Von Apfel zu Lucke?

geschrieben von Thomas Willms

27. Januar 2014

Umformierungen im rechten Lager

 

Auf diesen schönen Dienstag, den 3. Dezember 2013, hat man lange warten müssen. Ein Kurier lieferte den Antrag des Bundesrates auf Verbot der NPD beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ab. Die Vorgeschichte und das endlose Hin und Her sind bekannt. Über sie ist in dieser Zeitschrift oft genug berichtet worden, mehr noch: diese Zeitschrift und die sie tragende Organisation, ihre Mitglieder und Freunde sind Teil des Prozesses, die diesen Dienstag ermöglicht haben. Natürlich werden sich im Erfolgsfalle andere das Verdienst anheften und schon immer dafür gewesen sein wollen. Egal. Die VVN-BdA kann sich freuen, dass ihr Anliegen unter weitaus besseren Umständen als beim ersten Mal verhandelt werden wird.

Ein Kurier liefert den NPD Verbotsantrag beim Verfassungsgericht in Karlsruhe ab (Foto: dpa).

Ein Kurier liefert den NPD Verbotsantrag beim Verfassungsgericht in Karlsruhe ab (Foto: dpa).

Auf den schönen Dienstag folgte am 19. Dezember gleich noch ein schöner Donnerstag als Holger Apfel von seinen wichtigsten Ämtern zurücktrat. Nicht nur war ihm das ewige Ränkeschmieden der beiden anderen Platzhirsche Pastörs und Voigt zuviel geworden, auch »die zwei Jahre währende Debatte um ein NPD-Verbot« hätten ihn »stark belastet« und zu einem »Burnout« geführt, der so stark zu sein schien, dass ihm sogar eine englische Vokabel in den Abschiedstext geraten ist. Dass mit Apfel einer der zweifellos fähigsten deutschen Neonazi-Anführer unter dem Druck einknickt, zeigt welch verheerende Auswirkungen allein die Vorbereitung eines Verbotsverfahrens auf die Kader hat. Illegalität ist Mist, wenn man die Macht ergreifen will. Das wissen Praktiker wie Apfel am allerbesten.

Zu seinem Verzagen hat aber vielleicht auch der Blick nach England beigetragen. Der englische (eigentlich nicht britische) Neofaschismus ist ein traditioneller Partner und Bezugspunkt der NPD. Ganz ähnlich wie die NPD in Deutschland hatte sich die gleichfalls ideologisch »harte« und eindeutige »British National Party (BNP) unter Nick Griffith gemausert, Mitglieder gewonnen und deutliche Wahlerfolge eingefahren. Auch in England ging es aber 2013 mit Pleiten und Pannen rapide bergab für die parteiförmig organisierten Faschisten. Gut organisierte antifaschistische Kampagnen machten ihnen das Handeln zunehmend schwer. Wesentliche Ursache der Wählerverluste war aber dort eine fundamentale Verschiebung im rechten politischen Spektrum, nämlich der Aufstieg der rechtspopulistischen »United Kingdom Independence Party« (UKIP) zwischen Konservativer Partei und BNP mit dem irrlichternden Nigel Farage als Anführer. Der UKIP, bestehend aus »verkappten Rassisten und Schwulenfeinden« wie David Cameron sie apostrophierte, wird allgemein ein Erdrutscherfolg bei den Europawahlen zugetraut, auf Kosten der faschistischen wie der konservativen Partei. Nicht nur die BNP, auch die Tory-Partei ist dadurch in eine Zerreißprobe geraten. Immer stärker formieren sich in Camerons eigener Partei Europafeindlichkeit, Einwanderungsphobien, Antiliberalismus und allerlei irrationale Stimmungsmache.

Dieses Szenario scheint zeitverzögert auch in Deutschland zu entstehen. Die selbsternannte »Alternative für Deutschland« zwischen NPD und CDU/CSU/FDP hat das Potential, ähnliche Effekte bei uns auszulösen. Der direkt auf die von den Mainstream-Medien hofierte AfD zurückzuführende Untergang der FDP ist ein Menetekel, das man gar nicht ernst genug nehmen kann.

Der ideologische Formierungsprozess der Afd ist noch nicht abgeschlossen. Es ist kein Zufall, dass ein wichtiger innerparteilicher Streitpunkt der AfD eben ihr Verhältnis zur UKIP ist, mit der Parteivorsitzender Lucke (noch) nichts zu tun haben möchte. Die AfD-Anführer um Lucke wollen nämlich den Stempel »Rechtspopulismus« dringend vermeiden. Warum eigentlich?

Das NPD-Verbotsverfahren gilt zwar einer konkreten politischen Formation, betrifft aber inhaltlich das, was man generell als Rechter »sagen darf«. Wird die Nähe zu den Inhalten der NPD zu deutlich, gerät man in die Nähe zu einer potentiell eben verbotenen und kriminellen Organisation. Wer also der AfD schaden will, muss das NPD-Verbot befördern.