Die »linke Gefahr«
18. Oktober 2017
Ausgemacht von den Verfassungsschutzbehörden
Links gleich rechts könnte die Botschaft des Verfassungsschutzberichtes von 2016 sein. Sie wird auch von manchen Medien übernommen, z.B. von der Tageschau, die ihre Meldung zu diesem Bericht mit »Überall mehr Extremisten« überschrieb. Zwar macht der Bericht des Inlandgeheimdienstes auch auf neue Phänomene aufmerksam, wie die Gefahr, die von etwa 10.000 Reichsbürgern ausgeht, von denen mit 500 nur eine kleine Minderheit Rechtsextremisten seien. Auch werden Aktivitäten des türkischen Geheimdienstes in neuem Ausmaß identifiziert und wird nach den Hinweisen auf die Beeinflussung der US-Präsidentenwahl eine ähnliche Einflussnahme auf die Bundestagswahl befürchtet. Im Mittelpunkt steht aber die Bestätigung der Extremismustheorie. Zivilgesellschaftliche Erkenntnisse zum »Extremismus der Mitte«, welche die Theorie selbst in Frage stellen, werden nicht aufgegriffen. In einem zeigt der Bericht aber deutliche Unterschiede. Während rechtsextremistische Gewalttaten 2016 weiter um 13,6 Prozent auf 1.698 zugenommen habe und auch die Zahl der Rechtsextremisten auf 12.100 weiter angestiegen sei, sei im linken Spektrum zwar mit 8.500 Gewalttaten erheblich weniger Gewalt gegenüber dem Vorjahr und auch deutlich weniger Gewalt gegenüber Rechtsextremisten ausgeübt worden. Aber das linksextreme Potential sei mit 28.500 besonders schlimm und auch weiter angestiegen. Der Bericht erklärt die geringe Zahl der linken Gewalttaten mit fehlenden Anlässen in 2016. Denn tatsächlich sei mehr Gewalt zu erwarten, spätestens zum G20-Treffen in Hamburg. Tatsächlich sollten sich die Sicherheitsbehörden darin dann auch bestätigt sehen, zusammen mit manchen Berichterstattern und Politikern. In Hamburg zeigte sich ein noch nie dagewesenes Ausmaß linker Gewalt, beklagte EX-SPD-Generalsekretärin Katarina Barley in einer Talkshow. Kein Wort davon, dass es in Deutschland immer wieder zu ähnlichen Auseinandersetzungen gekommen ist , ob bei den Protesten in Brokdorf, bei Demonstrationen im Hamburger Schanzenviertel oder bei den Berliner Mai-Veranstaltungen. Keine Rede davon, dass Gewalt gerade gegen Linke oft von der Polizei ausgeht. Kein Bewusstsein darüber, dass Themen wie Globalisierung, Gentrifizierung, Umweltzerstörung und Mitverantwortung für weltweite Kriege im Diskurs der Eliten, der Medien und des Staates kaum eine Rolle spielen. Wo sollten sie sonst artikuliert werden, wenn nicht auf der Straße? Da ist es kein Wunder, dass die Forderung von Herrn Bosbach zu einem Bekenntnis auf Gewaltverzicht und damit auch zum Verzicht auf zivilen Ungehorsam als legitimem Protestmittel bei vielen engagierten Menschen nur ungläubiges Kopfschütteln erzeugt.