Hilfreicher Hassgesang
13. November 2014
Das Muster ist eigentlich immer gleich: Ein Nazi-Skandal kommt ans Licht, kurzzeitig gibt es öffentliche Aufregung. Je nachdem, welche Institution gerade besonders involviert war, machen daraufhin Verfassungsschutz, BND und andere Dienste, Polizei, Justiz und weitere Behörden, besonders aber die zuständigen Ministerien einen auf zerknirscht und geloben Besserung. Und warten dann umgehend mit »Reformvorschlägen« auf.
Die gehen so: Echt peinlich, was da passiert ist, darf nie wieder vorkommen. Deshalb ist es für die Zukunft unabdingbar, Kompetenz und Schlagkraft der jeweiligen Gremien zu erhöhen. Dafür wiederum bedarf es dringend der Verbesserung der finanziellen und personellen Ausstattung. Die eine oder andere Zentralisierung, verbunden mit dem Abbau von bisher noch bestehenden lästigen Datenschutzbestimmungen, wäre auch nicht schlecht. Wenn nämlich erst solche Hemmschwellen entfallen, die da und dort doch die Feindbeobachtung erschwert haben, kann dem Feind schon im Vorfeld der bösen Tat leichter das Handwerk gelegt werden.
Dem Feind von rechts außen? Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat nach dem Bekanntwerden des monatelangen Einsatzes eines »Hassgesang«-Nazi-Rockers als Richter an einem Amtsgericht des Freistaats einer Zeitung gegenüber deutlich gesagt: »Meines Erachtens muss angesichts des aktuellen Falles ernsthaft überlegt werden, die Regelanfrage beim Verfassungsschutz für alle Beamten und Richter wieder einzuführen«.
Zurück also zum »Radikalenerlass« und den Berufsverboten aus der Alt-BRD. Diese mit der »Regelanfrage« gekoppelten Sanktionen hatten damals zwar kaum einen Nazi, wohl aber Tausende getroffen, die kommunistischer oder sonstiger linker Aktivitäten verdächtigt worden waren.
Herrmanns Ministerpräsident Seehofer fand dessen Vorstoß dann zwar doch etwas daneben – wohl auch wegen eines klaren Urteils des Europäischen Gerichtshofes gegen die damalige Berufsverbots-praxis. Aber warum nicht mal probieren – with a little help from »Hassgesang«…