Mit Gott gegen Demokratie

geschrieben von Janka Kluge

5. September 2013

Piusbrüder und andere Fundamentalisten sind auch in der BRD aktiv

Sept.-Okt. 2011

Letztes Juli-Wochenende in Stuttgart: Während tausende Schwule, Lesben und Transgender auf dem schon traditionellen Christopher Street Day für ein selbstbestimmtes Leben demonstrieren, hat sich am Rande eine kleine Gruppe fundamentalistischer Christen versammelt, um gegen die Parade zu beten.

Die Gruppe gehört zum Umfeld der Piusbrüder. Die rechtsextreme Priesterbruderschaft St. Pius X. war 1970 von dem französischen Erzbischof Marcel Lefebvre gegründet worden. Sein Ziel war es, der zaghaften Öffnung der katholischen Kirche nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) etwas entgegenzusetzen. Die Piusbrüder hielten an den alten Riten und Lehren fest.

In der Öffentlichkeit wurde die Piusbrüder durch die Auseinandersetzung um ihren Bischof Richard Williamson bekannt. Er trat 1972 in das Priesterseminar der Gruppe ein. 1988 wurde er zum Bischoff der Piusbrüder gewählt. Weil Lefebvre keine Genehmigung hatte, selbstständig Bischöfe zu ernennen, wurde die Bruderschaft in der Folge aus der Kirche ausgeschlossen. Nachdem der konservative deutsche Kardinal Joseph Ratzinger zum Papst gewählt wurde und nun als Papst Benedikt die katholische Kirche führt, war eine seine erste Amtshandlung, Gruppen wie die Piusbrüder wieder zurück in die Kirche zu führen. Am 21. Januar 2009 hob die Kongregation der deutschen Bischöfe die Exkommunikation der vier Bischöfe der Piusbrüder auf. Williamson war gleichzeitig in die Schlagzeilen geraten, weil er am selben Tag in einem Interview für das schwedische Fernsehen den Holocaust geleugnet hatte. »Ich glaube, dass es gar keine Gaskammern gab (…) Ich denke, das 200.000 bis 300.000 Juden in nationalsozialistischen Konzentrationslagern umgekommen sind (…) aber keiner von ihnen durch Gaskammern.« (Alle Zitate aus Wikipedia »Williamson«). Papst Benedikt tat so, als ob er nichts von der antisemitischen Überzeugung des Bischofs wusste. Wie unwahrscheinlich das ist, belegt die Tatsache, dass Williamson bereits öfters den Holocaust geleugnet hat. Bereits 1989 hat er bei einer Predigt in Kanada den Holocaust als eine Erfindung der Juden bezeichnet. Spiegel Online zitierte am 3. Februar 2009 aus dieser Predigt: »Dort wurden keine Juden in den Grabkammern getötet! Das waren alles Lügen, Lügen, Lügen! Die Juden erfanden den Holocaust, damit wir demütig auf Knien ihren neuen Staat Israel genehmigen. (…) Die Juden erfanden den Holocaust, Protestanten bekommen ihre Befehle vom Teufel, und der Vatikan hat seine Seele an den Liberalismus verkauft.«

Im Juli 2011 wurde Richard Williamson vom Landgericht Regensburg in einer Berufungsverhandlung wegen der antisemitischen Äußerungen im schwedischen Fernsehen zu einer Geldstrafe von 6500.- Euro verurteilt.

Mit seinen Positionen steht Bischof Williamson in fundamentalistischen katholischen Kreisen nicht allein da. Der in Köln lebende Theologe David Berger war viele Jahre Teil der katholisch-faschistischen Gruppen und Netzwerke. Nach dem Bruch mit diesen Gruppen, unter anderem weil er seine Homosexualität nicht mehr leugnen wollte, hat er in einem Buch (»Der heilige Schein« Ullstein Verlag 2010) über seine Erfahrungen berichtet. Er beschreibt wie ein reicher Düsseldorfer Industrieller regelmäßig zu sogenannten »Herrenrunden« in seine Villa einlud. Neben Vorträgen werden Geld gesammelt und Strategien besprochen. Zu den Vortragenden gehören auch Redner, die eindeutig dem neonazistischen Spektrum angehören. Einer von ihnen war Walter Marinovic. Der österreichische Lehrer trat mehrfach auf Veranstaltungen der NPD auf. Im April 2010 deckte das Fernsehmagazin Monitor auf, dass er zu einer Vortragsreise bei den Piusbrüdern eingeladen worden war. Berger zitiert in seinem Buch eine Äußerung des Moraltheolgen Eberhard Schockenhoff zu dieser Einladung: »Diese Aktivitäten der Piusbruderschaft im deutschen Sprachraum belegen eindeutig ein weltanschauliches Amalgam von faschistischen, ehemals nationalsozialistischen Aussagen. Diese Aussagen führen unter dem Deckmantel der Piusbruderschaft noch ein weiteres Leben und finden öffentliche Verbreitung.«

Besonders brisant wird diese Ausrichtung der Piusbrüder, weil sie mehrere Schulen in Deutschland betreiben. In einem Artikel der Süddeutschen Zeitung vom 30.3.2009 ist über die Selbstdarstellung des Theresien-Gymnasiums in Ruppichteroth-Schönenberg (NRW) zu lesen: »Hier sollen die Glaubenswahrheiten unverletzt und unvermittelt vermittelt werden, wie sie in der erhabenen und prägenden Liturgie der alten heiligen Messe ihren höchsten Ausdruck findet.« Eine harmlose Umschreibung für die Erziehung zu katholischem Fundamentalismus.