»Camaradas«

geschrieben von Peter Rau

4. November 2017

Zu Gast in Berlin: Ausstellung über Spanienkämpfer aus Österreich

Vorab: Von den etwa 1.400 Österreichern, die sich vor acht Jahrzehnten, also zwischen 1936 und 1939, an die Seite der Spanischen Republik stellten und deren Freiheit zu verteidigen halfen, ist heute niemand mehr am Leben. Dennoch sind ihre Biographien und ihre Gesichter noch allgegenwärtig. Umso mehr, als sie sich für viele von uns mit persönlichen Begegnungen verbinden wie jene mit den ehemaligen Interbrigadisten Hans Landauer, Josef Eisenbauer und Gert Hoffmann. Oder literarisch übermittelte bzw. verbürgte Begebenheiten wie im Falle des letzten Kommandeurs der XI. Internationalen Brigade, Anton Dobritzhofer, der Brigadeärzte Emanuel Edel, Walter Fischer und Fritz Jensen oder von General Julius Deutsch, dem die gesamte spanische Küstenverteidigung unterstand.

»Camaradas« noch bis 6. November im Haus der Demokratie und Menschenrechte, Greifswalder Straße 4, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg, Montag bis Freitag, 10–17 Uhr

»Camaradas« noch bis 6. November im Haus der Demokratie und Menschenrechte, Greifswalder Straße 4, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg, Montag bis Freitag, 10–17 Uhr

Sie alle – und noch viel mehr – sind Bestandteil der von Georg Pichler zum 80. Jahrestag der Gründung der Internationalen Brigaden im Herbst 2016 konzipierten Fotoausstellung »Camaradas« – Österreicher im Spanischen Bürgerkrieg 1936–1939«, die Anfang Oktober im Berliner Haus der Demokratie und Menschenrechte – nach Präsentationen in Österreich und Spanien – erstmals – in Deutschland vorgestellt wurde.

Die Ausstellung mit Aufnahmen aus dem Bestand des Spanienarchivs wie des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstandes (DÖW) entstand in Zusammenarbeit mit CLIO, dem Verein für Geschichts- und Bildungsarbeit, und der spanischen Associación de Amigos de las Brigadas Internaciónales (AABI). Sie gliedert sich in fünf Komplexe. Im »Weg nach Spanien aus Österreich und dem Exil« wird insbesondere der gegen den vom Austrofaschismus gerichtete und vom sozialdemokratisch inspirierten Schutzbund getragene Aufstand im Februar 1934 thematisiert. Nach dessen Scheitern mussten viele daran Beteiligte in die benachbarte Tschechoslowakei emigrieren; einige hundert sogenannte Februarkämpfer fanden Aufnahme in der Sowjetunion und machten sich später von dort aus auf den Weg nach Spanien.

Zu den Themen »Der spanische Bürgerkrieg« und »Österreicher im spanischen Bürgerkrieg« sowie »Die Internationalen Brigaden« werden die meist schon bekannten Fakten rekapituliert. Weniger geläufig dürfte die Zahl der 43 Frauen sein, die mit dem Krieg in Spanien zu tun hatten, darunter 34, die wie Dr. Fritzi Brauner (1911–2000) oder Marie Langer (1910 – 1987) im Sanitätsbereich tätig waren. Während Brauner bis zu ihrem Tod in der Vereinigung Ärzte gegen den Atomkrieg mitwirkte, ging Langer nach Argentinien, später nach Mexiko und Nikaragua, wo sie sich um den Aufbau eines psychosozialen Dienstes verdient machte. Für den Sanitätsdienst der Internationalen Brigaden arbeitete auch Gusti Jirku (1892–1978), die mit ihrem 1938 erschienenen Bericht »Kampf dem Tode« u. a. dem Brigadearzt Fritz Jensen (1903–1955) ein bleibendes Denkmal setzte.

Österreicher waren vor allem in der XI. Internationalen Brigade und hier bevorzugt in dem im Juni 1937 gebildeten Bataillon »12. Februar« zugange, benannt nach den Kämpfern des Aufstandes der Schutzbündler im Jahr 1934; sie waren »in praktisch allen militärischen Einheiten der Republik zu finden«, wie Hans Landauer (1921–2014) hervorhob. Jensen etwa war Chefarzt der XIII. Brigade, sein Kollege und Genosse Dr. Walter Fischer (1901–1978) war in derselben Funktion in der XV. Brigade im Einsatz. Landauer war nicht nur der seinerzeit jüngste österreichische Interbrigadist, er gründete 1983 das Spanienarchiv des DÖW und gab 2003 das Lexikon der österreichischen Spanienkämpfer heraus.

Ohne dass er es darauf abgesehen hätte, zählte auch der Sozialdemokrat Julius Deutsch (1884–1968) zu den außergewöhnlichen Spanienkämpfern. Der Mitbegründer und Führer des Schutzbundes war als General der Küstenverteidigung vermutlich in der spanischen Volksarmee der höchstrangige Militär aus Österreich. Unter dem Namen Adolf Reiner trug sich der Wiener Anton Dobritzhofer (1901–1977) während der Offensive am Ebro als letzter Chef in die Liste der Kommandeure der XI. Brigade ein.

Ein letztes Kapitel der Ausstellung widmet sich der Zeit nach dem 1939 verlorenen Krieg. Sie endete für die meisten Österreicher, die ja nicht mehr ohne weiteres in die heimatliche Alpenrepublik, die sich das faschistische Deutschland inzwischen einverleibt hatte, zurückkehren konnten, in einem der französischen Internierungslager. 458 von ihnen landeten nach der im Mai/Juni 1940 erfolgenden Besetzung Frankreichs durch die Hitlerwehrmacht in deutschen Konzentrationslagern. Nachdem in Spanien bereits 235 Kämpfer aus Österreich gefallen waren, ließen in Dachau, Mauthausen, Sachsenhausen oder Buchen-wald und anderen KZ noch einmal 86 Interbrigadisten ihr Leben oder starben bei Aktionen des antifaschistischen Widerstandes.         Peter Rau

Die Ausstellungseröffnung war der Auftakt des diesjährigen Internationalen Jahrestreffens des Vereins »Kämpfer und Freunde der Spanischen Republik« (KFSR), zu dem neben dem in Madrid lehrenden Professor Pichler weitere Veranstalter des Vereins »Prenninger Gespräche« sowie Mag. Andreas Somogyi, Geschäftsträger der Botschaft Österreichs in der BRD, begrüßt werden konnten.