Neue Ikone der Rechten

geschrieben von  Janka Kluge

30. November 2020

Wortgewandtes Übermenschentum im Comedy-Format

An der Comedian Lisa Eckhart kommt man zurzeit im Feuilleton nicht vorbei. Sie scheint überall Gesprächsthema zu sein. Gab es im August wirklich Drohungen gegen eine Lesung von ihr in Hamburg? Oder war es ein geschickter Marketingtrick, um ihr Buch »Omama« in die Schlagzeilen zu bringen. Ein Buch, von dem selbst wohlmeinenden Kritiker schreiben, dass es ihnen schwer gefallen ist, eine Handlung zu finden.

Lisa Eckhart heißt eigentlich Lisa Lasselberger. Es ist verständlich, dass die 1991 oder 1992 geborene Österreicherin, selbst darüber schweigt sie sich aus, unter ihrem Geburtsnamen keine Bühnenkarriere machen wollte. Also Lisa Eckhart ging auf die Bühne und begann mit Poetry Slam. Eine Kunstform, mit der junge Menschen in kurzer Zeit möglichst viel sagen. Sie gefiel und fand so Gefallen, dass sie Schauspielerin werden wollte. Landauf, landab sprach sie bei Theaterschulen vor – und wurde abgelehnt.

Lisa Eckart in der ARD-Sendung von Dieter Nuhr am 1. Oktober 2020

Lisa Eckart in der ARD-Sendung von Dieter Nuhr am 1. Oktober 2020

Wahrscheinlich war das die Geburtsstunde der Kunstfigur Lisa Eckhart. Sie steht auf der Bühne, perfekt gestylt, gekleidet in Designerkleidern und überheblich. Sie erklärt ihrem Publikum, wie sie die Welt sieht. Das ist eine Frage des Standpunkts. Und für Lisa Eckhart ist klar, wo sie steht ist oben, die anderen sind unten. Mit ihren Pointen und Witzen, die jeden AfD-Stammtisch zu Jubelausbrüchen hinreißt, tritt sie nach unten. In ihren Texten scheint es, dass sie sich immer die Frage stellt, was würde die Ikone der Rechten Ernst Jünger dazu sagen und ist der Witz so, das ihre Fans von der Identitären Bewegung ihn zum Brüllen komisch finden. Seit geraumer Zeit wird sie von Dieter Nuhr in seine wöchentliche ARD-Fernsehsendung eingeladen. Wahrscheinlich schauen inzwischen mehr Menschen wegen ihr die Sendung als wegen ihm.

In der Sendung vom 1. Oktober 2020 äußerte sie sich zur deutschen Einheit. »Mir ist aufgefallen, die Menschen im Westen, die behandeln die im Osten ganz gleich wie uns Österreicher. Schon deutsch, aber, schon Germanen, aber ein bißchen slawisch besudelt.« Oder in einem Beitrag über die Demokratie während der Corona-Krise »Für Kinder ist Demokratie nicht geeignet, weil sie immer mehr Freiheiten wollen. Für Erwachsene ist sie nicht geeignet, weil sie immer weniger Freiheiten wollen. Und wenn die Demokratie dahin führt, dass sich das Volk selbst entmün-digt, dann braucht es wohl eine Diktatur, die das Volk zurück zur Freiheit zwingt.« Wortgewand fordert sie die Einführung einer Diktatur. Zwar, wie sie sagt, um die Demokratie zu verteidigen, trotzdem wurde im Deutschen Fernsehen selten so offen die Einführung einer Diktatur gefordert.

Immer wieder bezieht sie sich auf Hitler. Sie nennt seinen Namen nicht, sondern spricht nur von »ihm«. So fragt sie, was »er« wohl sagen würde, wenn »er« die heutigen Nazis sehen würde. Das hätte es bei »ihm« nicht gegeben, dass sie sich »vermummen« um gegen Muslime zu demonstrieren. Das Spiel mit dem Faschismus machte sie bereits, als sie noch für Poetry Slam unterwegs war. Bei der Eröffnung des -Bayernslam 2016 stellte sie die Frage: »Wer schrieb folgende Liedzeile, DJ Ötzi oder Joseph Goebbels? ›Ich schenk′ Dir einen Stern, der Deinen Namen trägt.‹«

Während der MeToo-Debatte um sexuelle Übergriffe und Vergewaltigungen im Filmgeschäft, besonders von Harvey Weinstein und Woody Allen, sagte sie in der Fernsehsendung »Mitternachtsspitzen«: »Denen geht es wirklich nicht ums Geld. Denen geht es um die Weiber und deshalb brauchen sie Geld.« Sie griff auf, dass einige der Täter in der MeToo-Auseinandersetzung Juden waren. Geschickt bediente sie das Vorurteil, Juden würden Geld scheffeln und andere ausbeuten. Im nächsten Satz hat sie das Vorurteil nur scheinbar gebrochen, indem sie behauptet, sie bräuchten das Geld für die Frauen. Aufgrund des Textes wurde ihr Antisemitismus vorgeworfen.

In einem weiteren Text setzt sie sich mit Geflüchteten auseinander. Sie ist, sagt sie, dagegen, dass syrische Flüchtlinge mit dem Flugzeug abgeschoben werden. Aus Umweltschutzgründen. Wegen der Flüchtlinge solle man nicht die Umwelt belasten. Stattdessen möchte sie sie zu Fuß nach Hause schicken. Aber ohne Essen oder Wasser. Sie würden sonst, und das ist dann die Pointe, anhand der Spur des Abfalls wieder nach Deutschland zurückfinden. Solche Witze sind menschenverachtend.

In letzter Zeit ist Lisa Lasselberger anscheinend immer wieder gefragt worden, ob sie selbst hinter den Texten stehe. Oder ob sie ihr Publikum mit der Kunstfigur Lisa Eckhart provozieren und den Leuten die eigenen Vorurteile vorführen will, damit ihnen das Lachen im Hals stecken bleibt und sie anfangen über sich nachzudenken. In ihrem neuen Programm sagt sie, dass sie so einem Journalisten am liebsten antworten würde: »Ist es der Journalist oder sind sie selbst so blöd.« Damit ist klar, Lisa Lasselberger spielt sich selbst. Sie ist Lisa Eckart.