Führer-Phantasien

geschrieben von Janka Kluge

22. März 2020

Die »Zukunftsvisionen« des Björn Höcke

Björn Höcke hat seine Ideen für ein künftiges Deutschland in einem Buch gebündelt und im kleinen rechten »Manuscriptum Verlag« veröffentlicht. Dabei handelt es sich um ein langes Interview, dass Sebastian Hennig mit ihm geführt hat. Die beiden verstehen sich gut, es gibt keine kritischen Nachfragen. Im Gegenteil, sie ergänzen sich und spielen sich Gedankenbälle zu. Schon der Titel des Buches »Nie zweimal in denselben Fluss« lässt aufmerken.

Was meint Höcke damit? Er beschreibt so seine Distanzierung von Hitler und der NSDAP. »Der Nationalsozialismus und Faschismus sowie der Kommunismus versuchten Anfang des 20. Jahrhunderts mit brachialen Mitteln und Methoden, die Krisen der Modernen in den Griff zu bekommen, scheiterten aber dramatisch und hinterließen Trümmerfelder, auf denen sich der zersetzende Materialismus noch ungezügelter ausbreiten konnte.«

»Nie zweimal in denselben Fluss« Björn Höcke, Sebastian Hennig, 297 Seiten, Manuscriptum Verlag, 18,90 EUR

»Nie zweimal in denselben Fluss« Björn Höcke, Sebastian Hennig, 297 Seiten, Manuscriptum Verlag, 18,90 EUR

Seine Gleichsetzung von Faschismus und Kommunismus überrascht nicht. Interessant ist aber, dass für Höcke die Intention des Faschismus in der Überwindung der Moderne bestand. Das sollte seiner Meinung nach auch heute die Aufgabe der Politik sein. Seine Distanzierungen vom historischen Faschismus wirken dabei nicht glaubhaft. Höcke möchte lieber Preußen als Vorbild ansehen. Immer wieder nimmt er positiv darauf Bezug und bringt es selbst mit dem italienischen Faschismus in Verbindung. »Das ›unbequeme Leben‹, das Mussolini seinen Landsleuten abforderte, erinnert zumindest ein bisschen an die kratzige, aber wärmende preußische Jacke, von der Bismarck sprach.«

»Unabhängig von dem ziemlich großmäuligen Rückgriff auf die römisch-imperiale Antike schätzen die Italiener bekanntlich am Faschismus die Ausschaltung der Mafia, die Trockenlegung der Sümpfe, die guten Straßen und die Pünktlichkeit der Züge« Kein Wort davon, dass unter der Herrschaft Mussolinis hunderttausende Linke eingesperrt, die Parteien verboten und die Gewerkschaften aufgelöst waren. Er kritisiert dies nicht, weil es auch seiner Vorstellung entspricht. Wie eine Drohung klingt es, wenn Höcke sagt. »In der Tat ist Politik kein Betätigungsfeld für Heilige (…) Sie ist eine eigene Sphäre, in der andere Gesetze gelten als die der religiösen, oder auch bürgerlichen Moral.«

Höcke träumt davon, dass nach der nationalen Erhebung die »Altparteien« und die Politiker davongejagt werden. In seinen politischen Überlegungen geht er davon aus, dass auch ein Teil der deutschen Bevölkerung dann nicht mehr »zum Volk« gehören werde. Offen lässt er, wodurch sie ausgeschlossen werden. »Ich bin sicher, dass – egal wie schlimm die Verhältnisse sich auch entwickeln mögen – am Ende noch genug Angehörige unseres Volkes vorhanden sein werden, mit denen wir ein neues Kapitel unserer Geschichte aufschlagen können. Auch wenn wir leider ein paar Volksteile verlieren werden, die zu schwach, oder nicht willens sind, sich der fortschreitenden Afrikanisierung, Orientalisierung und Islamisierung zu widersetzen.« Er fährt fort. »Aber abgesehen von diesem möglichen Aderlaß haben wir Deutschen in der Geschichte nach dramatischen Niedergängen eine außergewöhnliche Renovationskraft gezeigt.« Er ist sich sicher, dass die Abschaffung der Demokratie gelingen wird.

»Aber die deutsche Unbedingtheit wird der Garant dafür sein, daß wir die Sache gründlich und grundsätzlich anpacken werden. Wenn einmal die Wendezeit gekommen ist, dann machen wir Deutschen keine halben Sachen. Dann werden die Schutthalden der Moderne beseitigt, denn die größten Probleme von heute sind ihr anzulasten.«

Höcke ist optimistisch, dass sich alle rechten Gruppen zusammenschließen werden, um die Demokratie abzuschaffen. Der Flügel, die Gruppierung in der AfD, die sich am weitesten rechts außen positioniert, sieht er dabei als eine Art gutes Gewissen der Partei. »Wir verstehen den Flügel ganz einfach als einen guten Geist, der darüber wacht, dass wir eine echte Alternative zu den etablierten Parteien bleiben.«

Björn Höcke hat mit dem Titel seines Buches völlig recht. Es ist nicht derselbe Faschismus wie unter Hitler oder Mussolini, den er erstrebt. Er präsentiert uns die Machtfantasien eines durchgeknallten Bildungsbürgers, der davon träumt, der neue Führer zu werden. Die Begleiterscheinungen dessen werden aber genauso grausam und unmenschlich sein, wie bei seinen Vorbildern.

Nehmen wir ihn ernst, auch wenn manches von dem, was er von sich gibt, im Moment noch wie Szenen aus einem schlimmen Albtraum wirken. Er lässt jedenfalls keinen Zweifel daran aufkommen, dass er bereit ist, seine Vorstellungen umzusetzen. Es liegt an uns, das zu verhindern.