Der slowakische Aufstand
18. Juli 2014
Zwei Monate Kampf gegen die deutschen Truppen
Der am 29. August 1944 begonnene Slowakische Nationalaufstand ist neben dem Warschauer Aufstand (1.8.-3.10.1944) und den Kämpfen jugoslawischer PartisanInnen die einzige herausragende militärische Rebellion im deutschen Herrschaftsbereich während des Zweiten Weltkrieges, wobei diese nicht miteinander koordiniert waren.
Die unabhängige Slowakei wurde 1939 als Satellitenstaat von Hitlers Gnaden geschaffen. Ihr Territorium war etwas kleiner als das der heutigen Slowakei. Sie war ein autoritärer, klerikaler, klerikalfaschistischer Staat, mit dem Priester Jozef Tiso als Präsident an der Spitze. Ihm gelang es politisch nicht ungeschickt, die Mehrheit der überwiegend bäuerlich-katholischen Bevölkerung für sein Programm zu gewinnen, wurden die Slowaken und Slowakinnen doch in Jahren davor in der ČSR von der tschechischen Mehrheit unterdrückt. Die Slowakei war im Unterschied zu anderen Ländern nicht von der Wehrmacht besetzt.
Bis zum Frühjahr 1944 war die Tiso-Herrschaft vergleichsweise mild. Mit wenig Begeisterung erfolgte die Beteiligung am Russlandfeldzug mit 50.000 Mann. Nach dem Fall von Stalingrad und der deutschen Niederlage in der Schlacht im Kursker Bogen im Juli 1943 kippte die Stimmung im Land. Die KP trat aus ihrem bisherigen Schattendasein, die herrschenden Kreise in Bratislava wandelten sich in dem Maße, in dem sich die Rote Armee der Grenze näherte. In der Armeeführung taten sich Verschwörer zusammen und konzentrierten Truppen, Nahrung und Kriegsmaterial in der Mittelslowakei, die zur strategischen Festung ausgebaut wurde. Man wollte sich in der absehbaren Schlussphase des Krieges vom Makel der Kooperation mit dem Nazismus befreien. Die 1943 noch zaghafte Partisanenbewegung wuchs mit sowjet-ischer Unterstützung 1944 stark an. Präsident Tiso und seine Clique wollten jedoch lieber als katholische Märtyrer für eine christliche Slowakei sterben, als mit der UdSSR gegen die Deutschen zusammenzuarbeiten.
Der Beginn des Aufstands wurde vorzeitig durch einen unvorhergesehenen Zwischenfall ausgelöst, 22 Mitglieder der evakuierten deutschen Militärmission in Rumänien wurden in der Nordslowakei kriegsrechtswidrig erschossen. Darauf marschierte die Wehrmacht – mit Zustimmung von Präsident Tiso! – von Norden, Osten und Westen in das Land ein und schaltete damit handstreichartig mehr als die Hälfte der slowakischen Truppen aus. Die Aufstandsarmee, rund 20.000 verbliebene Soldaten und Offiziere, war abgesehen von ca. 2.000 Partisaninnen die reguläre Armee. Auch wenn die NS-Propaganda von »Banditen« sprach, wurde sie von der kämpfenden Truppe der Wehrmacht als reguläre Soldaten angesehen und so behandelt. Nach wenigen Tagen drohte der Aufstand zusammenzubrechen. Eine sowjetische Waffenlieferung sowie Gerüchte über näher kommenden Entsatz stabilisierten die Verteidiger, die ca. die Hälfte des Landes hielten (20.000 km²). Die Hoffnung der Aufständischen auf Unterstützung aus dem besetzten Protektorat Böhmen und Mähren sollte sich nicht erfüllen. Anders als beim Warschauer Aufstand, den die Rote Armee verbluten ließ, rannte sie mit schwerem Geschütz und zahlreichen Truppen von Norden gegen die Karpaten, mit hohen Verlusten und erfolglos. Von den Westalliierten gab es keinerlei materielle Hilfe. Mit der tschechoslowakischen Exilregierung Beneš in London war man zwar in Kontakt, allerdings nicht im vollständigen Einvernehmen. Bei den Kämpfen erwiesen sich die kampf-erprobten deutschen Truppen den slowakischen zumeist überlegen. Das Aufstandsgebiet schmolz immer mehr zusammen. Der Warschauer Aufstand war am 3. Oktober zu Ende, der slowakische ebenso nach zwei Monaten am 28. Oktober. Ohne den heldenhaften Kampf im Land und ohne die sowjetische Offensive hätte er nicht so lange gedauert.
In der zweiten Januarhälfte 1945 befreite die Rote Armee die Ostslowakei, am 26. März war sie in Banská Bystrica, dem militärischen Zentrum des Aufstands, und am 4. April in Bratislava.
Faktum und Vermächtnis des Aufstandes passten den stalinistischen Kommunisten unter Gottwald genauso wenig ins Konzept wie den tschechoslowakischen bourgeoisen Kräften unter Beneš, was nach 1945 eine langjährige Marginalisierung zur Folge hatte. In Banská Bystrica erinnert ein sehenswertes Museum an den slowakischen Nationalaufstand, der 29. August ist in der heutigen Slowakei Staatsfeiertag.