13.297.760 mal für Le Pen
13. Mai 2022
Frankreichs Präsident Macron bleibt im Amt, aber der Rechtsruck im Land ist deutlich
Emmanuel Macron bleibt französischer Präsident. Bei der Stichwahl am 24. April erreichte der Rechtskonservative von der Partei »La République en Marche« 58,55 Prozent der abgegebenen Stimmen, die faschistische Gegenkandidatin Marine Le Pen vom »Rassemblement National« (ehemals »Front National«) kam auf 41,45 Prozent. Verglichen mit dem zweiten Wahlgang vor fünf Jahren, büßte Macron rund 7,5 Prozentpunkte ein: Damals kam er noch auf 66,1 Prozent der Stimmen, Le Pen auf 33,9. Die Wahlbeteiligung lag 2022 bei rund 72 Prozent, 2017 waren es noch 74,56 gewesen.
Umfragen einige Tage vor der Wahl hatten Le Pen nur minimal hinter Macron gesehen. Wie Nachwahluntersuchungen zeigten, gaben viele Wähler:innen Macron gerade deshalb ihre Stimme, um eine Präsidentin Le Pen zu verhindern. Insbesondere bürgerliche Medien Frankreichs hatten im Wahlkampf vielfach das Bild gezeichnet, Le Pen sei mit der Zeit »moderater« geworden. In einem Kommentar der taz kurz nach der Wahl hieß es dazu äußerst treffend: »Bei genauem Hinsehen zeigt sich: Viel brauchte sie (Le Pen, Red.) nicht zu tun. In kaum einer Talkshow vor den Wahlen – auch nicht im TV-Duell kurz vor der Stichwahl – wurde die Kandidatin mit ihrem Rechtsextremismus konfrontiert. Kaum eine Frage zum migrationsfeindlichen Programm, kein ungemütliches Gespräch«.
Auch innerhalb der EU blickte man bis zum Abend des 24. April mit einigen Sorgen nach Paris, stand Le Pen doch hier auch für einen »Frexit«. Folglich wurde das Ergebnis mit Erleichterung aufgenommen, jedoch dabei häufig übersehen, welch einen Rechtsruck es dennoch bedeutet, wenn eine Rassistin wie Le Pen mehr als 40 Prozent der abgegebenen Stimmen erhält oder, anders ausgedrückt, von 13.297.760 Menschen gewählt wird (Macron: 18.779.641 Wähler:innen).
Beim ersten Wahlgang zur Präsidentschaftswahl am 10. April kam Macron auf 27,6 Prozent der Stimmen, gleich drei Kandidat:innen des extrem rechten Lagers fuhren beachtliche Ergebnisse ein: Auf Le Pen entfielen 23,4, auf Éric Zemmour (Reconquête) 7,0 und auf Valérie Pécresse (Les Républicains) 4,8 Prozent. Der sozialistische Kandidat Jean-Luc Mélenchon (La France Insoumise) hatte die Stichwahl mit 21,9 Prozent knapp verpasst.
Inwieweit Macron in den nächsten fünf Jahren seine neoliberalen Wahlziele – geplant sind u. a. ein Kahlschlag im Rentensystem und erhebliche neue Belastungen für arme Menschen – durchsetzen kann, dürften auch die Ergebnisse der Parlamentswahlen am 12. und 19. Juni zeigen. Gleich nach der Wahl am 24. April veröffentlichte Umfragen für die Abstimmung zur Nationalversammlung sahen hier wenig Chancen für eine stabile Regierungsmehrheit von Macron: Seine Partei erreichte gerade einmal 24 Prozent, die von Le Pen und Mélenchon folgten dahinter mit 23 Prozent bzw. 19 Prozent. Signale scheint Macron eher nach weiter rechts senden zu wollen: So erklärte er in seiner ersten Ansprache nach der Wiederwahl in Richtung der Wähler:innen von Le Pen, für »Wut und ihre abweichenden Meinungen« müsse es »Antworten geben«.