Editorial

geschrieben von Regina Girod

15. August 2017

Wozu dienten die Wehrmachtstraditionen in der Bundeswehr, von denen sich Ministerin von der Leyen seit Neuestem so entschieden distanziert? Hat in den 62 Jahren ihrer Existenz gar niemand etwas davon bemerkt? Unser Autor Jakob Knab schreibt dazu: »Krieg war eine zentrale Kategorie der NS-Gewaltherrschaft. Der Krieg füllte nicht nur die Hälfte der NS-Herrschaftsperiode aus, sondern der Nationalsozialismus kam aus dem Kriege, fand im Krieg seine eigentliche Bestimmung und ging schließlich im Krieg unter. Heldenkult und Traditionspflege sind heroisierende Darstellungen von Geschichte.« (Seite 3) Diese heroisierenden Darstellungen wurden und werden gebraucht in einer Bundeswehr, die erst den Kommunismus bekämpfen sollte und nun auf 14 Kriegsschauplätzen dieser Welt im Einsatz ist. Davon zeugt auch der Widerstand, der der Ministerin in dieser Frage entgegenschlägt. Die deutsche Geschichte hat zum Thema Krieg keine Vorbilder zu bieten. Bleibt nur, die Kriege selber endlich abzuschaffen.

Dass politische Interessen den Blick auf die Geschichte und einzelne Akteure extrem verzerren können, hat die Nachkriegsgeschichte immer wieder gezeigt. »Albert Speer in der Bundesrepublik. Vom Umgang mit deutscher Vergangenheit«, heißt eine Ausstellung in Nürnberg, über die Ernst Antoni auf Seite 28 berichtet. Ein Versuch, die »Wandlungsgeschichte« des einstigen Naziarchitekten und Rüstungsministers als das zu entlarven, was sie war: ein Fake, der lanciert und etabliert wurde, um späte Persilscheine unter dem Motto: »Da-konnte-man-halt-nichts-machen« und »Wir-haben-immer-das-Beste-gewollt.«, zu verteilen.

Wichtige Diskussionen zum Umgang mit Rechtpopulismus wollen wir mit unserem Spezial (Seite 13 – 16) befördern. Kann oder sollte man ihm mittels »Linkspopulismus« begegnen? Thomas Willms untersucht theoretische Wurzeln und programmatische Eckpunkte der »France Insoumise« (FI), die im ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen nur knapp unter dem Ergebnis des Front National blieb und sich selbst als linkspopulistisch begreift.