Meldungen
13. November 2014
Aufklärung notwendig
In Hessen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen wurden nunmehr auch Parlamentarische Untersuchungsausschüsse gebildet, nachdem CDU, Grüne und/oder SPD dies, unterschiedlich motiviert, zunächst abgelehnt hatten, es dann aber selbst beantragten bzw. zustimmten. Die Ausschüsse sollen Ursachen und Zusammenhänge mit dem NSU-Terror insbesondere im Hinblick auf das Verhalten von Politik und Behörden (Verfassungsschutz, Polizei und Justiz) in den betreffenden Ländern untersuchen und aufklären.
Verdacht erhärtet
Die erst Anfang Oktober an die Öffentlichkeit gelangte Meldung, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz bereits 2005 von dem V-Mann »Corelli« eine CD mit einem Hinweis auf die Existenz des »Nationalsozialistischen Untergrunds« (NSU) erhielt, dies aber unbeachtet und darüber auch nichts verlauten ließ , hat den Eindruck und Verdacht des Vertuschens und Verschleierns bis hin zur »gezielten Sabotage« erneut verstärkt. Als »Corelli« im März d.J. vernommen werden sollte, lag er tot in seiner Wohnung.
Asylverschärfung
Mit der Einstufung von drei Balkanstaaten zu »sicheren Herkunftsländern« wurde die bundesdeutsche Asylpraxis erneut verschärft. Flüchtlinge und Asylsuchende aus diesen Ländern können so schneller abgelehnt und abgeschoben werden, obwohl insbesondere Roma dort massiver Diskriminierung und unerträglichen Zuständen ausgesetzt sind. Die Zustimmung des grünen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Kretschmann, ermöglichte im Bundesrat die erforderliche Be-schlussmehrheit trotz schärfster Kritik der Grünen an dieser Gesetzgebung.
Misshandlungen
Flüchtlinge sind in Deutschland nicht nur Diskriminierungen sondern auch Gewalt und Folter ausgesetzt. In der Nähe von Rostock wurden Brandsätze auf eine Flüchtlingsunterkunft geworfen. In mehreren Unterkünften wurden Flüchtlinge von Wachleuten privater Sicherheitsdienste misshandelt. Dabei wurde bekannt, dass Wach-, Versorgungs- und Betreuungsaufgaben in Flüchtlingsunterkünften vielerorts an private Firmen und Dienste vergeben werden. Von solchen Diensten werden in einigen Fällen sowohl Vorbestrafte als auch Neonazis beschäftigt; zuweilen bewegen sich Betreiber solcher Wach- und Sicherheitsdienste selbst in diesem Umfeld. Von Seiten der Bundes- und Landesregierungen und Behörden wurden »Überprüfungen« angekündigt, nachdem Berichte und Bilder von den Misshandlungen an die Öffentlichkeit gelangt waren.
Krasse Vorurteile
In der deutschen Bevölkerung gibt es nach wie vor erhebliche Vorurteile bis hin zu strikter Ablehnung gegenüber Sinti und Roma. Jeder dritte Deutsche will sie nicht in seiner Nähe haben. Das ergibt eine Studie, die von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) vorgestellt wurde. Nach Auffassung rund der Hälfte der Deutschen sind die Diskriminierten daran selbst schuld. Jeder zweite Befragte war der Auffassung, dass Sinti und Roma ebenso wie Muslime durch ihr Verhalten »Feindseligkeit hervorrufen« würden. »Gleichgültigkeit, Unwissenheit und Ablehnung bilden zusammen eine fatale Mischung«, erklärte die Leiterin der ADS.
Dresdner Ermittlung
Zum Vorwand für umfassendes Ausspähen, darunter hunderttausendfache Telefonüberwachungen und Aufzeichnungen von rund 55.000 Personen, dem sogen. Handygate, das später vom Gericht in Teilen für illegal erklärt wurde, dienten u.a. die Ermittlungen der Dresdener Staatsanwaltschaft gegen rund 25 Nazigegner wegen angeblicher »Bildung einer kriminellen Vereinigung«. Nach mehr als dreieinhalb Jahren wurden die Ermittlungen eingestellt. Die behauptete »kriminelle Vereinigung«, die »Antifa-Sportgruppe«, hat es nie gegeben.
Milde für Neonazis
Acht Neonazis, die in Hoyerswerda ein junges Paar stundenlang massiv bedroht hatten (der Fall erregte bundesweit Aufsehen, weil die Polizei den Bedrohten zur Flucht geraten hatte), kamen im Januar mit milden Urteilen davon. Das einzige etwas härtere Urteil gegen den Haupttäter wurde nunmehr vom Landgericht Bautzen um drei Monate abgemildert auf insgesamt siebzehn Monate. Auf die Konsequenzen milder Urteile wies kürzlich die »Süddeutsche Zeitung« im Zusammenhang mit dem NSU-Prozess hin. Das Blatt erinnerte daran, dass Uwe Böhnhardt, nachdem er 1996 wegen eines vorgetäuschten Bombenattentats (Aufstellen einer Bombenattrappe zusammen mit dem Aufhängen einer Puppe mit Davidstern und der Aufschrift »Jude«) zu dreieinhalb Jahren verurteilt worden war, vom Landgericht Gera in einem Berufsverfahren freigesprochen wurde. »Es ist diese Haltung, mit der viele Gerichte in den 90er Jahren den Rechtsradikalen das Gefühl gaben, sie könn-ten sich alles erlauben«, kommentierte die Süddeutsche Zeitung unter der Überschrift : »Wie der Staat Rechtsradikale züchtete« (SZ, 15.10.14).
»Mafia-Niveau«
Unter dem Vorwurf der Beteiligung an einer Messerstecherei wurde der stellvertretende bayerische NPD-Landesvorsitzende Sascha Roßmüller verhaftet. Roßmüller, der führendes Mitglied der Rockergruppe »Bandidos« ist, sollte neuer stellvertretender Bundes-Vorsitzender der NPD werden. »Die Partei wäre dumm, wenn sie auf einen politisch intelligenten Mann verzichten würde«, erklärte dazu NPD-Bundessprecher Frank Franz, der selbst Vorsitzender der Bundes-NPD werden will. Dagegen beklagte Bayerns NPD-Vorsitzender Karl Richter auf Facebook , dass die NPD dem Eindruck nach »endgültig Mafia-Niveau erreicht« habe. Neue Schwierigkeiten haben auch die NPD-Führer Udo Pastörs und David Petereit. Gegen sie laufen Verfahren wegen Volksverhetzung (Petereit) und einem illegalen Aufmarsch von Neonazis (Pastörs).
Aufarbeitung nötig
Eine Aufarbeitung der Vergangenheit des Bundeskanzleramtes in personeller und inhaltlicher Hinsicht durch eine unabhängige Historikerkommission – wie bei anderen Bundesministerien und Bundesbehörden – wird in einem Antrag der Linksfraktion gefordert. Erster Leiter des Kanzleramtes war Hans Globke, Kommentar der NS-Judengesetze.
In US-Diensten
US-Geheimdienste haben nach 1945 mindestens eintausend Ex-Nazis »jeglichen Ranges« beschäftigt. Das berichtet die »New York Times«, nachdem Einblicke in bislang unter Verschluss gehaltene Akten möglich geworden waren. Die Nazis galten als »Experten« für Antikommunismus und gegen die Sowjetunion gerichtete Arbeit. Sie wurden gezielt vor Strafverfolgungen geschützt. Zu ihnen gehörte zum Beispiel auch der Adjudant Adolf Eichmanns, SS-Hauptsturmführer Otto von Bolschwing.
(Zusammengestellt von P.C. Walther)