Erinnerung an Greta Kuckhoff

geschrieben von Dieter Götze

5. September 2013

Der ungewöhnliche Weg einer Widerstandskämpferin

Jan.-Feb. 2013

Greta Kuckhoff starb am 11. November 1981 in Wandlitz bei Berlin. Ihre Urne wurde in der Gedenkstätte der Sozialisten auf dem Berliner Zentralfriedhof Friedrichsfelde beigesetzt Ihre Lebenserinnerungen sind bei Amazon noch erhältlich.

Hin und wieder stößt man heute noch in Antiquariaten auf dieses Büchlein von 100 Seiten: »Adam Kuckhoff zum Gedenken. Novellen, Gedichte, Briefe.« Es erschien 1946 im Berliner Aufbau-Verlag, herausgegeben und eingeleitet von Greta Kuckhoff, der Frau Adam Kuckhoffs, der als führendes Mitglied der »Roten Kapelle«, einer der bedeutendsten antifaschistischen Widerstandsgruppen, 1943 zum Tode verurteilt und in Plötzensee hingerichtet wurde.

Der Auswahlband stand am Anfang zahlreicher anderer Bemühungen Greta Kuckhoffs, das Vermächtnis der Widerstandskämpfer für die Gestaltung einer besseren Zukunft lebendig zu erhalten. Dabei begann ihr Lebensweg unter ganz anderen Vorzeichen. Sie kam aus einem katholischen Elternhaus, in dem über Politik wenig gesprochen und noch weniger nachgedacht wurde. 1902 in Frankfurt an der Oder als Tochter eines Instrumentenbauers geboren, sollte sie nach dem Willen der Eltern Lehrerin werden – der Traum vieler »kleinen Leute«, deren Kinder es einmal besser haben sollten. Dass sie an die pädagogische Ausbildung ein Studium der Soziologie und Volkswirtschaft anschloss, das sie für zwei Jahre auch in die USA führte, war schon außergewöhnlich. Einen entscheidenden Einschnitt in ihrem Leben brachte die Begegnung mit dem Dramaturgen und Schriftsteller Adam Kuckhoff, der als scharfsinniger Publizist, erfolgreicher Theater- und Buchautor zu den intellektuellen Querdenkern der Weimarer Republik gehörte und der KPD nahestand. Weite Verbreitung hatte u.a. eine von ihm 1927 publizierte Volksausgabe der Werke des Dichters und Revolutionärs Georg Büchner gefunden, in dem Kuckhoff sein persönliches Vorbild sah. Adam Kuckhoff war entschiedener Hitlergegner, ein Antifaschist, der auch nach der Machtergreifung der Nazis 1933 bereit war, unter schwierigsten illegalen Bedingungen für die Beseitigung der Nazi-Diktatur zu kämpfen. Greta Kuckhoff hat darüber in ihren Lebenserinnerungen »Vom Rosenkranz zur Roten Kapelle« anschaulich und detailreich berichtet. Menschlich nahe standen dem Ehepaar Kuckhoff besonders Arvid und Mildred Harnack, denen Greta bereits seit ihrem Studium in den USA freundschaftlich verbunden war. Als es der Gestapo 1942 gelang, die große, in ganz Deutschland aktive Widerstandsgruppe um Harnack, Schulze-Boysen, Kuckhoff und andere aufrechte Kämpfer zu enttarnen, wurde Adam Kuckhoff mit anderen Kampfgefährten am 5. August 1943 nach Misshandlung und Folter hingerichtet, Greta Kuckhoff in zweiter Instanz zu einer zehnjährigen Zuchthausstrafe verurteilt, aus der sie im Mai 1945 von der Roten Armee befreit wurde.

Als ich sie 1957 kennenlernte – in der DDR bekleidete sie damals die Funktion der Präsidentin der Deutschen Notenbank – trat mir, dem jungen Studenten, der sich mit Adam Kuckhoffs schriftstellerischem Werk beschäftigte, eine jung gebliebene, warmherzige Genossin entgegen, die mir zahllose Tipps für meine Examensarbeit gab – obwohl manches schriftliche Zeugnis des Autors der Romane »Scherry« und »Der Deutsche von Bayencourt« nicht mehr existierte, bzw. vor dem Zugriff der Gestapo 1942/43 vernichtet worden war.

Auf Greta Kuckhoffs Anregung kam dann 1968 die große Adam-Kuckhoff-Ausstellung der Ostberliner Akademie der Künste aus Anlass des 25. Jahrestages der Ermordung der Kämpfer der »Roten Kapelle« in der Staatsbibliothek Unter den Linden zustande, u.a. mit dem Original eines jener »Offenen Briefe an die Ostfront«, in dem John Sieg und Adam Kuckhoff den Soldaten und Offizieren der Wehrmacht zuriefen: »Ich würde zusammenarbeiten mit den Partisanen. Ich würde bedenkenlos auf ihre Seite übergehen. Es ist nun einmal so, daß es Augenblicke und Situation gibt gerade für den, dessen Sympathien der Arbeiterklasse als Trägerin der künftigen Demokratie und des sozialistischen Humanismus gehören, Augenblicke, wo nicht sogenannte Klugheit des Verhaltens, des Schweigens, der geduckten Vorsicht am Platze sind, sondern Initiative und Wagemut. Ich ginge zu den Partisanen über…«