Hier geblieben!

geschrieben von Ibrahim Delen

5. September 2013

Was bringt die neue Bleiberechtsregelung?

Jan.-Feb. 2007

Viele Organisationen, u.a. Flüchtlingsorganisationen, Wohlfahrtsverbände, Kirchen, aber auch Schulen und Schüler setzen sich seit mehreren Jahren für eine großzügige Bleiberechtsregelung ein. Zu diesen Organisationen gehören auch das Aktionsprogramm „hier geblieben“ und die Initiative „Jugendliche ohne Grenzen“. Parallel zur Innenministerkonferenz in Nürnberg haben sie eine eigene Konferenz mit vielen öffentlichkeitswirksamen Aktionen abgehalten.

Weitere Infos unter:

www.hier.geblieben.net

www.jugendlicheohnegrenzen.de

www.bleiberechtbuero.de

Geduldete Flüchtlinge sind Menschen, die zur Ausreise verpflichtet sind, aber aus verschiedenen Gründen, vor allem humanitären, nicht abgeschoben werden können. Sie sind vor vielen Jahren entweder als Bürgerkriegsflüchtlinge nach Deutschland gekommen, oder sie sind Asylbewerber, deren Anträge aufgrund der restriktiven Entscheidungen des Bundesamtes und der Gerichte abgelehnt worden sind. Es gibt aber auch einige, die anerkannte Flüchtlinge waren, deren Status aber vom Bundesamt widerrufen worden ist, obwohl sie nicht abgeschoben werden können.

Leben mit Duldung heißt grundsätzlich: Arbeits- und Ausbildungsverbot, Studienverbot, Residenzpflicht, eingeschränkte soziale Leistungen, 30 % weniger als das Existenzminimum, was ALG II- Empfängern zusteht, sowie schlechte medizinische Versorgung. Dazu kommt, dass die meisten von ihnen in den Lagern oder Wohnheimen leben müssen, die außerhalb von Städten, in den Wäldern liegen. Sie werden praktisch von der Gesellschaft und Außenwelt abgeschlossen. Derzeit existieren ca. 190 000 geduldete Flüchtlinge in Deutschland. Mehr als die Hälfte lebt seit mehr als fünf Jahren hier. Die meisten Kinder und Jugendlichen sind hier geboren oder aufgewachsen. Sie kennen das Herkunftsland ihrer Eltern nicht und haben keinerlei Beziehungen zu diesen Ländern. Soweit es möglich war, sind die Kinder zur Schule gegangen und haben in einigen Fällen auch eine Berufsausbildung absolviert. Nur sehr wenige von ihnen durften schon einmal arbeiten. In den allermeisten Fällen sind sie dazu verdammt, zu Hause zu sitzen und staatliche Leistungen in Anspruch zu nehmen, obwohl sie gerne arbeiten und ihren Lebensunterhalt selbst sichern wollen. Doch die für sie geltenden Sondergesetze verbieten das.

Nach der nun in Nürnberg getroffenen Regelung bekommen „ausreisepflichtige Ausländer“ ein Aufenthaltsrecht, wenn sie sich am 17. November 2006 seit sechs Jahren (Familien mit mindestens einem minderjährigen Kind, welches den Kindergarten oder die Schule besucht), ansonsten acht Jahren, ununterbrochen in Deutschland befinden und in einem dauerhaften Beschäftigungsverhältnis stehen, wodurch der Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel gesichert ist. Von der vollständigen Sicherung des Lebensunterhalts kann in eng begrenzten Ausnahmefällen abgesehen werden. Für kranke oder alte Menschen gibt es allerdings keine Ausnahmen.

Bedenkt man, dass die meisten Geduldeten und Asylbewerber nicht arbeiten dürfen, ist klar, wie groß der Kreis der Betroffenen sein wird. Zwar besteht die Möglichkeit, bis zum 30. September 2007 eine Arbeit zu finden, das ist aber aufgrund weiterer Umstände (zum Beispiel der Residenzpflicht) sehr schwierig. Außerdem sind jede Menge Ausschlussgründe vorgesehen, die die Regelung noch restriktiver machen. Letztendlich bedeutet der Beschluss für die meisten Geduldeten weiter Angst vor der Abschiebung und ein Leben mit vielen Verboten. Diese Regelung wird nur einem kleinen Teil ein Aufenthaltsrecht bringen und das Problem der unwürdigen Duldung nicht lösen. Es gibt jedoch noch Hoffnung, denn der Gesetzgeber will im Rahmen des 2. Änderungsgesetzes zum Zuwanderungsgesetz eine gesetzliche Bleiberechtsregelung beschließen.

Erforderlich ist tatsächlich eine großzügige Bleiberechtsregelung, die ihren Namen auch verdient. Wer das Problem der so genannten „Kettenduldungen“ ernsthaft lösen will, muss nicht nur eine Stichtagsregelung, sondern eine permanente gesetzliche Bleiberechtsregelung schaffen. Dies sollte vor dem Hintergrund geschehen, dass die Zahl der Flüchtlinge drastisch sinkt und es in den meisten Fällen es um Kinder und Jugendliche geht, die eigentlich schon in Deutschland zu Hause sind.