Tag X und »Rassenkrieg«
8. November 2022
Wie eng die Burschenschaft Germania mit rechtem Terror verstrickt ist
Bereits vor einem Jahr gab es mehrere Razzien bei Mitgliedern der »Neigungsgruppe G«. Durchsucht wurden unter anderem Objekte in Detmold, im Raum Lüneburg und in der Wedemark. Die Staatsanwaltschaft Lüneburg wirft insgesamt neun Beschuldigten die Gründung einer bewaffneten Gruppe vor, die sich auf einen Tag X vorbereitet. Bei den Durchsuchungen wurden ca. 250 Waffen sowie Munition gefunden. Die Gruppe plante Anschläge auf Politiker*innen und Migrant*innen. Dafür wurden Kommunikationswege aufgebaut, an der Waffe trainiert und militärische Abzeichen erstellt.
Unter den von der Durchsuchung betroffenen Personen befanden sich auch Jens Grohnert, der als Kopf und Namensgeber der »Neigungsgruppe G« gilt, sowie Alexander Bajumi. Grohnert selbst war zu diesem Zeitpunkt der 1. stellvertretende Vorsitzende der Reservistenkreisgruppe Hannover. Dort galt er als Waffenexperte und leitete Schießtrainings. Grohnert wohnt in Mellendorf nördlich von Hannover. Bei zwei aufeinander folgenden Hausdurchsuchungen fanden Ermittler*innen Depots mit Waffen und Munition. Die Gruppe um Grohnert ist bei einer Routineuntersuchung ins Visier der Ermittler*innen geraten. Erste Durchsuchungen gab es bereits im Juli 2020. Wieso das LKA einer bewaffneten Gruppe ein Jahr Zeit gab, um sich auf weitere Durchsuchungen vorzubereiten, bleibt ein Rätsel.
Bajumi, der für den Militärischen Abschirmdienst (MAD) gearbeitet hat, war Referatsleiter in der Abteilung Strategie und Einsatz. Diese ist unter anderem für die Erstellung von Tarnidentitäten verantwortlich. Auf seinem Handy wurden Verbindungen zu Grohnert und der Gruppe gefunden. Ob es zu einem Prozess gegen die Mitglieder der »Neigungsgruppe G« kommt, ist immer noch unklar.
Das Haus der Burschenschaft befindet sich am Taubenfelde 32, mitten in Hannover. Die aktiven Mitglieder und Bewohner des Hauses studieren an der Leibniz-Universität und an der Hochschule Hannover. Die hannoversche Burschenschaft hat kein Problem damit, dass zwei ihrer Mitglieder Rechtsterroristen sind, die sich auf einen Tag X vorbereiten.
Erschreckend ist, dass auch die Leibniz-Universität darin scheinbar kein Problem sieht. Obwohl der Universität bekannt ist, was die Mitglieder der Burschenschaft treiben, gab es auch nach mehreren Anfragen keine Stellungnahme. Dabei beschränkt sich das Hochschulengagement der Burschenschaftler nicht bloß aufs Studieren. Einige von ihnen sind in der Hochschulpolitik aktiv. So etwa Jonas Thoben, der an der Leibniz-Universität Berufspädagogik studiert und im Prüfungsausschuss sitzt. Die jungen Burschenschaftler nehmen mit ihrem rechten Weltbild ganz bewusst Einfluss auf das Universitätsleben und die Hochschulpolitik.
Die Burschenschaft Germania ist in Hannover bestens mit anderen Burschenschaften und Studentenverbindungen vernetzt. Im Juli wurde ein Konflikt mit dem Corps Normannia in einer Pro-Patria-Suite ausgefochten, die seit 1953 verboten ist. Dabei kämpfen Mitglieder verschiedener Burschenschaften unter verschärften Bedingungen mit scharfen Klingen gegeneinander, um Konflikte auszutragen.
Die hannoversche Burschenschaft Germania ist kein Einzelfall in der BRD. Vor einiger Zeit wurde bekannt, dass Mitglieder der Leipziger Burschenschaft Germania sich seit 2015 auf einen »Rassenkrieg« vorbereiten und wie die »Neigungsgruppe G« mit Schusswaffen trainiert haben und auch unter ihnen Bundeswehr-Reservisten waren. Mitglieder der rechten Burschenhaft Germania Hamburg besitzen ebenfalls Schusswaffen. Bereits 2017 wurde öffentlich, dass die Burschen mit Mitgliedern der »Identitären Bewegung« Selbstverteidigungstrainings absolvierten. Im selben Jahr fand im Haus der Germania Marburg ein Landestreffen der »Jungen Alternative« statt, an dem unter anderem ein Gründungsmitglied der »Ein Prozent«-Bewegung teilnahm.
Die Marburger Burschenschaft macht auch aktuell Schlagzeilen. So hat sie für einen Vortrag neben dem rechten Blogger Max Reinhardt auch den bekannten Neonazi Marcus Follin eingeladen. Dieser war in der Vergangenheit mehrfach Teilnehmer beim »Kampf der Nibelungen«, einem extrem rechten Kampfsportevent.
Auch die Leipziger Burschenschaft Germania sorgt aktuell für Schlagzeilen. So hat sie der Verfassungsschutz Sachsen mittlerweile als »Verdachtsfall« eingestuft. Schon 2020 fand die taz heraus, dass Mitglieder rund um den Wortführer Michael Volker Schuster sich in einer rechtsextremen Preppergruppe zusammengefunden hatten, um sich zu bewaffnen und auf den Tag X vorzubereiten. In Facebook-Chats sprachen sie von einem kommendem »Rassenkrieg«. Die Bundeswehr hat zuletzt angekündigt, zumindest keine Germania-Mitglieder mehr zum Reservistendienst zuzulassen.
Rechte Burschenschaften müssen als das wahrgenommen werden, was sie sind: rechte Kaderschmieden und Unterstützter rechter Terrornetzwerke, die eine Gefahr für alle darstellen, die nicht in ihr Konzept einer Volksgemeinschaft passen.
Weitere Infos zur Burschenschaft Germania finden sich auf der hannoverschen Kampagnenwebseite germaniadichtmachen.blackblogs.org