Mit Tatkraft und Kunst

geschrieben von Jürgen Schuh

5. September 2013

Eine Ausstellung über Lya und Hanns Kralik in Paris

Nov.-Dez. 2010

Hanns Kralik (1900-1971) und seine Frau Lya (1901-1981) haben zur Zeit im Foyer le Pont in Paris, dem Gästehaus der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste, freundliches Asyl gefunden – mit einer Ausstellung über beider Leben und Werk. Mehr als 50 Arbeiten und Dokumente umfasst die Präsentation, zusammengetragen von der VVN-BdA Düsseldorf, die das Leben und Wirken von Lya und Hanns Kralik dokumentiert. Beide waren Kommunisten und aktiv im antifaschistischen Widerstandskampf. Ermöglicht wurde die Ausstellung durch die evangelische Kirche des Rheinlands, das Länderbüro der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e.V. und die VVN-BdA Düsseldorf.

Christian Drägert (Präsident der Assoziation Foyer le Pont) eröffnete die Schau und erinnerte daran, dass Hanns im Faschismus mehrfach, darunter zeitweise im KZ Börgermoor, inhaftiert war. Die illegale politische Arbeit führte das Paar über die Niederlande nach Frankreich, wo sie bis zur Befreiung in der Résistance kämpften. Hanns Kralik war Künstler, seine Frau eine geschickte Organisatorin. Durch Zufall entgingen sie den ständig drohenden Gefahren, fristeten ihr Leben unter falschen Namen, wurden im Vichy-Frankreich interniert. Dennoch kannte man sie ständig wirkend: künstlerisch und politisch. Drägert weiter: »Im Verlauf der illegalen Arbeit im Raum Lyon haben die Kraliks die Bekanntschaft mit Menschen gemacht, die ihnen ideologisch eher fremd, aber im Kampf gegen den Faschismus verbunden waren. Einer davon war der reformierte Pfarrer Joseph Bourdon aus Mende, der Widerstandskämpfern sowie jüdischen Flüchtlingen in kirchlichen Räumen Schutz gewährte und sie mit gefälschten Ausweisdokumenten versorgte«.

Als Sprecher der VVN-BdA Düsseldorf verwies ich in meinem Eröffnungsbeitrag auf die Kunstfertigkeit von Hanns, der zum Beispiel Henny Dreifuss ihre illegalen Papiere verdankte. Das vielfach unbekannten Kapitel deutsch-französischer Freundschaft dieser Zeit wurde mit Blut und Tränen geschrieben.

Im Zentrum der Ausstellung steht der Koffer (siehe Rücktitel), mit dem Lya und Hanns Kralik nach der Befreiung ihre wenigen Habseligkeiten von Paris in ihre alte Heimat Düsseldorf expedierten. Als Ausstellungsvitrine gestaltet enthält er ein vielleicht letztes erhaltenes Exemplar von Zigarettenpapierbildchen, gerichtet an die deutschen Soldaten, und die Kopie eines 50 Seiten umfassenden Rechenschaftsberichtes des Kulturdezernenten Hanns Kralik über fünf Jahre seiner Bemühungen um den Wiederaufbau des kulturellen Lebens seiner Stadt Düsseldorf.

Zahlreiche Kunstwerke Kraliks gingen verloren. Was die Nazis 1933 in Düsseldorf an Arbeiten und Dokumenten nicht zerstört hatten, zertrampelten SS-Stiefel in der Pariser Wohnung. Die handwerkliche, politische und künstlerische Bandbreite des Schaffens von Hanns Kralik kann nur bruchstückhaft wiedergegeben werden. Doch trotz aller Verluste ermöglicht die Ausstellung einen Einblick in sein umfangreiches Schaffen. Und nicht zu vergessen auch in die Arbeit von Lya Kralik, die gemeinsam mit Heinrich Mann die »Deutsche Freiheits-Bibliothek« aufbaute, um die Arbeiten der besten Köpfe der deutschen Literatur, die im faschistischen Deutschland bei den Bücherverbrennungen ein Opfer der Flammen geworden waren, wieder zugänglich zu machen.

Hanns Kralik wurde 1951 wie tausende anderer KPD-Mitglieder auf Grund des berüchtigten Adenauer-Erlasses »aus dem Dienst entfernt«. Sein Engagement gegen die Remilitarisierung und gegen Nazis, die wieder in führende Positionen drängten, war unerwünscht. Da führte z.B. SS-Kommandeur Lammerding aus Düsseldorf, der wegen seiner maßgeblichen Beteiligung an den Massenmorden von Oradour und Tulle in Bordeaux zum Tode verurteilt worden war, ein unbehelligtes Leben in seiner Heimatstadt und genoss seine ansehnliche Pension.

Wir erinnern an Heinrich Heine, der in Paris seine letzte Ruhe fand: »Wenn wir es dahin bringen, dass die große Menge die Gegenwart versteht, so lassen die Völker sich nicht mehr von den Lohnschreibern der Aristokratie zu Hass und Krieg verhetzen, das große Völkerbündnis, die heilige Allianz der Nationen kommt zustande…!« Diese Ausstellung möge dazu ein wenig beitragen.

Wir hoffen, die Schau im nächsten Jahr auch in Moers, wo Hanns aufgewachsen ist, wo er Stahl- und Bergarbeiter war und in Düsseldorf , wo Lya und Hanns Kralik nach 1945 wirkten, präsentieren zu können.