Symbole abgeräumt

geschrieben von Ulrich Schneider

1. Juli 2022

Angriffe auf sowjetische Denkmäler in ganz Europa

Im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine sind in vielen Ländern Europas massive politische Angriffe und Schändungen von Gedenkstätten für sowjetische Soldaten und Befreier zu erleben. Während in Berlin die örtliche CDU behauptete, dass der Panzer am Ehrenmal in Berlin-Tiergarten abgeräumt werden müsse, weil er ein Symbol für die russische Aggression in der Ukraine sei, wurden im Treptower Park durch Unbekannte mehrfach großflächige Schmierereien und selbst faschistische Symbole auf den Gedenkstelen und Erinnerungsplatten hinterlassen. In Potsdam wurde die Grabanlage für 400 Soldaten auf dem Bassinplatz angegriffen. Das Ehrenmal wurde mit roter Farbe übergossen. Die Potsdamer VVN-BdA verurteilte diese Tat als »Geschichtsverfälschung« und »Angriff auf die antifaschistische Gedenkkultur«. In Neubrandenburg war das sowjetische Ehrenmal ebenfalls Ziel solcher Übergriffe.

Doch auch in anderen europäischen Ländern sind Angriffe auf Erinnerungsorte zu verzeichnen. In Österreich wurden auf dem sowjetischen Soldatenfriedhof in Laa an der Thaya, einem zentralen Gedenkort für mehr als 450 Soldaten der Roten Armee, mit roter Farbe Parolen gesprüht. Der KZ-Verband betonte, mit solchen Aktionen werde die aktuelle Stimmung für eine geschichtsrevisionistische Generalabrechnung mit der Sowjetunion genutzt.

In der Slowakei wurde die zentrale Gedenkstätte für die Soldaten der Roten Armee in der westslowakischen Stadt Piešťany großflächig mit Parolen und den Nationalfarben der Ukraine beschmiert. Im Zentrum der Schändung stand das Emblem des ukrainischen Neonaziregiments Asow. Auch in Griechenland wurde in Kallithea bei Athen ein Denkmal für gefallene Soldaten der sowjetischen Armee mit dem Wort »Azow« und dem Symbol des Neonazibataillons beschmiert. Das griechische Außenministerium verurteilte die Schändung: »Griechenland, ein Land, das unter der Nazibesatzung gelitten hat, ist besonders empfindlich, wenn es darum geht, die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus zu schützen, und verurteilt jede Verwendung von Symbolen aus dieser dunklen Zeit der Geschichte«. In den Niederlanden waren auf einer der größten Kriegsgräberstätten in Nijmegen, auf der sowjetische Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und Partisanen, die an der Seite der Niederländer und Belgier gekämpft hatten, begraben sind, Hakenkreuze, Asow- und Bataillonssymbole zu finden.

Nijmegen, Niederlande Foto: AfVN

Nijmegen, Niederlande
Foto: AfVN

Wenig überraschend ist dagegen die Tatsache, dass in der Ukraine Aktionen gegen Mahnmale und Erinnerungsorte für die sowjetischen Befreier fortgesetzt wurden. In Charkiw stürzten Asow-Angehörige Mitte April das Denkmal für den Marschall der Sowjetunion, Georgi K. Schukow. Kostiantyn Nemichev, ein ehemaliger Kämpfer des Asow-Regiments und Leiter des Charkiwer Zweigs des Nationalkorps, veröffentlichte ein Video über den Abriss des Denkmals, das von Kraken-Spezialeinheiten – zu Kriegsbeginn Ende Februar von Ex-Asow-Angehörigen gegründet – demontiert worden sei. Anschließend sei die Statue auf eine Mülldeponie gebracht worden. Auch an anderen Orten wurden Denkmale für die sowjetischen Befreier abgerissen.

Der jüngste Skandal spielt sich in Lettland ab. Anfang Mai 2022 erlaubte das lettische Parlament den Abriss des Denkmals der Befreier Rigas im Großen Vaterländischen Krieg. Die Saeima setzte eigenmächtig Artikel 13 des Abkommens über den Erhalt historischer Monumente aus dem Jahre 1994 außer Kraft. Damit bekam die Rigaer Stadtverwaltung freie Hand für den angestrebten Abriss des Befreierdenkmals in der Hauptstadt. Während am »Tag des Sieges« viele Menschen in Riga mit Blumen zu diesem Denkmal gingen und die Befreier ehrten, ließ die Stadtverwaltung am darauffolgenden Tag das Blumenmeer entfernen und zur Mülldeponie transportieren. Deutlicher konnte die Administration ihre Verachtung für die Befreier und den Willen der Bevölkerung nicht ausdrücken.

In den vergangenen Jahren hatte die VVN-BdA gemeinsam mit lettischen Antifaschisten immer wieder gegen die geschichtsrevisionistischen Aufmärsche zum SS-Heldengedenken am 16. März protestiert. Erinnernd daran verurteilt sie heute diese Entsorgung von Geschichte. Der Kovorsitzende des Verbandes, Florian Gutsche, der selbst an den Protesten in Riga teilgenommen hatte, erklärte: »Die Planierung der Gräber der toten Rotarmisten und der Abriss von Denkmälern, welche an die historische Leistung der Sowjetunion bei der Befreiung vom Faschismus erinnern, sind die falsche Reaktion auf den Angriffskrieg Russlands in der Ukraine. Die Sowjetunion ist nicht Russland und nicht für Putins Politik verantwortlich zu machen. Tote Rotarmisten, die bei der Befreiung Europas vom Faschismus ihr Leben gaben, sind eindeutig die falschen Adressaten für eine kritische Auseinandersetzung mit der lettisch-sowjetischen Geschichte.«

Auch die FIR verurteilte in aller Schärfe solch würdelosen Umgang mit dem Gedenken und alle Bestrebungen zur »Entsorgung« von Geschichte. Die Befreiungsleistung der alliierten Streitkräfte, deren Hauptlast die sowjetische Armee trug, angemessen zu ehren, sei eine Verantwortung aller Menschen, die sich für ein friedliches Europa einsetzen.