NPD dagegen, dass Bundespräsident Gauck unter Bezugnahme auf NPD-Aktivitäten Neonazis als »Spinner« bezeichnet hatte. Es sei geradezu eine Aufgabe des Bundespräsidenten, erklärte das Gericht, auch »auf Missstände und Fehlentwicklungen aufmerksam zu machen«. Dabei dürfe er sein Anliegen »auch in zugespitzter Wortwahl« äußern. Von Nazigegnern wurde der Gerichtsentscheid begrüßt, gleichzeitig jedoch darauf hingewiesen, dass die Bezeichnung »Spinner« für Neonazis geradezu verharmlosend sei.
Straffrei
Neonazi-Aufkleber, die in einem Mannschaftswagen der bayerischen Bereitschaftspolizei angebracht waren, haben für die Polizisten keine strafrechtlichen Folgen. Die Texte (darunter »Good night left side«, »Anti-Antifa organisieren. Den Feind erkennen.«, »Kein Sex mit Zecken«) sind nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Würzburg nicht strafbar. Deshalb gebe es gegen den verantwortlichen Bereitschaftspolizisten kein Ermittlungsverfahren.
Mehr Anschläge
Allein im ersten Quartal dieses Jahres wurden offiziell 20 neonazistische Aufmärsche im Umfeld von Flüchtlingsunterkünften registriert, mehr als im gesamten Vorjahr. Noch höher ist die Anzahl von Straftaten gegen Flüchtlingsunterkünfte. Es waren 32, darunter elf Sachbeschädigungen, vier Körperverletzungen und vier Sprengstoffattacken. Das geht aus der regierungsamtlichen Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor. Diese rechnet mit einer noch höheren Dunkelziffer. Erfasst wurden ohnehin nur dezidiert rechtsextreme Aufmärsche, nicht solche rechtspopulistischer Gruppierungen wie z.B. »Pro« oder sogenannter Bürgerinitiativen mit neonazistischer Beteiligung.
Unwissen verordnet
Mit dreitägigen Veranstaltungen, darunter einem Kulturfest und eine Kundgebung, erinnerte das »Aktionsbündnis Birlikte« in Köln an das von Neonazis der NSU-Terrorgruppe am 9. Juni 2004 verübte Nagelbombenattentat, bei dem 22 Menschen zum Teil schwer verletzt wurden. Das Lagezentrum des NRW-Innenministeriums hatte bereits eineinhalb Stunden nach dem Attentat das Landeskriminalamt angewiesen, den zunächst geäußerten Verdacht eines »terroristischen Anschlags« nicht mehr zu gebrauchen. Bundesinnenminister Schily und NRW-Innenminister Behrens erklärten schließlich kategorisch, es handle sich »nicht um einen fremdenfeindlichen, rechtsradikalen oder terroristischen Akt« (zitiert nach FAZ vom 7.6.2014). Tatsächlich hatten derselben Quelle zufolge »Überwachungskameras eines nahen TV-Senders im Laufe des 9. Juni 2004 Mundlos und Böhnhardt mehrfach aufgenommen«.
Bleibender Skandal
Von den rund 30 Verfahren gegen ehemalige SS-Wachleute im KZ Auschwitz, die erst Anfang dieses Jahres eingeleitet wurden, sind bereits elf wieder eingestellt worden, weil die ehemaligen KZ-Wächter aufgrund ihres hohen Alters größtenteils nicht mehr verhandlungsfähig seien. Ihr hohes Alter konnten sie in Freiheit und unbehindert allerdings nur erreichen, weil sie Jahrzehnte lang unbehelligt blieben. Das Internationale Auschwitz-Komitee erklärte: »Dieses jahrzehntelange juristische Versagen Deutschlands bleibt ein fortwährender Skandal«.
Ausländerfeindlich
Nach Untersuchungen der Arbeitsgruppe der Universität Leipzig, die seit 2002 alle zwei Jahre sogenannte »Mitte-Studien« durchführt, sind 20 Prozent der Bundesbürger ausländerfeindlich eingestellt. Deutlich gewachsen sei die Ablehnung vor allem gegenüber bestimmten Migrantengruppen wie Sinti und Roma, Muslimen und Asylsuchenden. Der Aussage »Die Bundesrepublik ist durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Maße überfremdet«, stimmen sogar 31,5 Prozent zu. Etwa jeder Sechste (17,2 Prozent) findet, Deutschland brauche »eine einzige starke Partei, die die Volksgemeinschaft insgesamt verkörpert«. Ein positives Ergebnis meldeten die Leipziger Forscher auch: Der Anteil derer mit einem »geschlossenen rechten Weltbild« ist seit 2002 von 9,7 auf 5,6 Prozent gesunken. Bei einer Wahlbevölkerung von rund 60 Millionen sind das dennoch über drei Millionen Menschen.
»Meinungsfreiheit«
Bestätigt hat das Oberverwaltungsgericht in Magdeburg ein vorinstanzliches Urteil des Verwaltungsgerichts, mit dem das behördliche Verbot eines Neonazikonzerts in Nienhagen mit über tausend Teilnehmern aufgehoben wurde. In dem Gerichtsurteil heißt es, das Neonazikonzert sei »neben kommerziellen Interessen auch von der Meinungskundgabe geprägt« und falle somit unter die Meinungsfreiheit. »Die Voraussetzungen für ein Verbot« seien »nicht erfüllt«.
Eingestellt
Das im vergangenen Jahr aufgedeckte Neonazi-Netzwerk in deutschen Gefängnissen hat für die Beteiligten keine juristischen Folgen. Die Ermittlungsverfahren wurden eingestellt, teilte die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main auf Anfrage mit. Es habe nicht bewiesen werden können, dass die Gruppierung Nachfolger der 2011 verbotenen »Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige (HNG)« werden wollte. Einzige Folge war, dass Häftlinge verlegt und stärker überwacht worden seien. »Vergleichbare rechtsextremistische Aktivitäten hat es seitdem nicht mehr gegeben«, behauptet das hessische Justizministerium.
Schutz für Neonazis
-Knüppel für Nazigegner. Rund vierzig Neonazis, zum Teil mit neofaschistischen Parolen und Emblemen auf ihrer Kleidung, wurden in Dresden nach einer NPD-Kundgebung von der Polizei in den sächsischen Landtag geleitet, weil sie nach Polizeiansicht schutzbedürftig waren. Zuvor hatten die Neonazis provozierend verkündet, sie würden jetzt »in den Landtag ziehen«. Nachdrängende Gegendemonstranten wurden von der Polizei mit Schlagstöcken und Pfefferspray ferngehalten.
(Zusammengestellt von P.C. Walther)