Lachen am offenen Grab?
13. Januar 2014
Die Hofers und ihr Kabarett in Theresienstadt
Zu den für Nachgeborene schwer nachvollziehbaren Phänomenen der faschistischen Konzentrationslager gehört die Tatsache, dass sich Häftlinge trotz der unmenschlichen Lebensbedingungen auf unterschiedliche Weise künstlerisch betätigten. Nicht nur in den so genannten »Häftlingskapellen«, die sich manche Lagerführer hielten, sondern auch aus eigenem Antrieb. Von den Wachmannschaften gefördert, geduldet oder ganz im Verborgenen, entstanden Lieder, Gedichte, Zeichnungen, ja ganze Theateraufführungen, wie die im Sommer 1943 in Dachau mit Erwin Geschonneck als blutrünstigem Ritter Adolar (siehe antifa September/Oktober 2012). Beliebt waren auch kleine Formen, wie das Kabarett. Kunst als Überlebensmittel, als Widerstand, als Instrument der Verdrängung, als Apologetik der Verhältnisse- oder ein Amalgam aus all dem?
Wem einfache Antworten nicht ausreichen, der findet in Hannelore Rabes Broschüre »Die Hofers. Theresienstadt – Kabarett – Rostock«, herausgegeben von der VVN-BdA Rostock, jede Menge Anregungen und Stoff zum Weiterdenken. Hans und Lisl Hofer gehören zu den Opfern des Faschismus, die auf dem Neuen Friedhof in Rostock begraben sind. Doch bevor beide ihre künstlerische Laufbahn am Volkstheater Rostock beendeten, hatten sie als jüdische Wiener Künstler ein bewegtes und schweres Leben zu bestehen, dessen dunkelster Abschnitt in den Jahren von 1942 bis 1944 im Ghetto Theresienstadt lag. Er endete mit der Deportation beider nach Auschwitz.
Theresienstadt, von den Nazis zum Sammellager für mehr als 140 000 europäische Juden gemacht, wurde von einem jüdischen Ältestenrat verwaltet. Dieser förderte ein reges kulturelles Leben. Hans Hofer gehörte zu den aktivsten Theatermachern, er schrieb Texte, führte Regie und hatte ein eigenes Kabarett. Im Sommer 1944 assistierte Hofer seinem Mithäftling Kurt Gerron bei den Dreharbeiten zu dem berühmt- berüchtigten Propagandafilm »Theresienstadt – ein Dokumentarfilm aus dem jüdischen Siedlungsgebiet«. Der Bericht, den er 1968 über diese Dreharbeiten für das Buch »Theresienstadt« des Europaverlages Wien schrieb, ist im Dokumentenanhang der Broschüre nachzulesen- ein eindrucksvolles historisches Dokument über einen Vorgang, den heute nur noch wenige vom Hörensagen kennen.
Die Widersprüchlichkeit künstlerischer Betätigung unter den Bedingungen völliger Rechtlosigkeit herausgearbeitet zu haben, ist der große Vorzug der Broschüre. Er wiegt ihre konzeptionellen Probleme, eine Verbindung aus biographischem Erzählen, historischen Quellen und eigenen Gedanken der Autorin herzustellen, bei weitem auf.