Mit Wimmelbild und Hörstationen

geschrieben von Thomas Willms

9. Mai 2014

Die neue Neofa-Ausstellung der VVN-BdA kommt

 

Auf dem Bundeskongress der VVN –BdA in Frankfurt/Main wird, wenn nichts Gravierendes dazwischenkommt, die neue Ausstellung »Neofaschismus in Deutschland« vorgestellt. Es handelt sich um die mittlerweile sechste Fassung, an der zwei Jahre gearbeitet wurde. Zum Team gehören die Bundeskommission Neofaschismus, Autoren, ein Jurist, ein Layouter, ein Zeichner, Sprecher, Tonkünstler und Web-Designer unter der Leitung von Axel Holz und Thomas Willms. Die gewerkschaftliche Unterstützung ist dieses Mal stärker denn je. Die IG Metall, ver.di Nord und die GEW Hamburg unterstützen uns vielfältig. Der Hans Frankenthal-Preis der Stiftung Auschwitz-Komitee, den wir 2013 erhielten, hat uns gleichfalls sehr geholfen.

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Es wurden nicht nur beinahe alle Fotos und Dokumente ausgetauscht und durch neuere ersetzt, sondern auch Entwicklungen aufgenommen, die in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen haben. Stichworte dafür sind NSU, Rechtspopulismus, Antiziganismus und Reenactment. Am ausführlichsten wurde (auch im Bundesausschuss der VVN – BdA), die neue Tafel »Ostgeschichte« diskutiert. Wir mussten nämlich zugeben, dass man selbst der fünfte  Ausstellungsfassung noch ihre ursprüngliche Herkunft aus Westdeutschland ansah. Die DDR hat es in ihr nicht gegeben, weder im positiven noch im negativen Sinne. Die Lösung besteht nun darin, je eine Tafel zur West- und Ostgeschichte zu zeigen, die das Spannungsverhältnis von jeweiliger Staatsdoktrin, Staatsverhalten und gesellschaftlicher Realität thematisiert. Für den Westen wird das uns bekannte Globke & Gehlen-Thema konfrontiert mit den antifaschistischen Studentenprotesten der 1960er Jahre. Im Osten steht der erklärte Antifaschismus im Kontrast zu suboffiziell vorhandenen rassistischen und nazistischen Einstellungen in der Bevölkerung, die nach 1990 in Lichtenhagen und anderswo explodierten.

Ausgangspunkt der Planungen waren aber auch praktische Erfahrungen, die mit der fünften Fassung gewonnen wurden. Aus dem Rezeptionsverhalten der Mehrheit der Besucherinnen und Besucher wurden weitreichende Folgerungen gezogen. Das einheitliche Erscheinungsbild der Tafeln wurde, um das Problem der Ähnlichkeitshemmung zu lösen, zugunsten einer Variation in Format und Material aufgegeben; nur dass Alles trotzdem in die bekannten postfreundlichen Transportkisten passen musste.

Den Betrachtern, die sich die Tafeln vorzugsweise wie ein Puzzle aneignen, wird nun auch eine Art optisches Puzzle geboten: ein großformatiges Wimmelbild. Es ist eine Ausstellung in der Ausstellung und enthält in Form eines »braunen Hauses« alles Wesentliche zum Neofaschismus in Deutschland: Ideologien, Erscheinungsformen, Aktivitäten und Außenbeziehungen. Die Idee dafür stammt aus den Kinderbüchern von Ali Mitgusch, hat aber auch Pieter Bruegel den Älteren als Vorbild. Bereits Bruegel brachte eine übergeordnete Idee oder ein Thema, z.B. »Die niederländischen Sprichwörter« von 1559 auf eine große Leinwand. Das Wimmelbild hat kein Zentrum, sondern bietet dem Betrachter eine große Zahl scheinbar willkürlich angeordneter Szenen. Der Ansatz ist enzyklopädisch, kunstvoll, verrätselt, humoristisch und karikierend, um unterhaltsam ein Bild von einem großen Ganzen entstehen zu lassen.

Unser Wimmelbild ist mit allen anderen Tafeln durch dort platzierte Ausschnitte verbunden. Wer mag, kann sich von ihm aus das Thema erschließen, anstatt die Tafeln in herkömmlicher Weise chronologisch durchzugehen.

Mit dem Katalog kann man die Ausstellung nebst einer ausführlichen Einleitung auch mit nach Hause nehmen. Die zentralen Inhalte sind auch in Englisch abgedruckt. Flyer in diversen Sprachen und ein Schüler-Arbeitsblatt müssen aus Kapazitätsgründen später folgen.

Anschließend an den Bundeskongress wird die neue Ausstellung als erstes vom Studienkreis Deutscher Widerstand in Frankfurt/Main und im Stadtmuseum Riesa im Vorfeld des Aktionstages gegen den »Deutsche Stimme Verlag« gezeigt werden.