Weder rechts noch links?
5. September 2015
IG-Metall-Stiftung analysiert das Querfrontnetzwerk um »Compact«
Eine politische Querfront, die einen Schulterschluss von traditionell Rechten und Linken gegen die vermeintlich herrschsüchtige Elite vorgibt, hat sich formiert und ein beachtliches Netzwerk entfaltet. Im Zentrum steht das rechtspopulistische Magazin »Compact«, das mittlerweile 30.000 Abonnenten hat und sich im Umfeld des rechten Koppverlages, der Organisatoren der »Montagsmahnwachen« und des Publizisten Ken Jebsen gruppiert. Die Otto-Brenner-Stiftung hat dieses politisch publizistische Netzwerk zum Gegenstand einer Studie gemacht, die als online-Ausgabe im Juni 2015 erschienen ist. Sie kommt zu dem Urteil, dass sich dieses Netzwerk durch Positionen auszeichne, die einfach gestrickt seien und populistische Züge tragen.
Der Geschäftsführer der Wissenschaftsstiftung der IG Metall, Jupp Legrand, macht klare Fronten aus, die »Compact« konstruiert: Volk gegen Eliten, Wahrheit gegen Lügenpresse, pro Nation und contra Europa, gegen USA und für Putin.« Fatal ist dabei, dass sich Linke und Rechte gelegentlich von diesem Konstrukt blenden lassen und nicht erkennen, wie sich der einst linke Chefredakteur von »Compact«, Pegida, Afd, der ehemalige Radiomoderator Ken Jebsen und auch einige linke Politiker die Bälle zuwerfen. Wolfgang Storz fordert auch SPD und CDU auf, dringend ihr Verhältnis zu den rechtspopulistischen Verschwörungstheoretikern um das Magazin »Compact« zu klären. Er liefert eine überfällige Analyse dieses Netzwerkes, denn die oberflächliche Ausgrenzung der Porträtierten als Antisemiten, Rechtspopulisten oder Verschwörungstheoretiker habe die Protagonisten in ihrer Identitätsstiftung letztlich nur unterstützt. Dem Netzwerk sei es gelungen ein »stabiles publizistisches Medien-Angebot« aufzubauen mit »einer kommunikativen Vollversorgung«, die von täglichen online-Diensten über Newsletter, Blogs, Veranstaltungen und Konferenzen bis zu montäglichen Kundgebungen und Demonstrationen reiche. Dem Netzwerk gelinge es, auf Konferenzen und in Interviews prominente Persönlichkeiten der Zivilgesellschaft einzubinden, wie Egon Bahr, Russland-Experte Valentin Falin, Ex-Bundesminister und Sozialdemokrat Andreas von Bülow, Linken-Politiker Wolfgang Gehrke, den ehemaligen FAZ-Redakteur Udo Ulfkotte oder den Schweizer Historiker Daniele Ganser, der sich um die Aufklärung der Nato-stay-behind-Kräfte verdient gemacht hat.
Aber auch Ex-Staatssekretär und CDU-Politiker Willy Wimmer gehört zu den Interviewpartnern von »Compact« sowie der Mitbegründer des wegen seiner Nähe zu rechten Kräften in die Kritik geratenen »Friedenswinters«, Reiner Braun. Eine besondere Verbindung zu den nach rechts weit geöffneten Montagsmahnwachen hat der »Compact«-Autor Ken Jebsen, der dort regelmäßig mit Reden auftritt. Die Mahnwachen wiederum wurden von Lars Mährholz initiiert, von dem die TAZ behauptet, er bewege sich »im Spektrum er Neuen Rechten und obskurer Verschwörungstheoretiker«. Zwar betont »Compact«-Chefredakteur Elsässer immer wieder, er lehne eine Zusammenarbeit mit Rechtsradikalen ab, aber die Vermengung kritischer Gesellschaftsthemen mit antiamerikanischen, antisemitischen, verschwörungstheoretischen und autoritären Einstellungen wird nicht als problematisch angesehen. Das 68-seitige, monatlich erscheinende »Compact«-Magazin wurde im Frühjahr 2010 als GmbH vom Verleger Kai Homilius, Jürgen Elsässer und Andreas Abu Bakr Rieger gegründet, einem muslimischen Anwalt und Herausgeber der »Islamischen Zeitung«. Auf einer Veranstaltung zur ersten Ausgabe von »Compact« plädierte Elsässer für einen Dialog zwischen demokratischen Rechten und demokratischen Linken. Dieser Anspruch scheint dem Autor entglitten zu sein, denn das Magazin schürt Vorurteile und bedient regelmäßig rechte Klischees. Kein Wunder, dass Elsässer 2013 empfahl, bei der Bundestagswahl AfD zu wählen. Dazu gehören undifferenzierte Warnungen vor den Gefahren des Islamismus, positive Darstellungen von Pegida und des Gauland-Flügels der AfD, der rassistischen ungarischen Regierung, der Putin-Politik und des Front National. Bevorzugt wird in den Texten des Magazins das kulturkonservative Gesellschaftsbild einer autoritären »Volksdemokratie«, in der Pluralismus und Minderheitenrechte systematisch abgewertet werden. Dem entstandenen Netzwerk gelingt es, gesellschaftpolitische Entwicklungen mit aktuellen und professionell hergestellten Medien aufzugreifen und so einem Publikum verlässlich eigene Deutungen zu vermitteln und dies – trotz oder wegen medialer Ausgrenzung und parteipolitischer Ignoranz – mit wachsendem Erfolg.