Faschingsscherz mit Braunton

geschrieben von Janka Kluge

7. April 2019

Rechter »Volks-Rock`n`Roller« erhält »Karl-Valentin-Orden«

In München, wo das, was weiter nördlich oft Karneval genannt wird, seit je Fasching heißt, hat eine »Faschingsgesellschaft« als »Trägerverein« festlicher Vergnügungen weniger öffentliches Gewicht als vergleichbare Gremien etwa in Köln. Dennoch erregt der Verein, der sich zurecht »Narrhalla« nennt, ab und an doch Aufmerksamkeit (und nicht selten Kopfschütteln), wenn er alljährlich im Fasching einen »Karl-Valentin-Orden« verleiht. An Leute, die, so die Narrhalla-Kriterien, »im Sinne von Karl Valentin« durch die »humorvollste bzw. hintergründigste Bemerkung für eine Rede bzw. Handlung, ein Zitat, welches in der Öffentlichkeit publik wurde«, aufgefallen sind. So hatten die Narren früher etwa Humoristen wie Franz Josef Strauß (1977), Joseph Kardinal Ratzinger (1989) und Jürgen Möllemann (1992) für preiswürdig gefunden und sich seit je eher konservatve Würdenträger ausgesucht. In diesem Jahr allerdings sorgte ihre Entscheidung doch für mehr Aufmerksamkeit, Empörung und Proteste.

Der Preisträger 2019 ist der österreichische Sänger und Musiker, Andreas Gabalier. Er selbst bezeichnet sich »Volks-Rock`n´Roller«. Die Münchner Narrengesellschaft »Narrhalla« würdigt ihn dann auch als »Volkssänger 2.0« und unterstellt, dass Karl Valentin heute so klingen würde. Die Verleihung hat bei allen, die sich mit Karl Valentin und seiner Kunst beschäftigen, Entsetzen und Ablehnung hervorgerufen.

Mit seiner Musik, die für jedes Bierzelt geeignet ist, füllt Gabalier mittlerweile die großen Hallen und Stadien. Er bedient mit ihr jenen Teil der Bevölkerung, die zu Kundgebungen von Pegida und anderen vermeintlich »besorgten« Bürgern gehen und ihre Stimmen bei Wahlen rechten Parteien geben. Sein Weltbild ist nach einfachen Mustern gestrickt. Da gibt es die »Madeln und die Bubn«. Die einen tragen Dirndl und die anderen Lederhosen. Bei der Verleihung des Amadeus Award sagte er, dass »man es heute nicht leicht hat, wenn man als Mann auf eine Frau steht«. Damit hat er ein Thema der Rechten übernommen. In rechten Hetzblättern heißt es immer wieder, die Welt werde »verschwult«, eine Formulierung des extrem rechten Schriftstellers Akif Pirinci.

Zuhause ist er in Kärnten und besonders wohl fühlt er sich auf der Alm. Diese Heimat soll er nicht vergessen, gab ihm einst sein Großvater mit auf den Weg. Die Liebe zu seiner Heimat ist so groß, dass er dauernd über sie singen muss. In seinen Text schwingt aber noch etwas anderes mit. Er ist in Kärnten geboren und deswegen gehört er dahin. Das ist der gesungene Ethnopluralismus der Neuen Rechten. Aber auch sonst nimmt er ständig Bezug auf rechte Mythen.

Immer wieder hat sich Gabalier öffentlich für den Vorsitzenden der österreichischen FPÖ, Stracke, eingesetzt. Im Sommer 2017 gab es in Österreich eine Diskussion über die Einführung des Kopftuchverbots. Bundespräsident Alexander Van der Bellen hatte in einem Interview gesagt, dass »jede Frau ein Kopftuch tragen kann« und die Zeit kommen kann, in der auch nicht-muslimische Frauen aus Solidarität en Kopftuch tragen sollten. Andreas Gabalier postete darauf ein Bild von sich mit einem Tischtuch um den Kopf, um sich jetzt schon mit den österreichischen Frauen zu solidarisieren, die gezwungen sein werden, ein Kopftuch zu tragen.

In der Begründung der Preisverleihung wird ausdrücklich auf das Lied »A Meinung haben« verwiesen. Bei einem Konzert im Jahr 2015 in Berlin, das dann später als CD (Mountainman) veröffentlicht wurde, hat er das Lied so eingeleitet: Zuerst sagt er, dass viele Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, sich nicht trauen, ihre eigene Meinung zu vertreten, weil ihnen vorgeschrieben wird, was sie sagen sollen. »Und dann« fährt er fort »gibt es noch einen Lausbuben aus Österreich, der heißt Andreas Gabalier.« Nachdem er die Medien kritisiert, die ihn angeblich in eine rechte Ecke gestellt haben, betont er; »Vor Euch steht ein bodenständiger Mann aus Österreich, der zu gewissen Themen auch eine Meinung hat und diese dann auch kundtut. Dass man dann ab und zu auch Schlagzeilen landet, die einem nicht ganz so gut gefallen, damit muss man leben.« Ohne ins Detail zu gehen, sagt er dann, dass Deutschland und Österreich jetzt größere Probleme haben. »Mir ist einfach lieber, man geht mit Ecken und Kanten durchs Leben, als ohne eine eigene Meinung.« Das ist das geschickt formulierte »Das wird man doch noch sagen dürfen« vieler Pegida Demonstranten.

Unangenehm ist mir bei der Aufzeichnung des Konzertes auch aufgefallen, dass er immer wieder davon sprach, wie schön es ist »in der Hauptstadt« zu spielen. Er hat das so oft betont, dass es nicht unbedacht gewesen sein kann. Wann war Berlin die Hauptstadt Österreichs? Zu einer Zeit, als es Österreich ins faschistische Deutschland »heimgeholt« wurde und dann Ostmark hieß. Das ist nicht sein einziger positiver Bezug zum Faschismus. Auf der CD »VolksRock`n`Roller« sieht man ihn in einer Pose, die stark an ein Hakenkreuz erinnert. Die Zeitung Vice hat sich die Texte von Andreas Gabalier genauer angesehen und kam zu dem Ergebnis: »Wie immer geht es um Zeichen und Codes, die so oder so gedeutet werden können.«

Fasching ist immer auch ein Zeichen der Zeit. Die Nominierung von Andreas Gabalier für den Karl-Valentin- Orden zeigt, wie weit die Gesellschaft inzwischen nach rechts gerückt ist.