Angekommen im Thriller
26. März 2018
PfD heißt die Rechtspartei in der Serie »Berlin Station«
Die AfD, Frauke Petry und Alexander Gauland sind im internationalen Seriengeschehen angekommen und Personal eines hochklassigen Thrillers geworden. Sie sind das Thema der zweiten Staffel von »Berlin Station« und für den antifaschistisch Interessierten sind es neben dem eigentlichen Plot die leicht verfremdeten Bilder der Partei, die zu denken geben. Im Gedächtnis bleibt ein Parteiempfang der »Perspektive für Deutschland (PfD)« mit lauter gut gekleideten, fröhlichen, optimistischen Anhängern. Es ist ein »Möglichkeitsraum«, in dem diverse Akteure auf der Jagd nach Zukunft die Sektgläser klingen lassen. Unter ihnen sind Agenten der CIA, wie immer beschäftigt mit der Beschaffung von Informationen und wichtiger noch mit der aktiven Einflussnahme auf das Geschehen – doch mit welchem Ziel? Geht es nach »Berlin Station« gehört zu den Kernzielen der CIA die Verhinderung rechtsradikaler Erfolge wie dem der PfD, denn das kann man den »fucking Germans« auf keinen Fall durchgehen lassen. Aber die vorausgesetzte allgemeine Eindeutigkeit dieses Zieles gerät ins Rutschen. Ein neuer Botschafter trifft ein und sucht die CIA-Abteilung, eine Parallelwelt innerhalb der Botschaft, zu unterwerfen. Entsandt hat ihn »die neue Administration«. Irgendetwas geht zwischen »Washington« und »Langley«, den beiden bürokratischen Oberzentren, vor sich. »Washington« denkt offenbar anders über die PfD als die Profis in Berlin.
Wie jeder anständige Agentenfilm stellt »Berlin Station« die Institution in Frage, mit der er sich beschäftigt. Einerseits ist die CIA ein bürokratischer Apparat wie jede andere auch, andererseits eine Organisation, die ihrem Wesen nach die Funktionsprinzipien der Bürokratie in Frage stellt. Sollen hier Regeln und Klarheit herrschen, geht es dort um Verschleierung, Täuschung und das Brechen von Regeln. Gänzlich abgeschrieben ist hier bereits das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV). In ihr gibt es eine »Fraktion« der PfD, was jede Arbeit gegen diese Partei unmöglich macht, auch wenn ein »guter Kern« das gerne möchte.
Die Menschen, die den geheimdienstlichen Zwiespalt leben, übertragen ihn auf ihre gesamte Existenz. Keiner bringt es zu einer echten Beziehung, diese werden zum Teil des Jobs. Berechnend und vortäuschend mit der Konkurrenz oder dem Feind soziale Kontakte einzugehen, gehört eben dazu. Aber spätestens im Bett wird deutlich, dass das so nicht funktionieren kann, dass ein Preis zu zahlen ist. Loyalitäten verschwimmen und Geheimnisse werden geteilt. Das bittere Erwachen für Informationen »gefickt« worden zu sein, macht die Menschen verhärmt und nur noch bereiter, beim nächsten Mal selbst so zu handeln. In »Berlin Station« geht die CIA mit dem BfV und der PfD ins Bett. Es sind nur noch Wochen bis zur Bundestagswahl und alle rechnen damit, dass die PfD mit einer zweistelligen Prozentzahl abschneiden wird. Ihre Vorsitzende, Katerina Gerhardt, dominiert die Agenda. Nicht nur hängen ihre Plakate überall, allein schon die Aussicht auf ihren Erfolg und eine mögliche Koalitionsbeteiligung unter Einschluss der PfD, bringt innen- und außenpolitische Akteure ins Schleudern. Die Agenten können ihrem eigenen Apparat nicht mehr trauen und erlauben sich Parallelaktivitäten, um insbesondere die Finanzierung der PfD und ihre Verbindungen ins neonazistische Lager aufzuklären. Immer mehr Regeln werden gebrochen, bereits ausgestiegene Agenten wieder einbezogen, Deals gemacht und unterlaufen, Geld und Waffen wechseln die Hände, Ängste und Sorgen wachsen und es fließt Blut.
Und bei allem wächst die PfD und es stellt sich die Frage wer dort wirklich das Sagen hat, die telegene Frontfrau oder der Mann in der zweiten Reihe, bei dem man immer weniger weiß, was von ihm zu halten ist.
Ganz problematisch ist die Darstellung einer terroristischen Nazizelle. Man könnte fast Sympathien für sie bekommen, haben ihre Mitglieder doch immerhin noch Ideale und Werte nach denen sie leben und handeln. Auch die Sache mit den Antifa-Fahnen gerät irgendwann durcheinander. Die würden nicht auf einer PfD-Veranstaltung wehen.
»Berlin Station« ist im Original Englisch/Deutsch, etwa 80% zu 20%. Damit ist er nicht ganz so konsequent zweisprachig wie »The Americans«, eine Serie über sowjetische Schläferagenten in den USA, die konsequent Englisch/Russisch gehalten ist. Das Deutsche wird untertitelt – spannend zu sehen, was in die Zielsprache übertragen werden kann und was nicht. Das amerikanische Englisch ist von herrlich fantasievoller Vulgarität. Vergleichbares dürfte sich kaum jemand im deutschen Fernsehen trauen.
Die Sprache und das Berlin-Setting macht die Serie für Deutsche besonders interessant. Man erlebt auch den weltweiten Berlin-Hype, hier etwas dezenter als in der ersten Staffel. Damals hatte man als Zuschauer schon das Gefühl, dass der »Berliner an sich« generell morgens um zwei halb betrunken an rauschenden Partys in Tuntenbars teilnimmt. (Man scheint doch etwas verpasst zu haben.) Hier kommt Berlin etwas kühler, aber immer noch sehenswert daher.