Strafrecht politisch instrumentalisiert

geschrieben von Marek Winter

13. November 2014

Einstellung des Verfahrens gegen die Auflage, 500 Euro an eine Kirchengemeinde zu zahlen – das ist das Ende des Gerichtsverfahrens gegen den Geschäftsführer der Berliner VVN-BdA. Ihm wurde vorgeworfen, bei den Protesten gegen den Dresdener Naziaufmarsch 2011 als Rädelsführer aufstandsähnliche Ausschreitungen, auf juristisch »schweren Landfriedensbruch«, zu verantworten gehabt zu haben. Dieser Freispruch dritter Klasse zeugt davon, auf welch tönernen Füßen die Anklage stand. Angesichts der bundesweiten Öffentlichkeit für dieses Verfahren und nach dem skandalösen Prozess gegen Lothar König wollte die Staatsanwaltschaft offenbar nicht noch einmal das Risiko eines öffentlichen Prozesses eingehen. Unter halbwegs rechtsstaatlichen Verhältnissen hätte das Verfahren nie eröffnet werden dürfen. Wie schon in den Verfahren gegen Tim und Lothar König und viele andere, über die mangels »Prominenz« kaum berichtet wird, hat sich wieder einmal gezeigt, wie sehr die sächsische Justiz sich zum bloßen Werkzeug anti-antifaschistischer Politik in Sachsen gemacht hat. Kritik an den Verhältnissen, die es ermöglicht haben, dass jahrelang der größte deutsche Naziaufmarsch durch Dresden ziehen konnte und an der nicht nur klammheimlichen Übereinstimmung zwischen dem Geschichtsbild der »normalen« Dresdner Bevölkerung und dem der Nazis soll, vor allem wenn sie von »Auswärtigen« vorgetragen wird, mit den Mitteln des Strafrechtes abgewehrt werden. Zwar gelang es mittlerweile erfolgreich, den Nazis ihr jährliches Schaulaufen in Dresden zu verleiden. Das Problem antidemokratischer, autoritär orientierter, rechter Strukturen in Politik, Verwaltung und Justiz in Sachsen bleibt bestehen: davon zeugt jeder Prozess in Dresden. Deswegen verdienen alle Angeklagten unsere Solidarität – nicht nur die »Prominenten«.