Spanienkrieg und Résistance
5. September 2013
Stationen im Leben der Marta Strasser
Nov.-Dez. 2010
Nach dem Verbot der KPD 1956 siedelten Josef und Marta Strasser in die DDR über. Hier wurden die im Adenauer-Deutschland Verfolgten für ihren antifaschistischen Widerstand geehrt. Marta erhielt, neben den in der DDR üblichen Medaillen, die Florence-Nightingale-Medaille des Internationalen Roten Kreuzes für ihren Einsatz als Sanitäterin im Spanischen Bürgerkrieg. Marta Straser starb am 19. Januar 2002.
Vor nunmehr 100 Jahren, am 21.11.1910 wurde Marta Decker in Wiebelskirchen, im Saarland geboren. Ihr Vater, Wilhelm Decker, arbeitete in der örtlichen Kohlengrube unter Tage. Ihre Mutter, Wilhelmine, war Hausfrau und brachte in der Zeit vor, während und nach dem Ersten Weltkrieg zehn Kinder zur Welt, fünf Mädchen und fünf Jungen, von denen einer ein paar Wochen nach der Geburt verstarb. Die Familie lebte stets in Not und kämpfte ums Überleben.
Nach Abschluss der achten Klasse Volksschule ging Marta in der Landwirtschaft der Umgebung arbeiten, um den Familienhaushalt zu entlasten. Hierbei lernte sie vor allem eins, nämlich arbeiten. Und sie begann, sich politisch zu engagieren. Vorbild war ihr dabei ihr Vater, ein Anhänger Bebels und Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Marta wurde Mitglied in der SAJ (Sozialistische Arbeiterjugend), dann im SPD-nahen Arbeiter-Samariter-Bund, wo sie Maßnahmen der ersten Hilfe erlernte, und letztlich Mitglied der SPD des Saarlandes.
In der SAJ lernte sie auch ihren ersten Ehemann, Hermann Drumm, kennen. Er hatte 1927 die Ortsgruppe der SAJ in Wiebelskirchen gegründet und die politische Jugendarbeit gemeinsam mit der Ortsgruppe des Kommunistischen Jugendverbandes (KJVD) organisiert. Das Saarland stand seit dem Versailler Vertrag unter dem Mandat des Völkerbundes und wurde von Frankreich verwaltet. Deshalb waren alle politischen Entwicklungen sowohl in Deutschland, insbesondere die Machtergreifung der Faschisten, als auch in Frankreich, z.B. das Erstarken der Linken und linke Einheitsbestrebungen am Anfang der 30-er Jahre, Gegenstand ständiger Debatten in beiden Jugendverbänden und Parteien. Hermann setzte sich besonders für die Vereinigung der vor Ort konkurrierenden Gewerkschaftsverbände ein.
Bei der im Januar 1935 vom Völkerbund auf Drängen Hitlers anberaumten Volksabstimmung über einen Verbleib der Saar unter Mandat des Völkerbundes oder ihren Anschluss an (Nazi-) Deutschland entschieden sich 90,4 Prozent der Saarländer für den Anschluss an Hitler-Deutschland. Viele Nazigegner, die schon genau wussten was deutsche KZs waren, flohen daraufhin über die französische Grenze – so auch Marta und Hermann. In Frankreich wurden sie in Lagern gesammelt und später auf verschiedene Orte des Landes als Arbeitskräfte verteilt. Marta und Hermann waren zunächst in Carcassonne, dann bei der Weinlese an der Gironde und zuletzt im Steinkohlebergbau des Puy de Dome eingesetzt.
Im Sommer 1936 erfuhren sie von der Bitte der spanischen Republik, ihr Hilfe gegen den Putsch Francos zu leisten. Sie entschlossen sich, gemeinsam nach Spanien zu gehen. Durch die Internationale Rote Hilfe erhielt Herrmann die Möglichkeit dazu. Marta wurde wegen mangelnder Qualifizierung abgewiesen, erhielt aber gleichzeitig die Möglichkeit, einen Kurs als Sanitäterin beim Roten Kreuz zu belegen, den sie erfolgreich absolvierte. Danach durfte sie im Februar 1937 ebenfalls nach Spanien. Auf dem schwierigen Weg dorthin lernte sie ihren späteren zweiten Mann, Josef Strasser, kennen, einen bayerischen Kommunisten, der schon 1933 in die Sowjetunion emigriert war.
In Spanien wurde Marta im Hospital der XI. Internationalen Brigade als Hilfsschwester eingesetzt. In wenigen Tagen durchlief sie alle Stationen dieser Einrichtung; von der Arbeit in der Wäschekammer, über das Holen von Verwundeten von der Front bis zur Hilfe bei komplizierten Operationen. Das Elend des Krieges erschütterte sie tief. Sie half, neue Lazarette in und um Albacete einzurichten. All dies ohne Fachkenntnisse, ohne die Landessprache oder andere Fremdsprachen zu beherrschen und nur auf ihren guten Willen zu helfen, auf ihre Arbeitsfähigkeit und auf ihre Menschenliebe gestützt.
Gleichzeitig quälte sie die Sorge um ihren Mann, der an der Front kämpfte. Sie erfuhr, dass er verwundet wurde und bat darum, ihn besuchen zu dürfen. Als er in Alicante zur Genesung weilte, erhielt sie 36 Stunden Urlaub. Davon verbrachte sie 16 bei ihm, der Rest war für die Reise erforderlich. Bei diesem Treffen wurde Marta schwanger. Hermann, kurz darauf zum Offizier ausgebildet, ging wieder an die Front und fiel am 1. September 1937 in Belchite, drei Monate bevor sein Sohn geboren wurde, der den Namen seines Vaters erhielt. Marta überstand Geburt, Kindbettfieber und Typhus. Sie wurde aus dem Hospital entlassen und betreute anschließend elternlose spanische Kinder in einem Heim der Interbrigaden. Im August 1938 schickte man sie völlig erschöpft mit ihrem Kind nach Frankreich zurück. Bei einer Familie in Paris wurden beide gesund gepflegt. Als das faschistische Deutschland Frankreich überfiel, wurden sie nach Zentralfrankreich evakuiert, wo sie befreundete Saarländer, aber auch Josef Strasser wieder traf. Er wurde Martas zweiter Mann und Hermanns Ziehvater. Nachdem sie auf dem Lande einen Fluchtpunkt gefunden hatten, traten Marta und Josef in die französische Résistance ein, in der sie bis zum Sieg über die deutschen Faschisten kämpften.