Hin zum Autoritären

geschrieben von Janka Kluge

9. September 2021

Die AfD macht mit ihrem Wahlprogramm ziemlich deutlich, was und wohin sie will

Wenige Wochen vor dem Urnengang lohnt es, sich in Erinnerung zu rufen, dass die AfD bereits im April in Dresden trotz der anhaltenden Pandemie einen
Präsenzparteitag abgehalten und dort ihr Wahlprogramm verabschiedet hatte. Der Bundesvorstand hat-
te zuvor einen entsprechenden Entwurf vorgelegt, der auf dem Wahlparteitag kontrovers diskutiert wurde. Immer wieder mahnten Redner, dass man nicht alles in das Programm reinschreiben könne,
was man eigentlich wolle. Die Änderungsanträge kamen fast ausschließlich von Mitgliedern des nur formal aufgelösten »Flügels«. Somit wurde das Programm weiter deutlich nach rechts verschoben.

Trauer über Grundgesetz

In der Aussprache betonten Teilnehmer immer wieder, wie sehr sie es bedauern, dass in der BRD noch das Grundgesetz sowie andere Gesetze gelten und man sich leider daran halten müsse. Es gab aber einige Punkte, bei denen sich die ehemaligen »Flügel«-Leute um Björn Höcke nicht durchsetzen konnten. Beispielsweise wurde ein Antrag nicht angenommen, in dem gefordert wurde, dass das Waffenrecht geändert werden soll und sich Menschen leichter bewaffnen können. Als Hauptargument wurde vorgebracht, dass das Ansinnen gegen die AfD benutzt werden könne, wenn es derzeit vorgebracht werde.

Wie eh und je verbreitet die AfD rassistische Stimmungsmache gegen Geflüchtete. Mit dem Ruf nach mehr Abschiebungen ist sie keineswegs allein im rechten Parteienspektrum Foto: Christian-Ditsch.de

Wie eh und je verbreitet die AfD rassistische Stimmungsmache gegen Geflüchtete. Mit dem Ruf nach mehr Abschiebungen ist sie keineswegs allein im rechten Parteienspektrum
Foto: Christian-Ditsch.de

Eine weitere kontroverse Diskussion gab es um den Verfassungsschutz. Der Änderungsantrag, dass das Amt aufgelöst werden muss, fand keine Mehrheit. Stattdessen heißt es im Programm, dass der »behördlich organisierte ›Verfassungsschutz‹ (…) auf den Prüfstand gestellt und so reformiert werden (muss), dass er in Zukunft nicht mehr als parteipolitisches Instrument gegen politische Gegner missbraucht werden kann« (Seite 16).

Die Mehrzahl der Delegierten wollte den Verfassungsschutz nicht abschaffen, weil sie ihn im Kampf gegen linke und antifaschistische Gruppen noch nutzen wollen. Im Programm heißt es: »Gewalttätige und -unterstützende linksextremistische und autonome Gruppen, die der sogenannten Antifa zuzuordnen sind, sind als terroristische Vereinigung einzustufen. Die von der Bundesregierung beabsichtigte Privilegierung von ›Antifa-Recherchen‹ muss verhindert oder ggf. umgehend abgeschafft werden« (Seite 39/40).

Auch wenn sich der Schwerpunkt der Forderungen der AfD in den letzten Jahren häufig gewandelt hat, standen in Dresden wie aktuell auch im Wahlkampf Geflüchtete immer noch stark im Fokus ihrer hetzerischen Positionen. Die AfD fordert im Parteiprogramm indirekt, dass die Grenzen Deutschlands dauerhaft geschlossen und kontrolliert werden sollen. Um das umzusetzen, fordert die AfD den »Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei zur Bekämpfung illegaler Migration und grenzüberschreitender Kriminalität auf 50 km an den Landesgrenzen und im Seebereich auf 80 km« auszuweiten. Zudem fordert sie für die Bundespolizei »den Einsatz modernster Fahndungstechnik wie den Einsatz von Gesichtserkennungssoftware. Fahndungserfolge bei Grenzkontrollen anlässlich internationaler Gipfeltreffen belegen das Erfordernis eines effizienten Grenzschutzes. Wir wollen die Bundespolizei personell und strukturell auf einen wirksamen Grenzschutz unseres Landes ausrichten« (Seite 79).

Neben schnelleren Abschiebungen von straffällig gewordenen Migranten und Geflüchteten, will die AfD auch straffällig gewordene Menschen mit einer doppelten Staatsangehörigkeit die deutsche Staatsbürgerschaft aberkennen und sie abschieben. Es spielt für sie keine Rolle, ob die Menschen in Deutschland geboren sind. Um die Abschiebungen besser durchführen zu können, will die AfD Haftanstalten im »heimatnahen Ausland« aufbauen. Abgeschoben werden sollen nach der Vorstellung der AfD auch Menschen, die nur geringfügige Straftaten begangen haben. Das Jugendstrafrecht soll nach der Vorstellung der AfD ebenfalls verschärft werden. Dafür soll das »Strafmündigkeitsalter auf zwölf Jahre abgesenkt (werden) und mit dem Erreichen der Volljährigkeit auch das Erwachsenenstrafrecht Anwendung finden« (Seite 78).

Mehrheit für »Dexit«

Nach wie vor steht die AfD für ein Europa »starker Vaterländer«. Umstritten war auf dem Parteitag die Forderung nach einem »Dexit«, also dem Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union. Obwohl sich Jörg Meuthen und Alexander Gauland gegen einen Austritt ausgesprochen haben, stimmte eine große Mehrheit dafür. Meuthens Argument, dass im Europäischen Parlament eine Zusammenarbeit mit anderen rechten Parteien entstanden ist und diese bei einem Austritt gefährdet sei, folgte der Parteitag nicht. Rechte Zusammenarbeit fände auch hauptsächlich außerhalb der Parlamente statt. Björn Höcke forderte in seinem Beitrag, dass es in dem Programm nicht darum gehen könne, das Machbare zu fordern, sondern das Ziel zu beschreiben, zu dem man wolle. Die AfD hat mit dem in Dresden verabschiedeten Programm deutlich gemacht, dass ihr ein autoritärer Unrechtsstaat vorschwebt.