Wundersame Gemeinschaft

geschrieben von Ulrich Sander

5. September 2013

Die Religionen, das Grundgesetz und die Würde des Menschen

Nov.-Dez. 2010

Als Roland Koch die Herkunft des zusammen gegaunerten Parteivermögens der Hessen-CDU mit »jüdischen Vermächtnissen« beschrieb, waren noch allgemeines Erstaunen und auch Entrüstung zu hören. Nun erfahren wir, dass dieses ganze Land eine wundersame christlich-jüdische Wertegemeinschaft darstellt. So sagen es Präsident und Kanzlerin. Seit tausend Jahren herrsche hier eine Art Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit. Sechs Millionen Juden umzubringen, war also gar kein Mord, sondern eine teilweise Selbstentleibung?

Der Bundespräsident erklärt Kochs Erbe damit für legitim. Im Rahmen der Testamentseröffnung am 3. Oktober, dem Tag der deutschen Einheit, drückte er auch gleich die Muslime mit ans Herz. Das ging der CSU allerdings zu weit, sie ließ durch ihren Seehofer erklären, es sollten nun keine Muslime mehr hereingelassen werden, die passten nicht zu uns. Im Fernsehen sah man dazu Menschen in seltsamen bayerischen Trachten Bier trinkend um Möbel herumsitzen, die Stammtische heißen, und sie brabbelten etwas gegen Menschen in seltsamen muslimischen Gewändern und dass der Seehofer es denen endlich mal gegeben habe.

Doch Herr Wulff betont weiter: Er sei der Präsident aller Deutschen, auch der der Muslime,(soweit sie sich bis hierher durchgeschlagen haben, versteht sich).

Na prima. Wie wär’s denn mal mit dem Grundgesetz? Die Würde des Menschen ist da beschrieben, nicht nur die der Deutschen mit Konfession. Zu diesem Land gehören nicht nur Christen mehrerer Sorten, Juden und Muslime, sondern auch Atheisten und Sozialisten, Roma und Sinti, einfach alle Menschen, die hier leben. Und zwar nicht nach der Gnade des Präsidenten, sondern nach der des Grundgesetzes.

Und was die Würde des Menschen anbelangt, sollten wir es mit Friedrich Schiller halten: »Nicht mehr davon, ich bitt euch! Zu essen gebt ihm, zu wohnen; habt ihr die Blöße bedeckt, gibt sich die Würde von selbst.«