Berufsverbote auch heute

6. April 2020

Ein antifa-Gespräch mit dem Heidelberger Lehrer Michael Csaskoczy

antifa: Michael, die AfD fordert im Landtag von Baden-Württemberg, dass du als Lehrer entlassen wirst. Wie kommen sie dazu?

Michael Csaskoczy: Zum einen war ihre groß angelegte Kampagne, mit der sie Schüler auffordern wollten, kritische Lehrer und Lehrerinnen zu denunzieren, ein ziemlicher Flop. Offensichtlich haben sich nirgendwo denunziationswillige Schüler gefunden. Da dachten sie wohl, sie müssten selbst »nachliefern«. Und zum zweiten läuft gegen mich in zweiter Instanz ein Verfahren wegen Hausfriedensbruchs, das die AfD selbst angestrengt hat. Es geht dabei um eine öffentliche Wahlkampfveranstaltung der AfD in der Stadtbücherei Heidelberg. Ich hatte darauf bestanden, als kritischer Bürger an einer öffentlichen Versammlung in öffentlichen Räumen teilnehmen zu dürfen. Und schließlich kann sich die AfD dabei auf den sogenannten »Verfassungsschutz« berufen, der mich trotz meines gewonnenen Berufsverbotsverfahrens nach wie vor als Staatsfeind diffamiert.

antifa: Um Lehrer zu werden musstest du gegen das Land Baden-Württemberg klagen. Das Kultusministerium hatte die Anstellung als Lehrer mit Hinweis auf deine klare antifaschistische Haltung verweigert.

Michael Csaskoczy: Das war damals ein Testballon, initiiert von der damaligen Kultusministerin Anette Schavan im Verein mit dem Inlandsgeheimdienst, dem ich nach wie vor nicht den irreführenden Namen »Verfassungsschutz« zugestehen mag. Das letzte Berufsverbot lag damals fast 20 Jahre zurück und in mir scheinen sie wohl ein für ihre Zwecke geeignetes Objekt gefunden zu haben. Die Reizworte »Antifaschismus« und »autonom« schienen ihnen dafür, an meiner herausgehobenen politischen Stellung, offensichtlich ausreichend zu sein. Zunächst kamen sie mit ihrem Berufsverbot ja auch durch. Nur einer breiten politischen Kampagne ist es zu verdanken, dass das Berufsverbot 2007 vom Verwaltungsgerichtshof Mannheim aufgehoben. Über zehn Jahre lang habe ich meinen Beruf ungehindert ausüben können, auch wenn der sogenannte »Verfassungsschutz« weiter darauf besteht, mich als Verfassungsfeind zu bespitzeln. Aber klar: Irgendetwas bleibt bei solchen Schmutzkampagnen immer kleben. Nun versuchen sie es also mit strafrechtlichen Mitteln, denen dann disziplinarrechtliche folgen sollen. Die Presse hat berichtet, dass bei meiner Verhandlung auch Vertreter des Kultusministeriums zur Beobachtung anwesend waren.

antifa: Kurz vor dem Prozess gegen dich wurde die Richterin ausgetauscht. Wie erklärst du dir das?

Michael Csaskoczy: Das ist eigentlich ein ganz außergewöhnlicher Vorgang. Es gibt das Grundrecht auf einen festgesetzten Richter, der nicht willkürlich geändert werden darf. Angeblich wegen »Umstrukturierungsmaßnahmen« wurden ausgerechnet alle anhängigen Verfahren mit dem Anfangsbuchstaben C der Richterin Frau Dr. Glaser übertragen. Das dürfte ziemlich exakt nur mein Verfahren betroffen haben. Die Richterin ist, wie wir später erfahren haben, Schwiegertochter des AfD-Gründers Albrecht Glaser, eines alten Heidelberger Burschenschafters, der wegen seiner rassistischen Ausfälle nicht zum Vizepräsidenten des Bundestages gewählt wurde. Entsprechend absurd verlief die Verhandlung. Das Gerichtsgebäude war wegen meiner angeblichen »Gefährlichkeit« in eine wahre Polizeifestung verwandelt worden. Es durften nur Polizei- und AfD-Zeugen angehört werden, alle anderen Augenzeugen wurden abgelehnt. Schließlich verkündete die Richterin, die AfD-Versammlung sei zwar öffentlich gewesen, für mich selbst aber würde »der Schutz des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit nicht gelten«, weil ich als linker Rädelsführer anzusehen sei. Das Verfahren geht nun in die nächste Instanz, aber Frau Glaser ist fortan für mich zuständig, eine Befangenheit wurde vom Gericht nicht erkannt. Seitdem überzieht sie mich mit grotesken Strafbefehlen (z. B. wegen Polizistenbeleidigung, die in einer Menschenmenge niemand außer dem Polizisten selbst gehört hat oder wegen der Veröffentlichung von Auszügen eines Strafbefehls gegen mich).

antifa: Obwohl du bereits Repressalien erlebt hast wirkst du ungebrochen. Woher nimmst du die Kraft?

Michael Csaskoczy: Es wäre gelogen, wenn ich behaupten würde, dass mich die Zeit des Berufsverbots und die folgende Repression nicht ganz schön gebeutelt hätten. Vor allem beunruhigt mich, wie selbstverständlich Teile der Justiz und der Exekutive mit den neuen Rechten zusammenarbeiten. Aber zum einen weiß ich, dass ich nicht allein stehe. Und zum anderen: Ich wurde politisch sozialisiert durch Menschen, die im Widerstand gegen die Nazis standen, und die mich unglaublich stark beeindruckt haben. Anders als sie riskiere ich nicht mein Leben, sondern nur meine Ruhe und meinen Beruf. Was soll ich da jammern?

Das Interview führte Janka Kluge