Missbrauchtes Gedenken

geschrieben von Gerald Netzl

27. Juli 2018

Skandalöses Treffen von Rechtsextremen in Kärnten

Mehrere tausend Teilnehmer treffen sich jedes Jahr in Kärnten zu einer Gedenkveranstaltung am Loibacher Feld/Libuško polje in Bleiburg/Pliberk In diesem Jahr fand die Veranstaltung am 12. Mai statt. Offiziell handelt es sich hierbei um ein katholisches Totengedenken, dass sich aber inzwischen zum größten Faschistentreffen in Europa entwickelt hat. Gedacht wird von vielen Teilnehmern der faschistischen kroatischen Ustaša, der Domobrani, der Wehrmacht und der Waffen-SS.

Hintergrund

1945 versuchten Milizen der Ustaša und der Domobrani (Streitkräfte des faschistischen Kroatiens, »NDH«-Staat) mit zurückflutenden Verbänden der Wehrmacht und der Waffen-SS nach Österreich zu gelangen. Sie wollten der Bestrafung und Rache durch jugoslawische Partisanen entgehen und sich den britischen Truppen ergeben. Die Partisanen versuchten, dies zu verhindern. In den letzten Kriegstagen und auch nach der Kapitulation Nazideutschlands kam es dabei zu militärischen Kämpfen. Einige der faschistischen Einheiten erreichten am 14. Mai das Loibacher Feld/Libuško Polje und ergaben sich dort den britischen Truppen. Die Briten übergaben sie jedoch der jugoslawischen Volksbefreiungsarmee. Am Weg zurück nach Jugoslawien kam es danach zu (Nach-)Kriegsverbrechen, Zehntausende wurden willkürlich erschossen.

Bald nach Kriegsende bemühten sich kroatische Exil-Verbände in Österreich, das Loibacher Feld/ Libuško Polje als Gedenkort zu etablieren. 1952 fand die erste Gedenkfeier statt. Entgegen der Auflage der österreichischen Behörden wird dort auf einem Gedenkstein auf Kroatisch der kroatischen Armee gedacht (wörtlich: »Zu Ruhm und Ehren der gefallenen kroatischen Armee, Mai 1945«). Auf dem Gedenkstein findet sich das Wappen des NDH/der Ustaša sowie der muslimische Halbmond, der auf die 13. Waffen-SS-Division (»Handschar«-Division) verweist.

Bei der Gedenkfeier unter Schirmherrschaft der stramm rechten katholischen Kirche Kroatiens und des Vereins »Bleiburger Ehrenzug« werden von nicht wenigen Anwesenden in Kroatien verbotene – in Österreich jedoch erlaubte – Symbole der Ustaša-Bewegung zur Schau gestellt. Damit werden die Massenmorde an Juden, Sinti und Roma, Serben sowie antifaschistischen Widerstandskämpferinnen und -kämpfern durch das Regime legitimiert. Nahmen 1990 »nur« einige hundert (Exil-)Kroaten an der Gedenkfeier teil, waren es ein Jahr später schon 1.100 und 1995 15.000 Personen. Der Höhepunkt wurde 2015 mit 30.000 Teilnehmern erreicht, darunter NPD-Funktionäre und österreichische Neonazis des Netzwerks »Blood & Honour«.

Widerstand gegen kroatische Gedenkfeier

Opferverbände und Partisanenverband, Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ), EU-Abgeordnete, Mauthausen Komitee und das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW) haben sich gegen die umstrittene Gedenkfeier gestellt. Die katholische Kirche Kärntens »distanziert sich mit Nachdruck und Entschiedenheit von allen rechtsextremen und faschistischen Kundgebungen im Umfeld dieses Totengedenkens«. Die Feier der heiligen Messe auf privatem Grundstück, die im Rahmen dieses Totengedenkens gefeiert werde, entspreche der kirchenrechtlichen Ordnung und hätte in den vergangenen Jahren auch keinen Anlass für Kritik geboten. Damit sichergestellt werden könne, dass es auch bei Totengebet und Prozession keinen Anlass zur Kritik gebe, habe man die Schwesterkirche in Kroatien schriftlich aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen. Darunter: ein Verbot politischer Reden innerhalb der heiligen Messe, ein Verzicht auf das Tragen politischer Abzeichen, Plakate und Transparente, Uniformen oder uniformähnlicher Bekleidung sowie von Trikots oder sonstiger Bekleidung mit inkriminierenden Aufdrucken, ein Verbot des Aufbaus von Zelten und Verkaufsständen sowie kein Ausschank von Alkohol. Die Einhaltung dieser Maßnahmen sei Bedingung für eine künftige Zustimmung zur heiligen Messe. Es habe auch die österreichische Rechtsordnung zu gelten.

In diesem Jahr kam es erstmals zu organisierten Protesten, Antifaschisten sind sich einig: Dieser rechte Spuk sollte rasch beendet werden.