Die Schienen von Auschwitz
1. Juli 2022
Neue Recherchen beweisen, die Schienen nach Auschwitz und die Ausbeuter kamen aus Dortmund
Georg Marschefski, ein Gewerkschaftskollege, sandte uns Fotos, die er vor längerer Zeit in Auschwitz gemacht hatte und deren Bedeutung er lange nicht kannte. Georg ist VVN- und Fördervereinsmitglied für die Dortmunder Mahn- und Gedenkstätte Steinwache sowie Sohn der 2021 verstorbenen Antifaschistin und Kommunistin Gisa Marschefski. Er veröffentlichte die Bilder anlässlich des 27. Januar, des Tags der Auschwitz-Befreiung, der 2022 in Dortmund mit einer Kunstaktion »Spuren der Schuhe« vor der Reinoldikirche begangen wurde. Die -Aktion des Bündnisses Dortmund gegen Rechts wurde auch vom Förderverein Steinwache/IRPK (Internationales Rombergparkkomitee) und der VVN-BdA mitveranstaltet.
Zwischen den Bildern und Marschefski gibt es folgende Verbindungen: Der Fotograf war mit einer Reisegruppe der Eisenbahnergewerkschaft in -Auschwitz. Er fotografierte die Schienen und schrieb: »Und wie das so ist, wenn Eisenbahner Gleise sehen, schaut man sich die genauer an. Dabei haben wir den Schriftzug Hoesch auf den Schienen gelesen«. Die Schienen sind wohl die am meisten fotografierten der Welt – aber vermutlich niemand bückte sich bisher, um den Hersteller zu erfahren: der Stahlkonzern Hoesch in Dortmund. Er gehört heute zu Thyssen/Krupp. Konzernherr von Hoesch war Fritz Springorum jr., der mit Albert Vögler am Hochkommen des Faschismus arbeitete und an der Kriegsvorbereitung verdiente. Auch zu Stahlkonzernbossen Dortmunds konnte am 27. Januar Neues aus dem Stadtarchiv entgegengenommen werden.
Das Erinnern an den 27. Januar 1945 wurde somit mit dem 27. Januar 1932 verbunden. Dazu gehört Neues aus der realen persönlichen Geschichte des Dortmunders Albert Vögler (Vereinigte Stahlwerke): Dieser führende Dortmunder Industrielle hat sich schon Jahre vor 1933 und speziell am 27. Januar 1932, am Tag nach der Zusammenkunft im Industrieclub Düsseldorf, mit Hitler getroffen – andere Industrielle waren dabei und zahlten mit an die Nazis. Vögler hat – und das war eine neue Erkenntnis – mit Privatvermögen in Firmen investiert, die in Auschwitz-Birkenau die Sklavenarbeiter geschunden und in den Tod getrieben haben. Die Ursache von 1932 und die Wirkung ab 1933 wurden also vor der Reinoldikirche in Beziehung gesetzt. Antifaschisten haben 1946 in Dortmund dafür gesorgt, dass die Albert-Vögler-Straße in Karl-Marx-Straße umbenannt wurde. Vögler-Verehrer aus der Wirtschaft haben dann vorübergehend ihr Gebäude am Alten Markt in Westfälischer Industrieklub/Albert-Vögler-Haus umbenannt. Auch dieser Name am Gebäude ist inzwischen verschwunden.
Fotos: Georg Marschefski, Jochen Vogler