Der Buchhalter des Todes

geschrieben von Janka Kluge

5. September 2013

Vor 50 Jahren wurde Adolf Eichmann hingerichtet

Mai-Juni 2012

Vor 50 Jahren ging einer der wichtigsten Prozesse gegen Naziverbrecher zu Ende. Vor dem Jerusalemer Bezirksgericht wurde vom 11. April bis zum 15. Dezember gegen den Organisator des Holocausts Adolf Eichmann verhandelt.

Eichmann war bereits 1932 in die österreichische NSDAP eingetreten. In der Urteilsbegründung, die 1967 im Athenäum Verlag erschienen ist, heißt es über die-se Zeit: »Im selben Jahr trat er unter dem Einfluss seines Bekannten Ernst Kaltenbrunner, der später der Chef des RSHA werden sollte, der nationalsozialistischen Partei bei. Im selben Jahr trat er auch der österreichischen SS (Staffel der NSDAP) bei.« Nachdem er 1933 arbeitslos wurde, zog er nach Berlin. Weiter heißt es in dem Urteil: »Im November 1933 trat er in den Militärdienst der SS-Einheit, die aus Leuten bestand, die Österreich verlassen hatten, ein und unterlag militärischer Ausbildung in den SS-Lagern Lechfeld und Dachau in Bayern. Nachdem er den Rang eines Scharführers erlangt hatte stellte er sich im Oktober 1934 zum Dienst im Hauptamt des Sicherheitsdienstes (SD) in Berlin.« 1936 wurde er in das Judenreferat beim SD versetzt. 1939 stieg er zum Leiter des sogenannten »Umsiedlungsreferats« auf. Dieses Referat war in allen von den Nazis besetzten Ländern für die Deportation der jüdischen Bevölkerung zuständig.

Nach 1945 konnte sich Eichmann über die sogenannte Rattenlinie nach Lateinamerika absetzen. Durch diese Fluchtorganisation in der auch katholische Würdenträger aktiv waren, wurden viele Funktionäre der NSDAP nach Lateinamerika und in den Nahen Osten geschleust. In Deutschland bestand kein großes Interesse, diese flüchtigen Nazis zu finden. Im Gegenteil! Immer wieder wurden von amtlicher Seite der Bundesrepublik falsche Spuren gelegt, um den wahren Aufenthaltsort von Eichmann zu schützen. Nur durch einen Zufall konnte Eichmann dann doch noch verhaftet werden. Die Tochter eines jüdischen Emigranten, der nach Argentinien geflüchtet war, hatte sich in Eichmanns Sohn verliebt. Bei einem Treffen hatte der jüdische Flüchtling den gesuchten Verbrecher erkannt. Eichmann hatte unter den Namen Ricardo Clement eine Kaninenchenzucht betrieben. Der jüdische Emigrant wandte sich mit seinem Wissen an das Simon Wiesenthal Zentrum in Wien und an den hessischen Staatsanwalt Fritz Bauer. Fritz Bauer bereitete damals bereits den Auschwitz-Prozess vor und wusste, wie schwierig es war Nazis in Deutschland vor Gericht zu bekommen und anzuklagen. Weil er befürchtete, die Bundesrepublik könnte Eichmann warnen oder untätig bleiben, gab er die Information nach Israel weiter. Hier war man sich der Bedeutung dieser Information bewusst und schickte Agenten nach Argentinien, um die Angaben zu prüfen. Nachdem sie sich als richtig erwiesen hatten, entführte ein Kommando des israelischen Geheimdienstes Mossad Eichmann nach Israel. Zwischen Israel und Argentinien bestand kein Auslieferungsabkommen.

Eichmann wurde in dem Prozess wegen vier Punkten angeklagt. 1. Verbrechen gegen das jüdische Volk, 2. Verbrechen gegen die Menschlichkeit, 3. Kriegsverbrechen und 4. Mitgliedschaft in einer verbrecherischen Organisation.

Bei dem Prozess wurden zum ersten Mal Zeugen in einem Naziprozess eingeführt. Mehr als 100 Zeugen, die meisten davon Überlebende des Holocaust, sagten vor Gericht aus. Es konnte dadurch zwar kein einziger Fall belegt werden, in dem der Organisator der Shoa persönlich einen Menschen getötet hatte, die Aussagen haben jedoch die Menschen in der ganzen Welt erschüttert und ihnen die Augen über die Verbrechen der Nazis geöffnet,

Sein Verhalten vor Gericht brachte Hannah Arendt, die für die Zeitschrift New Yorker als Beobachterin den Prozess beobachtete, zu dem Begriff der »Banalität des Bösen«. Mit diesem Begriff, der oft als verharmlosend interpretiert wurde, beschrieb Hanna Arendt vielmehr die Tatsache, dass auch die schlimmsten Verbrecher oft keine Monster sind, sondern auch eine »normale« Seite haben.

In seinem Schlusswort zeigte Eichmann keinerlei Reue. Im Gegenteil bedauerte er, nicht noch mehr Juden in die Vernichtung transportiert zu haben.

Eichmann legte gegen das Todesurteil bereits wenige Tage nach der Verkündung des Urteils ein Gnadengesuch ein. Nachdem dieser Antrag Ende Mai abgelehnt wurde, ist Adolf Eichmann am 31. Mai 1962 hingerichtet worden.