Was sagen tote Zeugen?
27. April 2015
Im Umfeld des NSU sterben immer wieder Zeugen. Da ist Florian Heilig, ein junger Naziaussteiger aus einem kleinen Ort bei Heilbronn. (Siehe S.12) Er verbrannte genau an dem Tag in seinem Auto, als er erneut vom Landeskriminalamt vernommen werden sollte. Florian Heilig hatte davor von Treffen zwischen Nazis aus den Gruppen NSU und NSS erzählt. Er war massiv von seinen ehemaligen Kameraden mit dem Tod bedroht worden. Diese Drohungen und ein Angriff auf ihn, bei dem er schwer verletzt wurde, reichten nicht aus, dass ihn das LKA schütze. Jetzt ist bekannt geworden, dass auch seine ehemalige Freundin gestorben ist. Bei ihr, so die offizielle Version, war es eine Lungenembolie, die durch einen Motorradunfall wenige Tage zuvor verursacht worden sei. Auch die Freundin, Melissa M., hatte sich bedroht gefühlt. Sie wollte oder konnte allerdings nicht sagen, wer hinter den Drohungen steckte. Der Untersuchungsausschuss in Baden-Württemberg hat sie so ernst genommen, dass sie in einer nicht öffentlichen Sitzung gehört wurde.
Bedroht fühlt sich auch eine weitere Zeugin. »Bandini«, ebenfalls eine ehemalige Freundin von Florian Heilig, gibt an, dass sie Angst hat.
Ein weiterer toter Zeuge aus dem Umfeld des NSU ist Thomas Richter, alias Corelli. Thomas Richter war viele Jahre ein aktiver Nazi. Er organisierte in Sachsen Aufmärsche von Neonazis und arbeitete zeitweise bei dem Fanzine »Der Weisse Wolf« mit, in dessen erster Ausgabe 2002 im Vorwort stand »Vielen Dank an den NSU. Es hat Früchte getragen. Der Kampf geht weiter.« Auch Thomas Richter war immer wieder in Baden-Württemberg unterwegs. Er war einer der Gründer des Ku-Klux-Klan in Schwäbisch Hall. Nach seinen eigenen Aussagen war er für die Anwerbung neuer Mitglieder zuständig. Bei dieser Gruppe des KKK waren zeitweise mindestens zwei Polizisten aus Baden-Württemberg aktiv, unter anderem der Einsatzleiter von Michele Kiesewetter am Tag ihrer Ermordung.
Thomas Richter starb wenige Tage bevor er beim Prozess in München aussagen konnte an einer nicht erkannten Diabetes.
Eigenartig ist nicht nur diese Häufung von Todesfällen bei Zeugen des NSU, sondern auch die Tatsache, dass alle Kontakte in die militante Naziszene Baden-Württembergs hatten.