Vorwärts in die Vergangenheit

geschrieben von Cornelia Kerth

16. November 2019

Erster Akt: Die Auferstehung des Berliner Stadtschlosses

100 Jahre nachdem die Novemberrevolution den Potentaten hinweggefegt hat, der Millionen Menschen im ersten Weltkrieg verheizt hatte, ist das Symbol seiner Herrschaft in der Mitte des »neuen« Berlin wieder auferstanden: das Berliner Stadtschloss.

Auf die Idee musste erst mal einer kommen. Und das war der mecklenburgische Adelsspross Wilhelm von Boddien. Schon Ende der 80er Jahre hatte er sich dem Kreis der »Freunde der preußischen Schlösser und Gärten« um den vormaligen Chef-Arisierer der Deutschen Bank, Hermann Josef Abs, angeschlossen und fand dort in Speer-Verleger und -Verehrer Jobst Siedler und Hitler-Biograph Joachim Fest engagierte Mitstreiter für seine Idee. Beide wurden in dem von Boddien initiierten »Förderverein für das Berliner Schloss« aktiv. Kaum war 1992 die Entscheidung gefallen, Berlin zur Hauptstadt des nunmehr wieder größeren Deutschland zu machen, schlug der Freundeskreis vor, das in der Öffentlichkeit bereits völlig vergessene Schloss als »Schlossattrappe« wieder erstehen zu lassen, der Berliner Senat stellte den Ort »leihweise« zur Verfügung.

Auf die bei der öffentlichen Vorstellung des Projekts von Journalisten geäußerten Bedenken, was wohl im Ausland gesagt würde, wenn das Schloss wieder aufgebaut würde, von dessen Balkon Wilhelm II. die Brandrede hielt, mit der der 1. Weltkrieg ausgerufen wurde, fand Boddien eine diplomatische Antwort: er konnte die französische Monumentalmalerin Catherine Feff gewinnen, das Schloss auf Leinwand zu malen. Dem Deutschlandfunk erzählte er dazu 2012, er habe gedacht »Mensch, die Franzosen, die waren doch über 100 Jahre unser stärkster Erzfeind überhaupt, wenn ich diese Catherine Feff dazu kriege, als Französin das preußischste aller Preußenschlösser zu malen, habe ich doch die Journalisten im Griff.« (1)

2011 schreibt Boddien in einem 44-seitigen vierfarbigen »Berliner Extrablatt« (2) des Fördervereins stolz: »Damit (mit der gemalten Schlossattrappe; d. Verf.) beeinflussten wir auch den internationalen Strukturwettbewerb für die Spreeinsel, bei dem die drei Siegerentwürfe die Kubatur und den Grundriss des Schlosses weitestgehend übernahmen. Unsere Freunde finanzierten auch unsere gesamte Öffentlichkeitsarbeit sowie die Sammlung von Archivmaterial, Daten und Fakten, mit denen wir schon 2002 die ‚Internationale Kommission Historische Mitte Berlin’ beeindruckten. Aufgrund ihrer Empfehlung traf der Deutsche Bundestag danach seine Grundsatzentscheidung zum Wiederaufbau des Schlosses.« Die Empfehlung, tatsächlich auf drei Seiten des Kubus die Fassaden des Hohenzollern-Schlosses nachzubauen, war in der Kommission nur mit knapper Mehrheit gefallen, der Bundestag übernahm sie nahezu mit Zweidrittel-Mehrheit. Die 2011 vom Haushaltsausschuss des Bundestags (nur gegen die Stimmen der Linken) bewilligten Kosten von 590 Millionen € werden weitgehend aus Steuermitteln aufgebracht. Der Förderverein will Spenden in Höhe von 80 Millionen € akquirieren.

Ursprünglich war das Stadtschloss im 15. Jahrhundert vom brandenburgischen Kurfürst Friedrich II errichtet worden. Das Land dafür nahm er kurzerhand den Einwohnern der damaligen freien Städte Berlin und Cölln weg, was 1448 zu einem Volksaufstand führte, der unter der schönen Bezeichnung »Berliner Unwille« in die Geschichte einging. Dennoch wurde der Bau 1451 fertig gestellt und war über Jahrhunderte der Fürsten-, Königs- und Kaisersitz der Hohenzollern.

Dabei erfuhr der Bau immer wieder wesentliche bauliche Veränderungen, mit denen er dem jeweiligen Stil der Zeit angepasst wurde. Die 1854 eingeweihte Rundkuppel machte es zum dominierenden Bau der Spreeinsel und der Residenzstadt Berlin. Als 30 Jahre später der Bau des Reichstags begann und dort ebenfalls eine Kuppel vorgesehen war, setzte Wilhelm II. durch, dass diese auf keinen Fall höher ausfallen durfte, als diejenige, die sein Schloss krönte.

Als Sitz der preußischen Könige und deutschen Kaiser war das Schloss Symbol ihrer Herrschaft. Es ist also verbunden mit der Erinnerung an Sozialistengesetze, Kolonialkriege, den Völkermord an Nama und Herero und vor allem an den Ersten Weltkrieg, mit dem Wilhelm II. die deutschen Ansprüche Weltmacht zu werden, durchsetzen wollte.

Der Förderverein schreibt auf seiner Homepage: »Mit dem Bau des Humboldt Forums in der Gestalt des Berliner Schlosses gewinnt die Mitte Berlins ihre ursprüngliche Identität zurück! Das Schloss tritt wieder in einen Dialog zu den historischen Gebäuden der Stadt und gibt ihnen ihre frühere Bedeutung zurück. Aus bislang dort fast zusammenhanglos stehenden Einzelgebäuden wird wieder ein Ensemble von Weltgeltung: Das in den Kunstgeschichten (sic!) vor dem Krieg gepriesene architektonische Gesamtkunstwerk Berlin ist wieder da.« Ganz so, als hätte es den Zweiten Weltkrieg, in dem das Schloss zerstört wurde, gar nicht gegeben …

Zweiter Akt: Das Humboldt-Forum

Auch die »Internationale Kommission Historische Mitte Berlin« hatte offensichtlich eine zumindest schwache Ahnung davon, dass die historisierende Rekonstruktion des Kaiserschlosses – v. a. in Verbindung mit dem Abriss des Palastes der Republik, der für die DDR-Moderne stand – in einer kritischen öffentlichen Debatte als das wahrgenommen werden könnte, was sie ist: Ausdruck einer Tendenz zum Revisionismus. (3)

Das war wohl ein wesentlicher Grund für den damaligen Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Klaus-Dieter Lehmann (4), dem Berliner Senat und dem Beauftragten der rot-grünen Bundesregierung für Kultur und Medien, Michael Naumann, schon im Vorfeld der Schloss-Entscheidung ein Papier vorzulegen. Darin schlug er vor, die außereuropäischen Sammlungen der Staatlichen Museen zu Berlin aus ihrer städtischen Randlage in Dahlem in die direkte Nachbarschaft der Museumsinsel zu holen. Damit entstünde »eine einmalige Konzentration der Kulturen der Welt in der Mitte Berlins – mit der Leitidee beider Brüder Humboldt«: »während die Museumsinsel […] mit ihren archäologischen Sammlungen und denen der abendländischen Kultur dem humanistischen Bildungsideal Wilhelm von Humboldts entspricht, könnte der Schlossplatz, im Süden der Museumsinsel gelegen, die außereuropäischen Kulturen des jetzigen Dahlemer Musemsquartiers aufnehmen. Dieses Konzept entspräche dem Denken des Weltbürgers Alexander von Humboldt.« (5)

Zugleich spricht er davon, das »Verhältnis Deutschlands zu den Kulturen der Welt« könne darin neu bestimmt werden, was seine Gestaltung »zu einer nationalen Aufgabe mache«. (6) Die Ethnologin Beate Binder spricht in diesem Zusammenhang von »geplantem Kosmopolitanismus«: »Zentriert um die Begriffe Begegnung, Offenheit und kulturelle Erfahrung wird das Humboldt-Forum als Reflexionsraum entworfen, in dem das Nationale innerhalb einer sich globalisierenden Welt verstetigt werden kann und zugleich von der Toleranz und Offenheit der deutschen Nation spricht.« (7)

Vor allem aber spiegelt sich in der Gegenüberstellung von »abendländischer Kultur« auf der Museumsinsel und »außereuropäischen Kulturen«, die im Humboldt-Forum Platz finden sollen, das ganz alte Denken vom »Eigenen« und »Fremden«, das untrennbar mit dem kolonialen Rassismus und der damit verbunden Kategorisierung von Menschen und ihrer Kultur verbunden ist. Wie unangemessen dies ist, wird allein schon deutlich, wenn wir an das Pergamon-Museum denken, das tatsächlich ein Museum des antiken Orient ist, zu dem eben auch die griechischen Eroberungen und Gründungen rund um das Mittelmeer gehörten.

Viele von uns kennen den namensgebenden Fries aus Peter Weiss’ »Ästhetik des Widerstands«, der ihn als Dokument der schon in den frühen Klassengesellschaften vorhandenen Ahnung von Geschichte als Geschichte von Klassenkämpfen interpretiert und ihm so eine tragende Rolle in der Menschheitsgeschichte zugewiesen hat. Damit steht er in deutlichem Kontrast zum aktuellen Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger, zugleich einer der drei Gründungsintendanten des Humboldt-Forums, der von diesem erwartet, es könne durch »Erfahrungen mit außereuropäischer Kunst und Kultur […] die Menschen neugierig machen und für andere Welten begeistern« und so neue »Formen des Umgangs mit dem Fremden und dem Anderen« (8) befördern.

Dieser Geist, der vordergründig dem »Denken des Weltbürgers Alexander von Humboldt« zu widersprechen scheint, ist allerdings nicht ganz so fern vom Namensgeber und anderen »Entdeckern«. (9) Wer in den letzten 500 Jahren in der »Neuen Welt«, auf dem »Schwarzen Kontinent« im Orient oder in der Südsee auf Forschungsreise war, tat dies notwendig in engem Einvernehmen mit den kolonialen Strukturen: Reiseerlaubnis und Reisewege, logistische Unterstützung waren kaum ohne Kooperation mit den jeweiligen Kolonialherren zu haben, oft haben sie auch die Reisen direkt finanziert. Diese Unterstützung war ohne »Gegenleistung« nicht zu haben. Die Entwicklung moderner Wissenschaften wie bspw. der Geographie, Geologie, Biologie und ganz besonders der Ethnologie oder, auf gut Alt-Deutsch: Völkerkunde, ist ohne die koloniale Expansion Europas schlicht nicht denkbar. (10)

Ja, Alexander von Humboldt war ein aufgeklärter Europäer, und ja, er hat sich immer wieder kritisch gegenüber der Kolonialpolitik und der Behandlung der Kolonisierten geäußert. Dennoch hat die Initiative »No Humboldt21« 2013 in ihrem »Moratorium für das Humboldt-Forum im Berliner Schloss« auch diese Namensgebung kritisiert und sich mit ihren Kritikern öffentlich auseinandergesetzt. Auch Humboldt war auf seiner berühmten »Reise nach Südamerika. Vom Orinoko zum Amazonas« (11) auf Kooperation mit der spanischen Kolonialmacht angewiesen. Nicht nur erhoffte sie sich von ihm »Hinweise auf die bessere Nutzung der zahlreichen Bergwerke« (12), sein Pass mit dem Siegel des spanischen Königs verpflichtete ihn nach außen zur Loyalität gegenüber der spanischen Krone und deren Repräsentanten. (13) In seinem Buch schrieb er selbst: »Ich übergab während meines Aufenthalts in Amerika den Statthaltern der Provinzen Abschriften des von mir gesammelten Materials über die Geographie und Statistik der Kolonien, das dem Mutterlande von einigem Nutzen sein könnte.«

Auch an einem weiteren wesentlichen Punkt unterschied sich Humboldt in keiner Weise von anderen Reisenden seiner Zeit. Wie fast alle war er der Meinung, dass die Menschen, die er traf und ihre Kulturen kategorisiert, inventarisiert und in Museen gebracht werden mussten, um sie als Zeugnisse einer baldigen Vergangenheit zu bewahren. So grub er auf der Rückreise vom Orinoco gegen erheblichen Widerstand der ansässigen Bevölkerung in der Höhle von Ataruipe Skelette Verstorbener aus, verpackte sie und nahm sie für anthropologische Forschungszwecke einfach mit.

Wenn er in seinem Buch schreibt »Es wird in beiden Amerikas überhaupt kein dauerndes Glück geben, als bis diese, durch lange Unterdrückung zwar gedemütigte, aber nicht erniedrigte Rasse alle Vorteile teilt, welche aus den Fortschritten der Zivilisation und der Vervollkommnung der gesellschaftlichen Ordnung hervorgehen«, so macht das in Kürze deutlich, dass auch die preußische Lichtgestalt zwar konkrete Begleiterscheinungen der kolonialen Expansion kritisch betrachtete, aber keineswegs ihre »zivilisatorische« Mission.

Dritter Akt: Koloniale Trophäen reloaded

Der hochtrabend formulierte Anspruch des Humboldtforums ist, »indigene Völker« in seine künftige Arbeit als »Haus der Kulturen der Welt« einzubeziehen. In diesem Sinne war 2013 eine kleine Delegation aus Kolumbien zu Gast in Berlin Dahlem. Zwei Vertreter der Kogi, einer heute 18.000 Menschen zählenden Gruppe, die sich vor den anrückenden Spaniern in das unwirtliche Küstengebirge zurückziehen und so ihre Kultur weitgehend erhalten konnte, waren eingeladen, Auskunft zu geben über zwei »Sonnenmasken«, die sich seit 100 Jahren im Depot der Stiftung Preußischer Kulturbesitz befinden. Hergestellt wurden die Masken in der Mitte des 15. Jahrhunderts, kurz vor der Ankunft der Spanier in Mittelamerika.

Kaum haben die beiden Gäste – ein Priester und politischer Vertreter der Kogi – die Masken gesehen und in einem Ritual Kontakt zu ihnen hergestellt, fordern sie ihre Rückgabe. »Wir sind ihre lebenden Söhne. Wir möchten mit ihnen sprechen und in Kontakt sein« sagt der Sprecher José de los Santos Sauna Limaco. Das sieht Gründungsintendant Parzinger offensichtlich anders: Juristisch gebe es keinen Anlass zur Rückgabe, die hätte gegenüber der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (statt gegenüber der Kuratorin) vorgebracht werden müssen; man könne – falls die konservatorischen Gegebenheiten dies zuließen – über eine Ausleihe sprechen. Man müsse eine gemeinsame Form finden. (14)

Am 18. Dezember 1973 hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen in ihrer Resolution 3187 zunächst in der Präambel an die Erklärung über die Gewährung der Unabhängigkeit an koloniale Länder und Völker von 1960 und die UNESCO-Konvention von 1970 erinnert. Sie kommt dann auf die »häufig als Ergebnis kolonialer oder fremder Besatzung« erfolgte Wegnahme von Kunstwerken und drückt ihre Überzeugung aus, dass deren Rückerstattung »den schweren Schaden wiedergutmachen werde«. Als operative Schlussfolgerung wird bekräftigt dass die »unverzügliche und kostenlose Rückerstattung von Kunstgegenständen, Denkmälern, Museumsstücken, Manuskripten und Dokumenten insofern geeignet ist, die internationale Zusammenarbeit zu stärken, als sie eine gerechte Entschädigung für den zugefügten Schaden« darstelle.

2004 kommt Thomas Fitschen in seinem sehr informativen Artikel »30 Jahre ‚Rückführung von Kulturgut’« zu dem Schluss »30 Jahre nach der Rede Mobutus kann der Versuch Zaires, in der Generalversammlung ein Recht der Entwicklungsländer (sic!) auf Rückführung von Kulturgut zu reklamieren, welches sie zu Zeiten kolonialer und anderer Formen politischer Fremdherrschaft verloren haben, nur als gescheitert betrachtet werden.« (16)

Das Bild in Deutschland ist tatsächlich trostlos. Auch in der BRD gab es in den 1970er Jahren unter Ethnologen im Allgemeinen und Museumsethnologen im Besonderen wissenschafts- und museumskritische Ansätze (17), das Völkerkunde-Museum in Frankfurt/Main und das Übersee-Museum Bremen veränderten ihre Konzepte fundamental im Sinne einer Abkehr von der Tradition des Musen-Tempels, in dem vorwiegend Raubgut ausgestellt war, zugunsten aufklärerisch-emanzipatorischer Bildungsarbeit mit dem Ziel der Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit. 1990 wurde der Direktor des Übersee-Museums entlassen, wenige Jahre später wurden die alten »Prunkstücke« des Museums wieder aus den Magazinen geholt und stolz zur Schau gestellt.

Die Völkerkunde-Museen stehen so bis heute in der Tradition, aus der sie kommen: zunächst – wie andere Museen auch – als königliche Kunstkammern entstanden, dann als Symbole imperialer Macht und Überlegenheit des Deutschen Reiches und seines stolzen Bürgertums und ihrer Städte gebaut. Gefüllt mit Trophäen kolonialer Expansion und Aneignung der Welt.

Ach so, da war noch etwas: der Vorschlag durchaus honoriger Personen wie Hennig Melber, deutsch-namibischer Afrikanist und politischer Aktivist, im Humboldt-Forum einen Gedenkraum für die Opfer des deutschen Kolonialismus einzurichten. Dagegen wendet Jürgen Zimmer, Professor für die Geschichte Afrikas an der Universität Hamburg, ein: »Anstatt auf einen Gedenkraum des Kolonialismus zu setzen, sollte die Zivilgesellschaft dafür streiten, das Humboldt-Forum insbesondere in der Geschichte seiner Objekte zu dekolonisieren. Das wäre Aufgabe genug. Die Benin-Bronzen (20) als eindeutige Raubkunst und spektakulärste Objekte müssen erst restituiert und dann als Leihgaben gezeigt werden – in einem Forum, das man zumindest in einem substantiellen Teil Benin-Forum nennt. Ein Gedenkort darin wäre dann obsolet. Das Benin-Forum wäre der Gedenkort. (21) Wahrscheinlicher ist, dass eintritt, was der Documenta-Kurator Bonaventura Ndikung erwartet: »Die Deutschen bauen sich ein Museum, um darin Objekte aus dem ›Nichtwesten‹ zu zeigen. Dieses Museum liegt am Schlossplatz, nicht fern von der Alten Nationalgalerie, die ausschließlich Objekte des ›Westens‹ beherbergt. Da inszeniert man wieder den alten Gegensatz von ›wir‹ und ›die‹. Solange wir das tun, werden wir nie in der Lage sein, Ereignisse wie etwa in Beirut, Paris oder Bamako zu verstehen. Es gibt kein ›wir‹ und kein ›sie‹, weder politisch noch kulturell. (22)«

 

(1) https://www.deutschlandfunk.de/eine-hochzeitstorte-furs-prinzenpaar-von-der-sehnsucht-nach.media.74bbec76de52661813e4ea85d6b38a2b.

(2) https://issuu.com/berliner-schloss/docs/berliner_extrablatt_74/1?ff&e=2816022/1501891

(3) So widmet sich eine Begleitveranstaltung der von arche+ – Zeitschrift für Architektur und Urbanismus zusammen mit der vom Neuen Kunstverein organisierten Ausstellung »1989–2019: Politik des Raums im Neuen Berlin« auch dem »Mythos der Geschichte«. Im Ankündigungstext dazu heißt es: »Das Berlin der Post-Wende-Zeit bot Raum, war im Wandel begriffen und sollte, so die politische Vision, wieder zur Weltstadt werden. Diese Global-City-Ambitionen verbanden sich nicht selten mit einer Rhetorik des Nationalen, die Berlin als deutsches Aushängeschild in der Welt imaginierte. Diese Vorstellung mündete einerseits in einer flächendeckenden Überschreibung der DDR-Moderne, andererseits in einer vermeintlichen Berlinischen Architektur mit einer historisierenden und rekonstruierenden Bauweise. Mit der Fertigstellung von Großprojekten wie dem Humboldt Forum, dem Bau von Luxuswohnungen mit historisch anmutenden Fassaden oder der geplanten Rekonstruktion des Karstadt-Gebäudes am Hermannplatz bleibt die Debatte um revisionistische Tendenzen virulent.«

(4) Heute Präsident des Goethe-Instituts und Programmbeirat des Humboldt-Forums

(5) Klaus-Dieter Lehmann, Die Kulturen der Welt auf dem Schlossplatz, in: Horst Bredekamp/Peter-Klaus Schuster (Hg.), Das Humboldt Forum. Die Wiedergewinnung der Idee, Berlin 2016, S. 246-249; zitiert nach dem sehr lesenswerten Artikel von Daniel Morat, Katalysator wider Willen. Das Humboldt Forum in Berlin und die deutsche Kolonialvergangenheit. In: Zeithistorische Forschungen, Heft 1/2019. (https://zeithistorische-forschungen.de/autoren/daniel-morat)

(6) Ebd.

(7) Beate Binder, Vom Preußischen Stadtschloss zum Humboldt-Forum. Der Berliner Schlossplatz als neuer nationaler Identifikationsort, in: Yves Bizeul (Hg.), Rekonstruktion des Nationalmythos? Frankreich, Deutschland und die Ukraine im Vergleich, Göttingen 2013, S. 99-120, hier S. 114.; zit. nach Morat (s. Anm. 5)

(8) Hermann Parzinger, Das Humboldt-Forum. »Soviel Welt mit sich verbinden als möglich«. Aufgabe und Bedeutung des wichtigsten Kulturprojekts in Deutschland zu Beginn des 21. Jahrhunderts, Berlin 2011, S. 1; zit. nach Morat (s. Anm. 5)

(9) Einige Frauen gab es darunter durchaus auch, allerdings sind ihre Namen meist dem Vergessen anheimgefallen – auch weil sie meist ohne hoheitlichen Auftrag unterwegs waren.

(10) So schrieb der als »Begründer der modernen deutschen Völkerkunde« (sic!) geltende Ethnologe Adolf Bastian in seiner »Vorgeschichte der Ethnologie«: »Ein maßgeblicher Bundesgenosse trat jetzt hinzu, in naturgegebener und förderlicher Allianz, aus dem praktischen Gebiete, aus den Bedürfnissen kolonialer Verwaltung, um die durch schwere Kosten an Geld und Blut strafenden Missgriffe in der Beherrschung der Eingeborenen fürderhin zu vermeiden.« (Berlin 1881)

(11) So der Titel der aktuellen Veröffentlichung im Lamuv-Verlag Göttingen 1990, herausgegeben von Jürgen Starbatty

(12) Frank Holl, Alexander von Humboldt – »Geschichtsschreiber der Kolonien” http://www.goethezeitportal.de/db/wiss/ahumboldt/holl_kolonialismus.pdf

(13) Ebd.

(14) Der Besuch wurde von einem Filmteam begleitet: https://www.zdf.de/dokumentation/jahrhundertprojekt-museumsinsel/die-indianer-kommen-berliner-schloss-humboldtforum-soll-ein-100.html

(15) http://www.unesco.org/culture/laws/pdf/UNGA_resolution3187.pdf

(16) Erschienen in: Vereinte Nationen 2/2004

(17) Vgl. z. B. »Museum, Information, Forschung: MIF; Rundbrief der Arbeitsgruppe Museum in der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde, Bremen: Übersee-Museum 1973 – 1990

(18) Horst Bredekamp, Heimkehr auf den Schlossplatz – Rekonstruktion der Kunstkammer, in: ders./Schuster, Das Humboldt Forum (Anm. 4), S. 266-269, hier S. 266. Vgl. dazu auch Horst Bredekamp/Michael Eissenhauer, Keimzelle Kunstkammer, in: Stiftung Preußischer Kulturbesitz (Hg.), Das Humboldt-Forum im Berliner Schloss. Planungen, Prozesse, Perspektiven, München 2013, S. 50-57; zit. nach Morat (s. Anm. 5)

(19) Thomas Flierl/Hermann Parzinger, Humboldt-Forum Berlin. Das Projekt – Ortsbestimmung, in: dies. (Hg.), Die kulturelle Mitte der Hauptstadt. Projekt Humboldt-Forum in Berlin, Bonn 2009, S. 8f., hier S. 8.; zit. nach Morat (s. Anm. 5)

(20) Das Königreich Benin wurde um 600 u. Z. im Südwesten des heutigen Nigeria gegründet. Der holländische Händler und Geograph Olfert Dapper beschrieb 1668 in seinem Buch »Umbstaendliche und Eigentliche Beschreibung von Afrika« staunend die Pracht der Hauptstadt und des Königspalastes. 1897 wurde die Hauptstadt im Rahmen einer britischen »Strafexpedition« völlig zerstört und geplündert. Seitdem gehören die »Benin-Bronzen« zu den Prunkstücken europäischer Museen. Auch im Humboldt-Forum sollen sie einen hervorgehobenen Platz einnehmen.

(21) Die Kontroverse ist dokumentiert in nd, Mikroskop, 19./20. Januar 2019

(22) Humboldt-Forum: »So etwas wie Unterwerfung«. Die Zeit, Nr. 2/ 2016