An die Redaktion:

3. Juli 2021

Zum Rücktitel der antifa Mai/Juni 2021

Nachdem die antifa als Zeitung der VVN-BdA die Vorgänge auf der Sea-Watch 4 mit der gehissten Fahne der Antifaschistischen Aktion präsentierte und kommentierte, habe ich die Meldung beim Evangelischen Pressedienst nachgelesen. Aus manchen Presseorganen bin ich verzerrte Berichterstattung gewöhnt. Dass die antifa das auch macht, bestürzt mich.

In der Meldung heißt es tatsächlich: »Aus Sicht des Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, verdeckt die Debatte um eine Antifa-Fahne auf dem kirchlich unterstützten Flüchtlingsrettungsschiff Sea-Watch 4 die Ziele der Hilfsorganisation. (…) ›Ich würde es ausdrücklich begrüßen, wenn die Flagge alsbald eingeholt wird, da die Diskussion darum das eigentliche Anliegen der Seenotretter zunehmend unsichtbar macht‹, sagte Bedford-Strohm. Und bezogen auf die entfachte Kampagne sagte er: ›Als EKD haben wir eine glasklare Position für den Schutz von Menschenleben und für Gewaltfreiheit. (…) Die Sea-Watch 4 und ihre Besatzung retteten Menschenleben. Damit seien sie erkennbar im Dienste der Nächstenliebe und der Menschenrechte unterwegs.‹«

Landesbischoff Bedford-Strohm hatte sich schon längere Zeit aktiv gegen die Blockierung von Seenotrettung positioniert und sich für die Initiative zur Unterstützung der Sea-Watch 4 und von Sea-Eye eingesetzt. Warum fragt die Redaktion nicht nach? Wozu hissen Besatzungsmitglieder diese Fahne? Was wollen Mitglieder der Crew mehr, als Menschen zu retten? Ist das mehr wert, wenn die Fahne dort hängt? Waren sie so naiv und selbstbezogen bzgl. der Wirkungen? War ihnen die schwer errungene Unterstützung der Sea-Watch 4 aus kirchlichen Kreisen nicht vor Augen, war ihnen das egal? War es tatsächlich für sie nicht vorhersehbar, dass sie den Rechten aller Couleur einen Dienst erweisen würden? Sie haben eine die Seenotrettung und antifaschistisches Engagement beschädigende Debatte ausgelöst und die antifa klatscht dazu! Wir unterstützen viele Asylinitiativen, Pro Asyl, Seebrücke, Sea-Eye, BI Asyl, Ausbildung statt Abschiebung …

Niemals wären wir auf die Idee gekommen, deren Initiativen und Arbeit zu kapern, indem wir sie mit einem anderen Motto versehen. Immer waren wir eingeladen, mit unseren Beiträgen mitzuwirken. Wir sehen mit großem Zorn die unserer Politik und unseren Grundsätzen widersprechende Präsentation samt Kommentar und verlangen dafür eine öffentliche Entschuldigung.

Ernst Grube, KV München und

Helga Hanusa, KV Regensburg

Antwort der antifa-Redaktion

Liebe Helga Hanusa,

lieber Ernst Grube,

als wir uns bei der Auswahl des Bildes auf der Rückseite der Mai/Juni-Ausgabe für das Foto von der Sea-Watch-Aktion entschieden haben, ging es uns vor allem darum, deutlich zu machen, dass drei Bewegungen, die durch die gezeigten Fahnen symbolisiert werden, originär zusammengehören: Die Friedensbewegung, die in ihrer Vielfalt durch die Regenbogenfahne – zumeist ergänzt durch einen Pace-Aufdruck – gekennzeichnet ist, die antirassistische Arbeit und Flüchtlingshilfe (Sea-Watch-Fahne) und die vielfältige antifaschistische Bewegung, zu der auch die Fahne der Antifaschistischen Aktion gehört. Das wurde bildlich sichtbar, und dazu stehen wir auch jetzt noch. Dabei geht es selbstverständlich nicht um ein »Kapern« von anderen Initiativen, wobei bei aller Kritik bedacht werden sollte, dass uns das Foto von Sea-Watch zur Verfügung gestellt wurde – nicht wir das Bild veranlasst haben.

Etwas missglückt – und darauf bezieht sich ja eure Kritik ebenfalls – ist der erläuternde Kommentar auf Seite 31. Da in der Marginalie der Platz sehr begrenzt ist, können Aussagen oftmals nur verkürzt wiedergegeben werden. In der Tat war die Stellungnahme von Heinrich Bedford-Strohm deutlich differenzierter, als wir es an dieser Stelle mit einem Halbsatz abkanzelten. Hinter dem Rest des Textes stehen wir aber weiterhin. Aus diesem Grund sehen wir auch nicht, bei wem und warum wir uns öffentlich entschuldigen sollten.

Möglicherweise bietet es sich für eine der nächsten Ausgaben der antifa an, unsere Mitwirkung in der Flüchtlingshilfe und bei antirassistischen Initiativen in einem ausführlichen Beitrag zu beleuchten, damit sichtbar wird, wie umfangreich Mitglieder und Kreisvereinigungen der VVN-BdA Asylinitiativen, Pro Asyl, Seebrücke, Sea-Eye, BI Asyl, Ausbildung statt Abschiebung (wie ihr es aufgelistet habt) in der gemeinsamen Arbeit unterstützen.

Die Redaktion der Zeitschrift antifa