Nazi-Zombies

geschrieben von Terra Romero Tarantino, z.Z. Geschäftsführer der Berliner VVN-BdA

5. September 2013

The deadliest enemy is one, that won’t die: Filme mit weltweitem
Publikum

März-April 2013

»They’re us«, Zombies sind wie wir, dieser Ausspruch stammt aus dem Horrorfilm-Klassiker »Day of the Dead« (USA 1985) gedreht vom unbestrittenen Godfather des Zombie Genres, George A. Romero. Mit gebücktem Gang, hängenden Schultern, krummen Rücken – Zombies haben eine schlechte Körperhaltung – machen dort untote Nachbarn Jagd auf friedliche Bürger, deren Gedärme ihnen als Nahrung dienen sollen. Ist der brave Nachbar erst einmal erlegt, verwandelt auch er sich in einen Untoten. Zugleich aber wird die schützende Shopping Mall (z. B in »Dawn oft he Dead«, USA 2004), in die sich die letzten Überlebenden der Menschheit vor dem Ansturm der Zombies flüchten, zu einem Panorama gesellschaftlicher Abgründe. Nicht etwa Solidarität und Kooperation bestimmen das Zusammenleben der »Restgesellschaft«, sondern die Angst um die eigene Sicherheit. Der Überlebenskampf erzeugt zwischen den Charakteren ein Klima der Feindseligkeit und Vereinzelung. Die Auseinandersetzung mit den Untoten und »Nichtmenschen« wird meist mit großkalibrigen Feuerwaffen geführt, denn Zombies können nur durch Kopfschüsse »unschädlich« gemacht werden, Dabei zelebrieren die Eingeschlossenen ein ausgeprägtes Herrenmenschentum und blanken Sadismus. Die Zombies erscheinen als verelendete, willen- und hoffnungslose Masse, eher Opfer als Täter,

Ganz anders sind die Nazizombie-Filme angelegt. Die Opfer der untoten bzw. wiedererweckten Nazis werden brutal umgebracht und bleiben auch tot. Die Nazizombies tragen nicht Jeans oder T-Shirt, sondern bevorzugt SS- und Wehrmachtsuniform. Sie gehören und gehörten nicht zu »uns«. Die Gemetzel werden auf den Schlachtfeldern der historischen Nazitäter ausgetragen. So spielt »Zombie Lake« (Frankreich/ Spanien, 1981) im ehemals besetzten Frankreich. Dort tauchen SS-Zombies aus einem See wieder auf, in den die örtliche Resistance 1944 ihre Leichen versenkt hatte. In »Zombies of War« kämpfen amerikanische GI’s in den Ardennen gegen das letzte Aufgebot von einem deutschen Wissenschaftler künstlich »zombiefizierter« Wehrmachtssoldaten. Das Motiv wird auch in »Outpost – Zum Kämpfen geboren« (Großbritannien 2001) variiert. Ein Söldnertrupp entdeckt in einer sowjetischen Ex-Republik einen deutschen Wehrmachtsbunker. Sie stoßen auf die Hinterlassenschaften medizinischer Experimente der SS, unbesiegbare menschliche Kampfmaschinen in SS-Uniform. In der Horrorkomödie »Dead Snow«(Norwegen, 2009) entdeckt eine Gruppe junger Medizinstudenten auf einem Winterausflug in einer Hütte eine Kiste Nazigold und erweckt dadurch eine Horde Nazizombies zum Leben. Die ehemaligen Wehrmachtsbesatzer waren auf der Flucht in den norwegischen Bergen ums Leben gekommen. Im furiosen finalen Kampf werden gegen die Nazizombies neben Schrotflinten und Motorsägen auch Hammer und Sichel zum Einsatz gebracht. Aber auch das Symbol des historischen Siegers über den deutschen Faschismus und die durchaus den Zuschauer befreiende Gewalt (Tarantinos »Inglourious Basterds«, USA 2009 lassen grüßen) bringen nicht die Erlösung. Nazi- Zombiefilme kennen kein Happy End. Immerhin wurde der Film auf dem Neonazi Internetportal Altermedia als antideutsches norwegisches Machwerk gehandelt

Im beliebten Egoshooter Videospiel »Call of Duty«, das weltweit von Millionen von Jugendlichen gespielt wird, gibt es mittlerweile einen »Zombie-Modus«. Hier kann und muss der Spieler im Sekundentakt Nazi(!)zombies in den Kopf schießen, anders sind die nämlich auch hier nicht »totzukriegen«. Und schaut man sich im Internet um, finden sich außerdem abertausende Amateurfilme aus aller Welt, in denen Nazizombies lustvoll »umgelegt« werden.

Die oben beschriebenen Filme werden von einem weltweiten Publikum konsumiert. Der Nazi in der Populärkultur ist also oft eher ein Zombie als Eichmann oder Himmler. Er wird nicht verherrlicht oder verehrt, aber auch nicht sonderlich ernst genommen.

Die verschiedene Formen fiktionaler und dokumentarischer Darstellungen von Faschismus und Holocaust liegen schon lang nicht mehr in den Händen von antifaschistischen Künstlern oder Historikern. Sie haben sich verselbstständigt und längst eindeutigen Auslegungen entzogen. Nazizombies sind für eine antifaschistische Erinnerungsarbeit durchaus eine Herausforderung. Alte und neue Nazis bleiben Untote, das klar zustellen bleibt unser Job.