Training für den Straßenterror

geschrieben von Janka Kluge

8. Februar 2018

Neue Gemeinsamkeiten zwischen gewaltbereiten Rechten

Auf den ersten Blick ist es um die Hooligans nach den Aufmärschen der Gruppe »Hooligans gegen Salafisten« (HoGeSa) im Herbst 2014 in Köln und Hannover ruhiger geworden. Das betrifft aber vor allem die Schlagzeilen der großen Zeitungen, in der Realität sind sie weiter aktiv. Der Journalist und Fanforscher Robert Claus hat jetzt in seinem Buch »Hooligans« die Entwicklung dieser Fanszene nachgezeichnet.

Bereits im Vorwort benennt er vier wichtige Entwicklungen der letzten Jahre. Zum einen geht der Alterungsprozess an niemanden vorbei, auch nicht an Fußballschlägern. Es gibt also inzwischen mehrere Generationen von Hooligans, die sich nicht nur durch ihr Alter unterscheiden, sondern auch in ihrem Verhältnis zur Gewalt. Viele der Älteren sind inzwischen bei Rockerclubs oder in der Türsteherszene aktiv. Hier können sie ihre Aggressionen und ihre Gewaltbereitschaft im Rahmen partiell krimineller Strukturen ausleben.

Robert Claus »Hooligans – Eine Welt zwischen Fußball, Gewalt und Politik« Verlag Die Werkstatt, 14.90 Euro  Robert Claus zeichnet in seinem Buch die Geschichte der Hooligan- Bewegung nach. Ergänzt wird der Text durch Interviews mit Fanbeauftragten und ehemaligen Hools, die mittlerweile ausgestiegen sind.

Robert Claus »Hooligans – Eine Welt zwischen Fußball, Gewalt und Politik« Verlag Die Werkstatt, 14.90 Euro
Robert Claus zeichnet in seinem Buch die Geschichte der Hooligan- Bewegung nach. Ergänzt wird der Text durch Interviews mit Fanbeauftragten und ehemaligen Hools, die mittlerweile ausgestiegen sind.

Aus eben diesem Grund haben Hooligans seit der Jahrtausendwende auch Orte außerhalb der Stadien gesucht, um sich zu prügeln. Für die Verabredungen nutzen sie soziale Medien. Oft wird da schon genau festgelegt mit wie vielen Männern die einzelnen Gruppen zu den Kämpfen antreten. Es handelt sich meist um abgelegene Waldstücke oder Parkhäuser. Sie werden übergreifend als »Acker« bezeichnet.

Besorgnis erregend aber sind zwei weitere Entwicklungen. Viele Hooligangruppen sind mittlerweile fester Bestandteil neonazistischer Strukturen und haben ihre Gewalt professionalisiert. Darauf möchte ich näher eingehen.

Mitte der achtziger Jahre begann sich die Fanszene zu verändern. Zu den sogenannten »Kutten«, Fans, die ihren Verein überallhin begleiteten und oft Jeansjacken mit entsprechenden Symbolen trugen, und den Hooligans kamen die Ultras hinzu. Die Ultra- Bewegung hat ihre Ursprünge in Italien. In Turin und Genua hatten sich bereits Anfang der sechziger Jahre Fußballfans zusammengeschlossen, um gemeinsam ins Stadion zu gehen. Sie übernahmen Formen der Arbeiterbewegung, die sie bei Kundgebungen einsetzten. So kamen Transparente, Fahnen und Pyrotechnik in die Stadien. Für die Ultras steht die Unterstützung des jeweiligen Vereins im Vordergrund. Sie sind in Deutschland überwiegend links orientiert, arbeiten mit Geflüchteten zusammen und lehnen die Kommerzialisierung des Fußballs ab.

In den letzten Jahren versuchen rechte Hooligans, linke Ultragruppen aus den Stadien zu vertreiben. Immer wieder kommt es zu Überfällen auf Ultragruppen. Die Presse berichtete über solche Auseinandersetzungen aus Aachen, Hannover und Dortmund, oder erst im Dezember, in Bremen. Neben solchen Versuchen, die Dominanz in den Stadien zu erlangen, tragen rechte Hooligans die Gewalt auch immer öfter auf die Straße. Bei Aufmärschen von Pegida in Dresden waren sie als Ordner eingesetzt. Der Überfall auf den eher alternativ geprägten Leipziger Stadtteil Connewitz im Januar 2016 war eine Gemeinschaftsaktion von Neonazis und Hooligans. Sie nutzten dafür das einjährige Jubiläum des Leipziger Pegida- Ablegers »Legida«, weil sie damit rechneten, dass viele der in Connewitz lebenden Antifaschisten auf der Gegendemo waren.

Bei der Festsetzung eines großen Teils der neonazistischen Schläger stellte sich heraus, dass ungefähr 20 % aus der Hooliganszene stammten. Die meisten von ihnen waren aus Dresden angereist, andere kamen aus Erfurt, Jena, Chemnitz und Halle. Sie verwüsteten gemeinsam mit organisierten Nazis einen Teil des Viertels. Seit dem Überfall werden in einschlägigen Shops im Internet T-Shirts mit der Aufschrift »Connewitz war erst der Anfang« verkauft. Das zeigt, was das eigentliche Ziel der rechten Hooligans ist: Sie wollen den Kampf trainieren, um dann auf der Straße gegen Andersdenkende, nicht nur Linke und Antifaschisten, sondern auch Menschen die sie für minderwertig halten, vorzugehen, um sie aus Deutschland zu vertreiben. Leider wird der Überfall auf Connewitz in dem Buch von Robert Claus nicht erwähnt.

Vielen der neonazistischen Hooligans genügt es nicht mehr, sich im Umfeld des Fußballs zu prügeln. Oft trainieren sie nun auch intensiv Kampfsport, allerdings keine Sportarten, die auf Respektierung des Gegners setzen, wie Judo oder Karate, sondern »Mixed Martial Arts«. Dabei dürfen Gegner, die am Boden liegen, noch getreten werden. MMA-Turniere sind zu Höhepunkten für gewaltbereite Hooligans und Neonazis geworden. Für die Veranstalter sind sie ähnlich lukrativ wie Konzerte mit Nazibands. Dass beides zusammen gehen kann, zeigt die von Thorsten Heise organisierte Veranstaltung »Schild und Schwert«. Am 20. und 21. April 2018 sollen in Ostritz in der Oberlausitz mehrere neonazistische Bands auftreten, Politiker der NPD und der Rechten sind mit Reden angekündigt, zusätzlich dazu finden MMA-Kämpfe statt.

Internationale Vernetzung

Viele Fangruppen pflegen Freundschaften mit Fans ausländischer Mannschaften. Neben Auswärtsspielen der Nationalmannschaften bieten auch internationale Wettbewerbe wie die Championsliga und der Europa Cup für Fans die Möglichkeit sich zu vernetzen.