Meldungen

20. Mai 2014

Gegen Krieg und Nazis

Den Neonazi-Aufmärschen am 1. Mai in einigen Städten stellten sich Bündnisse von Nazigegnern entgegen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) erklärte in seinem zentralen Mai-Aufruf: »Unsere Geschichte verpflichtet uns – 100 Jahre nach Ausbruch des 1. Weltkriegs und 75 Jahre nach Beginn des 2. Weltkriegs – zum Handeln gegen Krieg und Intoleranz, Rassismus und Antisemitismus. Der 1.Mai ist unser Tag der Solidarität und kein Ort für Nazis.«

Rechte Gewalt

Die Zahl rechter Gewalttaten ist in den ostdeutschen Bundesländern und in Berlin im Jahr 2013 deutlich gestiegen. Laut einer von den Opfer-Beratungsstellen rechter Gewalt veröffentlichten Übersicht wurden insgesamt 737 rechts motivierte Angriffe gegen mindestens 1.086 direkt Betroffene registriert. Das ist gegenüber dem Vorjahr (2012) ein Anstieg um rund 18 Prozent. Die meisten Opfer – mehr als die Hälfte – wurden aus rassistischen Motiven angegriffen. Die anderen Angriffe richteten sich gegen Rassismus- und Nazigegner (der zweitgrößten Gruppe von Betroffenen) sowie gegen Personen aus »alternativen Milieus« oder erfolgten aus Antisemitismus, Homophobie und Sozialdarwinismus, darunter in acht Fällen gegen Menschen mit Behinderung.

Angriffe auf Heime

Mehr als verdoppelt hat sich im vergangenen Jahr die Zahl der Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte. 2013 wurden vom Bundeskriminalamt 58 Überfälle registriert, gegenüber 24 im Vorjahr 2012. Flüchtlingsinitiativen vermuten eine noch weitaus höhere Dunkelziffer.

Nach Feststellung von Pro Asyl kam es 2013 vor Flüchtlingsunterkünften zu mehr als hundert Demonstrationen, die in der Mehrzahl von der NPD oder sogenannten Kameradschaften organisiert wurden. Allein in den beiden ersten Monaten dieses Jahres zählte Pro Asyl bereits über zwanzig Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte, darunter zwölf Brandanschläge. Opferberatungsstellen verweisen in diesem Zusammenhang auf die Zunahme rassistischer Stimmungsmache; öffentliche Debatten etwa um angeblichen »Asylmissbrauch« würden rechte Gewalt fördern.

Zu wenig getan

In Deutschland werde zu wenig gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit getan, rügte die zuständige Kommission des Europarates und verwies dabei auch auf die hohe Zahl rassistischer Gewalttaten. Gerügt wurde ebenfalls, dass die Bundesrepublik das Protokoll der Europäischen Menschenrechtskommission über das Diskriminierungsverbot noch immer nicht ratifiziert habe. »Rassismus reicht hierzulande bis tief in die gesellschaftliche Mitte«, zitierte der Evangelische Pressedienst den niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD). In Brandenburg forderte der Landesverband der Jüdischen Gemeinden mehr Engagement gegen Rechts, nachdem in Merseburg innerhalb einer einzigen Woche dreimal Ausländer angegriffen und zum Teil schwer verletzt wurden.

NSU-Prozess

Der NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht in München kann bis ins Jahr 2015 hinein dauern. Ein Ende des Prozesses sei »derzeit überhaupt nicht absehbar«, erklärte die Gerichtssprecherin Andrea Titz. Am 1. April fand der 100. Verhandlungstag statt. Wesentliche Zusammenhänge und Hintergründe der neofaschistischen Mordtaten sind nach wie vor ungeklärt. Wann immer bisher der Verdacht auftauchte, es habe vielleicht Zusammenhänge zwischen Verfassungsschutz und MAD gegeben, die den NSU mit betroffen haben könnten, habe das Gericht die Befragung unterbunden. Ebenso oft habe die Bundesanwaltschaft entsprechende Fragen der Nebenkläger als »nicht relevant« abgewehrt, schrieb ein Prozessbeobachter (FR am 31.3.2014).

Fünf Prozent für NPD

Fünf Prozent der 30- bis 44jährigen Wähler würden ihre Stimme der NPD geben. Das ergab eine Emnid-Umfrage in Brandenburg. In anderen Altersgruppen erreichte die NPD zwischen ein und zwei Prozent; am wenigsten bei den über 60jährigen. In Brandenburg finden am 25.Mai neben der Europawahl auch Kommunalwahlen statt, ebenso in weiteren neun Bundesländern.

Auseinandersetzen

Für inhaltliche Auseinandersetzungen vor allem mit rechtspopulistischen Inhalten plädieren die Autoren einer Studie über »Kommunale Strategien gegen Rechtsextremismus«, die von der Fried-rich-Ebert-Stiftung und dem Berliner Verein für demokratische Kultur in Auftrag gegeben wurde. Darin bemängeln die Verfasser den »ignorierenden Umgang« mit Rechtsextremisten auf kommu-naler Ebene. Sie plädieren für eine inhaltliche Auseinandersetzung. Besonders gegenüber rechtspopulistischen Kräften sei diese notwendig, um gegen Rassismus und Nationalismus auch in der Mitte der Gesellschaft etwas zu erreichen.

KZ-Wächter frei

Die ehemaligen KZ-Wächter, deren Festnahme wir in der vorigen »antifa«-Ausgabe meldeten (»KZ-Wächter in U-Haft«), waren bei Auslieferung dieser Ausgabe bereits wieder frei. Der Vollzug des Haftbefehls wurde »aus gesundheitlichen Gründen« ausgesetzt. Im Fall des früheren Auschwitz-Wärters Hans Lipschis, angeklagt wegen Beihilfe zum Mord an über 10.000 Menschen, wurde vom Landgericht Ellwagen die Eröffnung des Gerichtsverfahrens überhaupt abgelehnt, weil der 94jährige wegen Demenz »verhandlungsunfähig« sei. Wegen der U-Haft wurde ihm eine Haftentschädigung in Höhe von 5.350.- Euro zugesprochen.

Neonazis »gestört«

Die sächsische Justiz betreibt weiterhin ihre Verfolgung und Kriminalisierung von Nazigegnern. Im April wurde der sächsische Grünen-Abgeordnete Johannes Lichdi zu einer Geldstrafe von 1500.- Euro verurteilt, weil er mit der Teilnahme an einer Sitzblockade gegen den Neonazi-Aufmarsch im Februar 2011 gegen das Versammlungsgesetz verstoßen habe. Laut Anklage lag eine »grobe Störung« des Neonazi-Aufmarsches vor. Ebenfalls wegen »Störung« des Neonazi-Aufmarsches wurde auch der Linken-Abgeordnete Falk Neubert angeklagt.

Mütze als »Waffe«

Weil die Baseballkappe, die er bei der Demonstration trug, eine unerlaubte »passive Bewaffnung« gewesen sei, wurde ein Teilnehmer der Blockupy-Demonstration vom 1.Juni 2013 in Frankfurt am Main vor dem Amtsgericht angeklagt. Erschwerend wurde angeführt, dass die Kappe auf der Innenseite mit einer Plastikverstärkung »ausgerüstet« gewesen sei. Die Demonstration war wegen der angeblichen »Bewaffnung« von Teilnehmern von der Polizei gewaltsam angehalten und stundenlang eingekesselt worden. Auf die zahlreichen Anzeigen wegen der Polizeigewalt ist noch immer keine Reaktion erfolgt. Der Ausgang des jetzigen Gerichtsverfahrens war bei Redaktionsschluss noch nicht bekannt.

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Zusammengestellt von P.C. Walther