Symbol wechselvoller Geschichte

geschrieben von Gerald Netzl

13. September 2016

Das Siegesdenkmal Bozen sollte das erste faschistische Mahnmal sein

1917 wurde damit begonnen, für die Gefallenen des in Bozen stationierten II. Regiments der Tiroler Kaiserjäger ein Denkmal zu errichten, das nach Kriegsende nicht vollendet wurde. Benito Mussolini ließ ab 1926 ein neues Denkmal errichten, ein Zeichen der »Italianität«. Nach 1945 war dieses jahrzehntelang umstritten, seit 2014 beherbergt es eine höchst interessante Ausstellung, die den Zeitabschnitt 1918 – 1945 in regionaler und überregionaler Hinsicht in den Blick nimmt und insbesondere den italienischen Faschismus und die Zeit der nationalsozialistischen Besetzung thematisiert.
Erklärtes Ziel des römischen Architekten Marcello Piacentini war es, nichts weniger als das »erste echt faschistische Denkmal« zu errichten. Zu diesem Zweck führte er eine völlig neue Säulenordnung ein – die Liktorensäule als Symbol der faschistischen Staatsmacht. Die Pfeiler des Denkmals wurden als monumentale Rutenbündel mit hervorstehenden Beilklingen gestaltet. Bald wurde das am 12. Juli 1928 eingeweihte Siegesdenkmal (dem zwölften Jahrestag der Hinrichtung Cesare Battistis) zur effektvollen Bühne für zahlreiche öffentliche Veranstaltungen, politische Kundgebungen und propagandistische Feiern. Das Monument wurde von den italienischen Kriegsveteranen, den faschistischen Parteikadern und der Jugendorganisation (»Balilla«) sofort ins Herz geschlossen.
Die Annexion der Gebiete südlich des Brenners durch Italien 1918 war der Lohn für dessen Kriegseintritt aufseiten der Entente. Der Brenner rückte so zum Symbol des siegreichen Italiens auf. Umfassende Maßnahmen zur Italianisierung und Faschisierung der Gesellschaft betrafen nach der kurzen liberalen Zeit rasch Verwaltung, Schule, Sprachgebrauch, Ortsnamengebung usw. Nur die katholische Kirche konnte im Rahmen ihrer konfessionell ausgerichteten Schulen und des Religionsunterrichts einige Rückzugsgebiete schaffen.
Für das Nachkriegs-Österreich, egal ob demokratisch oder autoritär regiert, und später für Nazi-Deutschland, war die Unterdrückung der Deutschsprachigen und Ladiner in Südtirol ein Problem. Dieses Problem wollten die beiden Diktaturen mit dem Optionsabkommen im Herbst 1939 zur Umsiedlung der Südtiroler ins »Reich« lösen. Es sollte anders kommen, mit Mussolinis Sturz 1943, der Besetzung Norditaliens durch die Wehrmacht und der Errichtung der Operationszone Alpenvorland wurde Südtirol dem deutschen Machtbereich einverleibt. Innerhalb der beiden Sprachgruppen entstanden jeweils eigene Widerstandsbewegungen. Nach Kriegsende wurden die Südtiroler Hoffnungen auf eine Grenzrevision enttäuscht. Das Gruber – DeGasperi-Abkommen vom 5. September 1946 gab einen Rahmen vor, der die Minderheitenrechte gewährleisten sollte. Der Blick ins Internet lohnt: www.siegesdenkmal.com

Cesare Battisti (4. Februar 1875 in Trient, damals Österreich-Ungarn; † 12. Juli 1916 ebenda) war Geograf. 1902 wurde er Gemeinderat in Trient, 1911 sozialistischer Abgeordneter zum österreichischen Reichsrat und im Mai 1914 zum Tiroler Landtag. Als Irredentist reiste Battisti im August 1914 ins damals noch neutrale Italien und trat mit Kriegseintritt Ende Mai 1915 in dessen Armee in den Krieg gegen Österreich-Ungarn ein. Am 11. Juli 1916 wurde er von österreichischen Kaiserjägern gefangen genommen und nach kurzem Prozess in Trient wegen Hochverrats trotz formalrechtlicher Immunität als Reichsratsabgeordneter hingerichtet. Ironischerweise war es Mussolini, der zunächst das Andenken Battistis bewahrte (sie lernten sich 1909 in Trient kennen, als Mussolini noch Sozialist war), doch verwahrte sich Battistis Witwe Ernesta gegen eine mögliche Vereinnahmung Cesares durch die Faschisten.