Ziel waren »die vier D«

geschrieben von Gerhard Fischer

5. September 2013

Zum 65. Jahrestag des Potsdamer Abkommens

Sept.-Okt. 2010

Nach dem Sieg der Antihitlerkoalition über Nazideutschland und seine europäischen Verbündeten dauerhaft Frieden und Sicherheit auf unserem Kontinent gewährleisten und einen erfolgreichen Kriegsausgang auch im Fernen Osten ermöglichen – vor diese Aufgaben sahen sich die obersten Repräsentanten der UdSSR, der USA und Großbritanniens auf ihrer Potsdamer Konferenz vom 17. Juni bis zum 2. August 1945 gestellt.

Nicht zum ersten Mal berieten sie gemeinsam über diese Fragen, an denen Existenz und Zukunft der Völker hingen. In Teheran hatten sie vom 28. November bis zum 1. Dezember 1943 über ihre Zusammenarbeit im und nach dem Kriege verhandelt, auch darüber, wie mit Deutschland verfahren werden solle. Roosevelt und Churchill legten Pläne zu seiner Teilung vor, denen Stalin nicht zustimmte.

In Jalta ging es auf der Dreimächtekonferenz vom 4. bis zum 11. Februar 1945 darum, die Aggressoren endgültig niederzuwerfen. Die »großen Drei« proklamierten: »Es ist nicht unsere Absicht, das deutsche Volk zu vernichten; aber nur dann, wenn der Nationalsozialismus und Militarismus ausgerottet sind, wird für die Deutschen Hoffnung auf ein würdiges Leben und einen Platz in der Völkergemeinschaft bestehen.«

Im Potsdamer Abkommen nun wurden diese Ziele konkretisiert, besonders in den »politischen und wirtschaftlichen Grundsätzen« für die Behandlung Deutschlands. Seinem Volk solle die Möglichkeit gegeben werden, ein Leben auf demokratischer und friedlicher Grundlage aufzubauen. Das sollte die Leitlinie dafür sein, wie die Besatzungsmächte zeitweilig die oberste Regierungsgewalt in Deutschland ausüben sollten.

Vereinbart wurden dafür Maßnahmen, die später mit dem Sammelbegriff »die vier D« bezeichnet worden sind: Demilitarisierung, Denazifizierung, Demokratisierung, Demonopolisierung. Damit wurden entscheidende Lehren aus den Erfahrungen mit dem Faschismus und aus dem Zweiten Weltkrieg gezogen.

Der deutsche Militarismus und Nazismus sind vollständig zu vernichten – so wurde es im Abkommen festgeschrieben. Sein Text ließ keinen Zweifel daran, dass mit dem Faschismus, der zu beseitigen war, sowohl die Nazipartei und ihre Gliederungen als auch die Nazi-Ideologie gemeint waren und dass das Verbot des Faschismus in Deutschland nicht allein auf die damalige Situation bezogen war, sondern für alle Zukunft sein Wiedererstehen verhindern sollte.

Die »übermäßige Konzentration der Wirtschaftskraft« in Gestalt von Kartellen, Syndikaten, Konzernen und Trusts sollte überwunden werden – so wurde die vorgesehene Zerschlagung der Monopole ausgedrückt. Kriegsverbrecher sollten bestraft, ein Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher durchgeführt werden. Das politische Leben in Deutschland und namentlich das Erziehungswesen sollten demokratisiert, der Aufbau eines demokratischen, friedlichen, unabhängigen und einheitlichen Deutschlands unterstützt werden.

Deutschland solle als wirtschaftliche Einheit betrachtet werden. Anstelle einer zentralen deutschen Regierung seien zunächst deutsche zentrale Verwaltungen für Finanzen, Transport und Verkehr, Außenhandel und Industrie zu schaffen. Deutschland wurde verpflichtet, Reparationen zu zahlen; das Abkommen bestimmte, wie sie zu erbringen und auf die Siegermächte aufzuteilen waren.

Die Oder-Neiße-Linie wurde festgelegt, die Umsiedlung der Deutschen aus Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn beschlossen. Für Italien, Bulgarien, Finnland, Ungarn und Rumänien wurde ein baldiger Abschluss von Friedensverträgen ins Auge gefasst und ein Rat der Außenminister der Großmächte gebildet, der sie ausarbeiten sowie Friedensregelungen für Deutschland und Österreich vorbereiten solle.

Das Potsdamer Abkommen bezeugte in seinem Charakter, wie sehr im Verlauf des Krieges der internationale Einfluss der Sowjetunion und der Fortschrittskräfte in aller Welt gestiegen war. Es bildete die völkerrechtliche Grundlage für ein friedliebendes Nachkriegseuropa und für die Gestaltung einer demokratischen Ordnung in ganz Deutschland.

Seine Grundrichtung stimmte mit den Anliegen der demokratischen Kräfte unseres Volkes überein; zu ihm bekannte sich schon am 12. August 1945 in Berlin der Zentrale Ausschuss der Einheitsfront der antifaschistischen Parteien. Adenauer dagegen behauptete 1946 im nordrhein-westfälischen Landtag, das Abkommen sei »die Hauptursache für die Notlage des deutschen Volkes«. So schieden sich bereits damals die Wege zu seiner Verwirklichung im Osten, seiner Missachtung im Westen Deutschlands.