Briefmarkenserie: Niemals vergessen
3. Juli 2021
Es gab eine Zeit, da gab die österreichische Post Sondermarken mit politischem, ja mit antifaschistischem Inhalt heraus. Im September 1946 wurde im Künstlerhaus in Wien die antifaschistische Ausstellung »Niemals vergessen!« eröffnet. Zu dieser Ausstellung erschienen vor 75 Jahren auch Briefmarken.
Die Sondermarkenserie umfasste acht Motive mit unterschiedlichen Werten von fünf Groschen bis zu zwei Schilling. Ein Inlandsbrief kostete 1946 im Ortsverkehr zwölf Groschen, im Fernverkehr 18 Groschen. Der Wertzuschlag der Briefmarken wurde, ebenso wie ein Großteil der Einnahmen aus dem Verkauf der Eintrittskarten zur Ausstellung, NS-Opfern zugedacht.
Die als Reeducation-Maßnahme gedachte Ausstellung gewichtete ganz im Sinne des »Opfermythos« politischen Widerstand und Wiederaufbau viel stärker als die weitverbreitete Begeisterung der ÖsterreicherInnen für den Nationalsozialismus im Jahr 1938. Die Schuld an den Verbrechen des Nationalsozialismus wurde externalisiert und ausschließlich auf Deutschland bzw. die Deutschen projiziert. Das drückt sich auch in den Motiven der Briefmarken von 1946 aus.
In der damaligen Ausstellung und in ihrem Rahmenprogramm wurde der Nationalsozialismus – dem Zeitgeist entsprechend – wie eine Art »Naturkatastrophe« dargestellt, kollektive Verantwortung und individuelle Schuld für die Verbrechen des Nationalsozialismus wurden – sieht man von Adolf Hitler und einigen anderen zentralen Personen ab – nicht thematisiert. Das Martyrium des heldenhaften (politischen) Widerstands und der Wiederaufbau standen im Vordergrund.
Die Briefmarkenentwürfe von Alfred Chmielowski, die sich im Rahmen eines Wettbewerbs durchsetzen konnten, sind vor dem Hintergrund des Opfermythos zu interpretieren: Sie zeigen dämonisierte Machthaber, antifaschistische und christliche Symbolik (Dornenkranz, verführerische Schlange etc.).