Nichts war vergeblich
15. Juni 2018
Frauen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus
Dies ist der Titel einer Wanderausstellung des Studienkreises Deutscher Widerstand 1922- 1945. Der Titel der Ausstellung stammt von der Kämpferin der Résistance und Auschwitz-Überlebenden Gerti Schindel (1913 – 2008): »Nichts war vergeblich, was sich gegen das Regime gerichtet hat.« Die Ausstellung ist Irmgard Heydorn zum 100. Geburtstag 2016 gewidmet, die ab 1936 als Jugendliche illegal unter Einsatz ihres Lebens für den Internationalen Sozialistischen Kampfbund aktiv war.
Die Ausstellung wurde bereits an 17 Orten in Deutschlang gezeigt. Ende Februar/Anfang März war sie in Hannover in den Ausstellungsräumen von ver.di zu sehen. Sie wurde mit einem Referat von Gudrun Schmidt vom Studienkreis eröffnet. Weitere Ausstellungstermine sind im Jahr 2018 z.B. in Berlin, Nieder-Olm und Darmstadt geplant.
Die sehr interessante Ausstellung verdient jedoch noch weitere Aufmerksamkeit und soll deshalb hier ausführlicher gewürdigt werden.
Ansatz der Ausstellung ist es, die übliche Perspektive zu durchbrechen, die nicht nur bei der Geschichte, der Vor- und Nachgeschicht der »NS-Diktatur«, sondern auch beim Widerstand dagegen, vorwiegend Männer als die Aktiven zeigt. Der Widerstandsbegriff wird erweitert – als »widerständig« werden alle Aktivitäten angesehen, die sich gegen das Naziregime richteten. Die Ausstellung schildert also Geschichten von Frauen, die sich in vielfältiger Weise gegen das Naziregime wandten und mutig und eigenständig handelten. Sie zeigt, dass es nicht immer nur die großen Taten, sondern manchmal auch kleine Dinge sind, die als Widerstand gewürdigt werden sollten.
Neben bekannten Persönlichkeiten werden auch Lebensläufe von Frauen vorgestellt, die weniger in der öffentlichen Wahrnehmung präsent sind. »Ihr Anteil am Widerstand darf nicht länger als ‚passiver‘ oder ‚kleiner‘ Widerstand herabgewürdigt werden«., heißt es im Vorwort des Katalogs.
Die Ausstellung und der reich bebilderte Katalog zeigen 18 Einzelschicksale von Frauen mit höchst unterschiedlichem familiärem Hintergrund, Werdegang und entsprechenden Motivationen zu widerständigem Verhalten. Es finden sich dabei überzeugte Kommunistinnen wie Lore Wolf (1900 -1996), einer Freundin von Anna Seghers, oder die KJVD-Funktionärin Carola Karg (1910 – 1985) und Sozialdemokratinnen wie Luise Katholy (1909 – 1991). Dann aber auch Christinnen wie Dr. Elisabeth Schmitz (1883 -1977), die sich als Mitglied der Bekennenden Kirche von Anfang an gegen die sich verschärfende Verfolgung der Juden einsetzt, oder die Fürsorgerin und Lehrerin Änne Meier (1896 – 1998), die Kontakt zur katholischen Jugendbewegung findet und von 1942 bis zur Befreiung in Ravensbrück inhaftiert wird, weil sie die Predigten des Bischoffs Graf Galen und Berichte über die Verbrechen an der Ostfront verbreitet.
Das erschütternde Schicksal der »Bibelforscherin« Amalie Jordt (1914 – 1942), die nach Verurteilung und KZ-Haft in Ravensbrück im Verlauf der Euthanasie-Aktionen in Bernburg vergast wird. Besonders beschämend: Nach dem Verbot der Zeugen Jehovas in der DDR wird auch ihre Mutter verurteilt und ein Jahr eingesperrt …
Berichte über bekannte Frauen wie Erika Mann (1905 – 1969), die als Berichterstatterin aus dem Spanischen Bürgerkrieg und den Nürnberger Prozessen gewürdigt wird und die Fotojournalistin Gerda Taro (1910 -1937), die an ihren in Spanien erlittenen Verwundungen starb, stehen neben einer Tafel über das Schicksal vom Ilse Heinrich (1924 -2015). Als Tochter von Landarbeitern aufgewachsen, bleibt sie praktisch ohne Schulbildung. Wegen ihrer Weigerung, ebenfalls als Bauernmagd zu arbeiten, wird sie zur »Herumtreiberin« gestempelt und landet als »Asoziale« im KZ Ravensbrück.
Den verschiedenen Formen des Widerstands der Frauen wird das faschistische Frauenbild von der Mutter, der Wahrerin des »Blutes« und der Helferin der Kämpfenden Truppe gegenübergestellt. Ihm ist eine eigene Tafel gewidmet.
In Hannover wurden Exponate gezeigt, die Frauen während der Haft und im Konzentrationslager herstellten und die zeigen, wie sich Frauen während der Haft Würde und Selbstbewusstsein erhielten und so den Versuchen ihrer Peiniger, sie zu brechen, Widerstand entgegen setzten. Eine große Rolle spielen dabei Handarbeiten. Der kunstvolle Schmetterling, abgebildet auf dem Titelblatt des Katalogs, ist ein Werk von Carola Karg (1910 – 1985), angefertigt im Zuchthaus Waldheim.
Ein Essay zu diesem Thema von Gudrun Schmidt, einer von Dagmar Reese (Bilder, Ideologie Wirklichkeiten – Frauen im Nationalsozialismus) und von Ursula Krause Schmitt (Widerständige Frauen) ergänzen den Katalog.