Vom »Mörderlager« nach Spanien

geschrieben von Friedbert Mühldorfer

21. Juli 2020

Erinnerung an Hans Beimler zu seinem 125. Geburtstag

Es waren schwere Startbedingungen: Am 2. Juli 1895 von der ledigen Hausgehilfin Rosina Beimler in einer armseligen Unterkunft in München geboren, wenige Wochen später zu den Großeltern in das oberpfälzische Dorf Waldthurn gebracht, Schulbesuch, Schlosserlehre bei seinem Onkel. Also packte Hans Beimler sein Leben selbst an und fand nach kuzer Wanderschaft Arbeit in einem Münchner Betrieb. Um endlich etwas von der Welt zu sehen, heuerte er bei Blohm und Voss in Hamburg an. Dort wurde er 1915 zum Kriegsdienst bei der Marine eingezogen und beteiligte sich 1918 in Cuxhaven am Aufstand der Matrosen.

Im Februar 1919 nach München entlassen, schloss er sich der KPD an und nahm als Soldat an Kämpfen zur Verteidigung der Räterepublik teil. 1921 verbüßte er eine zweijährige Festungshaft wegen angeblich geplanter Sabotage bayerischer Truppen, die zur Bekämpfung von Aufständen nach Mitteldeutschland verlegt werden sollten.

Ohne die Solidarität seiner KPD-Genoss*innen hätte die Familie Beimler mit zwei kleinen Kindern – er hatte 1919 geheiratet – diese Zeit nicht überstanden. Er fand wieder Arbeit in einem Großbetrieb, wurde Betriebsrat und schließlich hauptamtlich im Vorstand der südbayerischen KPD tätig. Beimler war bekannt geworden in der Arbeiterschaft als hemdsärmeliger, vertrauenswürdiger Kommunist, der ungekünstelt redete und auf die Menschen zuging. Politik war sein Leben, auch in Augsburg, wohin ihn die Partei nach dem Freitod seiner Frau geschickt hatte. Der Anstieg der Stimmen für die KPD in den letzten Jahren der Weimarer Republik brachte ihn in den Stadtrat von Augsburg und 1932 auch in Landtag und Reichstag.

In der Münchnerin Centa Dengler fand Beimler eine verständnisvolle zweite Ehefrau. Sie ermöglichte ihm die politische Arbeit, indem sie sich um die Kinder kümmerte, seine Schreibarbeiten erledigte und selbst tatkräftig politisch mitmachte. Ende 1932 wieder in München verbreitete er als Redner in vielen Veranstaltungen noch Zuversicht, dass es der Arbeiterschaft gelingen wird, dem Ansturm der Nazis erfolgreich Widerstand zu leisten und gleichzeitig die sozialistische Revolution einzuleiten.

Flucht aus der Haft

Am 11. April 1933 wurde Beimler in München verhaftet, und im Polizeigefängnis schwer misshandelt. Später kam der prominente Kommunist in das KZ Dachau. Seine Frau Centa wurde in Sippenhaft genommen. Sie blieb insgesamt über vier Jahre eingesperrt.

In der Nacht des 8. Mai 1933 konnte Beimler aus dem Lager fliehen und nach Verstecken in München und Berlin in die Sowjetunion gelangen. Dort verfasste er noch im Sommer seinen erschütternden Erlebnisbericht »Im Mörderlager Dachau«. Das Buch wurde rasch international bekannt. Es legte früh Zeugnis ab von der ungeheuren Brutalität, mit der die Nazis vor allem gegen die Arbeiterbewegung vorgingen. Noch hoffte Beimler, dass seine Schrift mithelfen würde, den Menschen die Augen zu öffnen und sie zum Massenwiderstand zu bewegen.

Im Exil in der Tschechoslowakei und der Schweiz organisierte er für die Rote Hilfe den illegalen Widerstand in Süddeutschland. Beimler erkannte zu spät, dass die Gestapo einen V-Mann bis in die Spitze der illegalen KPD geschleust hatte. Dieser verriet weit über hundert Frauen und Männer. Für Beimler endete damit die Tätigkeit in der Schweiz.

Kampf in Spanien

Gleich anschließend aber wurde er von seiner Partei beauftragt, in Spanien die deutschen Antifaschisten zu betreuen, die die Republik gegen General Franco unterstützten. Voller Eifer stürzte er sich in die Arbeit und kümmerte sich –  auch jenseits mancher Vorgaben – um die alltäglichen Probleme seiner »Centuria Thälmann«. Bei einem Patrouillengang an der Front in Madrid wurde er am 1. Dezember 1936 erschossen.

Zehntausende nahmen von Madrid bis Barcelona Abschied von Hans Beimler, der zum Symbol für die Solidarität deutscher Antifaschisten mit dem freien Spanien. geworden war Dieser Popularität verdankte wohl auch Beimlers Sohn Hans (Johann) sein Leben, der zusammen mit seiner Schwester Rosi in der Sowjetunion Zuflucht gefunden hatte. Der Jugendliche wurde dort mit anderen 1938 »konterrevolutionärer faschistischer« Bestrebungen beschuldigt, später aber freigelassen. Er konnte nach Mexiko fliehen.

Erinnern in Deutschland

Nach Kriegsende und Befreiung war Hans Beimler in den Westzonen und dann der Bundesrepublik – von einer Straßenbenennung in Augsburg abgesehen – schnell vergessen. In der DDR dagegen erinnerten viele Straßen- und Schulnamen an den Münchner. Dort wurde er gern zu einem »makellosen« Helden stilisiert. »So makellos war er nun auch wieder nicht.«, befand seine Witwe Centa später, wenn man sie darauf ansprach. Aber sie, die nach der Befreiung von Faschismus und Krieg bis zu ihrem Lebensende im Jahr 2000 vor allem in der VVN in München und Bayern tätig war, freute sich dennoch über die Würdigungen.

Hans Beimler. Im Mörderlager Dachau. Hg. und um eine biografische Skizze ergänzt von Friedbert  Mühldorfer, PapyRossa Verlag Köln 2018, 195 Seiten, 14,90 Euro