Mal so gesehen, mal anders

geschrieben von Ernst Antoni

24. Februar 2020

Über institutionellen Umgang mit Recht und Gesetz

Manchmal reicht das Blättern in einer einzigen Tageszeitung, um mit widersprüchlichen Umgangsformen von Ordnungs- und Gesetzeshüter*innen – handelt es sich um Aktivitäten in eher rechten oder eher linken Umfeldern – auf engstem Raum konfrontiert zu werden.

Am 4. Januar stand auf der ersten Seite des »Bayern«-Teils« der Süddeutschen Zeitung ein Artikel mit der Überschrift »Rechts und Gesetz«. Und präzisierend darunter: »Hitlergruß, SS-Runen, rassistische Beleidigungen: Alles Einzelfälle, meinen die einen. Die anderen sehen nur die Spitze des Eisbergs.« Im Text ging es um bekannt gewordene extrem rechte Vorfälle in Polizei- und auch Justizkreisen und um deren verharmlosendes Herunterspielen. Zwei Seiten weiter dann ein aktueller Gerichtsbericht aus Nürnberg: »Eine Frau ist schuldig des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz – weil sie nicht verhindert hat, dass Papierflieger über den Zaun einer Behörde glitten«. Die Behörde ist das in Nürnberg angesiedelte »Bundesamt für Migration und Flüchtlinge« (Bamf), die Verurteilte war Leiterin einer Versammlung von 40 Frauen und Kindern, die im Juli 2018 vor dem Amt demonstrierten.

Nachdem ihnen der Zugang polizeilich verwehrt wurde, ließen sie ihre Wünsche in Form von Papierfliegern über den Zaun schweben. »Wir fordern gleiche Rechte« etwa oder »Alle Lager abschaffen«. Flugblätter, Flyer – obwohl die Polizei ihnen auch dies untersagt hatte. Weshalb die Versammlungsleiterin in erster Instanz bereits zu einer stattlichen Geldstrafe verurteilt worden war. Diese wurde nun von der Richterin im zweiten Durchgang nicht mehr verhängt. Aber beim eigentlichen Urteil, bei einer Verwarnung und Androhungen, sollte die Flüchtlingshelferin noch einmal gegen ein Gesetz verstoßen, ist es geblieben.